# taz.de -- „Zeynep“ zieht über Deutschland hinweg: Sturmflut an der Nordseeküste
       
       > Der Orkan sorgte für Hochwasser in Hamburg und spülte Inselstrände weg.
       > Mindestens zwei Menschen starben. In Norddeutschland ruhte fast der
       > gesamte Bahnverkehr.
       
 (IMG) Bild: Voll aufgebläht: ein Windsack in Altefähr, Mecklenburg-Vorpommern
       
       BERLIN/LANGEOOG dpa | Orkan „Zeynep“ fegte in der Nacht von Freitag auf
       Samstag über Deutschland hinweg und hat für eine schwere Sturmflut an der
       Nordseeküste gesorgt. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen starben nach
       Polizeiangaben jeweils ein Mensch wegen des Sturms, bei einem weiteren
       Unfalltoten war die Ursache unklar. Das Orkantief soll nun am Samstag über
       das Baltikum nach Russland weiterziehen, [1][wie der Deutsche Wetterdienst
       (DWD) mitteilte]. Am frühen Vormittag hob der DWD alle Unwetterwarnungen
       vor Orkanböen auf – es soll aber stürmisch bleiben.
       
       Vorübergehend soll es ruhiger werden, bis am Sonntag vor allem im Süden und
       in der Mitte noch mal stärkere Böen erwartet werden – verbreitet mit bis zu
       60 Kilometern pro Stunde. Auf höheren Bergen ist demnach auch mit teils
       schweren Sturmböen bis 100 km/h zu rechnen. Am Freitagabend war in Büsum an
       der Nordsee eine Orkanböe mit 143,3 Kilometern pro Stunde gemessen worden,
       auf dem Brocken 145,8 Kilometern pro Stunde.
       
       In Hamburg erreichte die Elbe am Pegel St. Pauli am Samstagmorgen gegen
       5.30 Uhr 3,75 Meter über dem mittleren Hochwasser, wie das Bundesamt für
       Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) mitteilte. Damit erreichte die
       Hansestadt erstmals seit 2013 wieder eine sehr schwere Sturmflut mit mehr
       als 3,5 Metern über dem mittleren Hochwasser. In der überfluteten
       Speicherstadt rettete die Feuerwehr am frühen Samstagmorgen zwei Männer,
       die mit ihrem Auto eingeschlossen waren. Laut Polizei waren die Männer
       stark unterkühlt – sie wurden vorsorglich in ein Krankenhaus gebracht.
       
       In der niedersächsischen Gemeinde Wurster Nordseeküste war zuvor ein Mann
       während des Sturms von einem Dach gestürzt und gestorben. Der 68-Jährige
       habe in der Nacht auf Samstag versucht, das beschädigte Dach eines Stalls
       zu reparieren, teilte die Polizei mit. Dabei sei er durch das Dach
       gebrochen und rund zehn Meter in die Tiefe gestürzt.
       
       Ein Autofahrer starb nach Angaben der Polizei am Freitagabend bei
       Altenberge in Nordrhein-Westfalen, als er mit dem Auto gegen einen quer auf
       der Fahrbahn liegenden Baum prallte. Der eingeklemmte 56-Jährige sei noch
       am Unfallort gestorben. Etwa zur selben Zeit war ein Mann mit seinem Wagen
       im nahen Saerbeck unterwegs, als sich das Fahrzeug nach Polizeiangaben
       überschlug. Der 33-Jährige starb demnach ebenfalls noch am Unfallort. Ob es
       sich hier um einen wetterbedingten Unfall handelte, war zunächst unklar. In
       Lehrte in der Region Hannover traf ein umstürzender Baum einen Mann, der
       schwer verletzt wurde.
       
       Feuerwehren und Polizei meldeten bis Samstagmorgen zahlreiche Einsätze, in
       der Regel blieb es bei Berichten über umgestürzte Bäume, umherfliegende
       Gegenstände und beschädigte Gebäude. In Bremen stürzte ein 55 Meter großer
       Baukran in ein im Rohbau befindliches Bürogebäude. „Es sieht verheerend
       aus“, sagte ein Feuerwehrsprecher. Auch ein gerade vorbeifahrender Laster
       sei in der Nacht auf den Samstag von dem Kran erwischt worden. Der Fahrer
       sei unverletzt geblieben.
       
       ## Rheinbrücke wegen umgestürzter Gerüstteile gesperrt
       
       Der Bahnverkehr im Norden Deutschlands und in den nördlichen Teilen
       Nordrhein-Westfalens war auch am Samstagmorgen stark eingeschränkt, wie die
       Deutsche Bahn mitteilte. Nördlich von Dortmund, Hannover und Berlin sowie
       zwischen Berlin und Halle(Saale)/Leipzig fahren demnach keine
       Fernverkehrszüge. Nur auf der Schnellfahrstrecke zwischen Köln und
       Frankfurt waren demnach einzelne Züge unterwegs. Auch der Regionalverkehr
       falle flächendeckend aus. Vor der Wiederaufnahme seien umfangreiche
       Erkundungsfahrten nötig. Fahrgäste können ihre für den Zeitraum von
       Donnerstag bis Sonntag gebuchten Fahrkarten bis zum 27. Februar flexibel
       nutzen oder kostenfrei stornieren, wenn sie Reisen wegen des Sturms
       verschieben.
       
       In Nordrhein-Westfalen ist die Rheinbrücke Emmerich bis auf weiteres
       gesperrt. Grund dafür seien umgestürzte Gerüstteile, die in die Fahrbahn
       ragen, teilte die Polizei am frühen Samstagmorgen mit. Im Norden wurde die
       Fehmarnsundbrücke gesperrt, die die Insel Fehmarn in der Ostsee mit dem
       Festland verbindet. Zuvor waren in der Nacht zwei Laster umgekippt. Ein
       Fahrer wurde dabei verletzt, wie ein Polizeisprecher sagte.
       
       Die ostfriesische Nordseeinsel Wangerooge büßte im Sturm etwa 90 Prozent
       ihres Badestrandes ein. „Auf einer Länge von einem Kilometer gibt es kaum
       noch Sand“, sagte Wangerooges Inselbürgermeister Marcel Fangohr. Die
       Schutzdünen vor dem Trinkwasserschutzgebiet hätten kein Deckwerk mehr, dies
       müsse wie der Strand neu aufgeschüttet werden. Dennoch sei der Sturm
       glimpflich ausgegangen.
       
       Auch auf der Insel Langeoog hat der Sturm den Sandstrand beschädigt. „In
       Teilen ist gar kein Strand mehr da, die Abbruchkante geht bis zu den
       Dünen“, sagte Inselbürgermeisterin Heike Horn am Samstag. Zum Ausmaß des
       Schadens könne sie aber nichts sagen. Das müsse der Niedersächsische
       Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN)
       beurteilen, sagte Horn.
       
       ## Drei Tote in den Niederlanden
       
       Auch in anderen europäischen Ländern sorgte „Zeynep“ für Schäden, teils
       schon am Freitag: In den Niederlanden kamen drei Menschen durch umstürzende
       Bäume ums Leben, darunter war auch ein Radfahrer. Großbritannien meldete
       ebenfalls drei Todesopfer. In Irland starb ein Mann infolge des Orkantiefs.
       Im Norden Frankreichs waren am Abend rund 130 000 Haushalte ohne Strom.
       Schäden und Stromausfälle gab es auch in Polen und Tschechien. So waren
       allein in Polen wegen beschädigter Leitungen Zehntausende Haushalte vor
       allem in Westpommern ohne Strom. Vom Nationalmuseum Stettin (Szczecin)
       wurde ein großes Blech gerissen.
       
       „Zeynep“ war das zweite Orkantief innerhalb weniger Tage. Zuvor waren bei
       „Ylenia“ in Deutschland mindestens drei Autofahrer in Niedersachsen und
       Sachsen-Anhalt bei wetterbedingten Unfällen gestorben: Zwei wurden von
       umstürzenden Bäumen erschlagen, ein dritter starb, als sein Anhänger im
       Sturm auf die Gegenfahrbahn geriet und es dabei zu einem Unfall kam.
       
       19 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.dwd.de/DE/wetter/vorhersage_aktuell/vhs_brd_node.html;jsessionid=61906161CDE1A19568F836A18B2C8574.live31081
       
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