# taz.de -- Ballsport in Russland: Auch ein Golfkrieg
       
       > Nahe Moskau gibt es die luxuriösesten Golfplätze. Sie sind vor allem für
       > den Zeitvertreib der Oligarchen da. Spitzensport findet sich nicht.
       
 (IMG) Bild: Golfen in der besseren russischen Gesellschaft: Leonid Tjagatschow, Ehrenpräsident des NOK, 2021
       
       Alles wird in diesen Tagen auf russische Zusammenhänge abgeklopft. Nun
       denn: Was ist eigentlich mit Golf in Putins Reich? Und in der Ukraine?
       
       24 Plätze sind für Russland gelistet, meist von renommierten US-Architekten
       gebaut. Vorneweg der Tseleevo Golf & Polo Club nördlich von Moskau, ein
       Oligarchen-Dorado, das edler sein soll als alles, was die Golfwelt sonst an
       imagemordendem Protz zu bieten hat: Marmor-Spa, High-End-Luxus rundum.
       „Sieht man die Bilder von außen“, schreibt [1][exklusiv-golfen.de], „denkt
       man an eine Symbiose von Buckingham Palace, Weißem Haus, ein bisschen
       Titanic und ein bisschen Schloss Versailles.“ Leider sind Reisen
       ausgesetzt: „Zurzeit“, meldet die Website Leading Courses of the world
       lapidar, „gibt es 0 buchbare Golfplätze in Russland.“
       
       Als bester Golfer Russland galt noch 2014 der frühere
       Tennis-Grandslam-Sieger Jewgeni Kafelnikow, der seinem Staatschef heute
       „eine abnormale Psyche“ zuspricht. Die aktuelle Weltrangliste weist zwei
       Putin-Bürger aus, den gebürtigen Briten David Jozeph Atkins und Ivan
       Striganov, beide auf Platz 1.691. Atkins’ „bestes Turnierresultat“ laut
       Rangliste zuletzt: sechsmal Cut verpasst. Frauen aus Russland: keine
       aufgeführt.
       
       In der Ukraine gibt es ganze vier Golfplätze, drei in Kiew, einen in
       Charkiw. Ob sie längst zerbombt sind, weiß man nicht. Profis: Fehlanzeige,
       bei Frauen wie Männern. Unter den Amateuren ist Ivan Malovychko vorn
       (Amateur-Weltrangliste 194), mehrfacher Gewinner der Ukraine Open. Beste
       Frau ist Sofia Pylypenko, erst 14 Jahre alt, auf Position 565; sie wurde
       2021 Landesmeisterin und notierte: „Es geht aufwärts.“ Nun ja.
       
       ## Golf in der Ukraine: entwicklungsfähig
       
       Und da ist der 15-jährige Misha Golod. 2021 hatte er als erster
       ukrainischer Golfer an den U.S. Junior Amateur teilgenommen. US-Mitspieler
       kontakteten ihn jetzt in Kiew und riefen zu Spenden auf. Ruckzuck kamen
       viele Tausend Dollar zusammen. Vier Tage dauerte die Flucht des
       milchgesichtigen Hänflings mit seiner Mutter Mitte März, erst per Auto nach
       Budapest, von dort mit dem Flieger nach Florida. Großer Empfang am Orlando
       Airport, viele Worte, Tränen. Golfguru David Leadbetter spendierte ein
       Vollstipendium für seine [2][Akademie]. „Das ist alles verrückt“, so Misha
       über seine plötzliche Lebensperspektive. Seine Mama kehrte zurück in den
       Krieg, zum wehrpflichtigen Mann und den Eltern.
       
       Mishas Präsident Selenski golft offenbar nicht, in seinem früheren
       Schauspielerleben fuhr er als Präsidentendarsteller („Diener des Volkes“)
       immerhin mal in einem Golf-Cart. Und der Kriegsverbrecher Putin? Nicht mal
       gestellte PR-Fotos mit Schläger sind auffindbar, Golfbesteck reizt ihn wohl
       nicht, seine Männlichkeit zu demonstrieren. Bei der Suche „Putin & Golf“
       findet man nur Treffer zu Donald Trump, wie der auf irgendeinem Grün mal
       wieder Unfug erzählt hat, auch über seinen Buddy Wladimir.
       
       Putin, der Sportler, präsentiert sich bekanntlich lieber als Reiter oben
       ohne, als Biker in Lederkluft oder als tollkühner Taucher mit Harpune auf
       Hechtjagd. Man kennt ihn seit Jahrzehnten als Eishockey-Crack und Judoka.
       Der Schwarze Ehrengürtel im Taekwando wurde ihm aberkannt. Sinn würde
       machen, ihm symbolisch den Golf-Driver wegzunehmen, denn Driver sind schön
       machtbesetzt, dazu mit sexualisierter Komponente: Damit kann man zeigen,
       dass man den Längsten hat, etwa den längsten Abschlag.
       
       Ian Poulter, englischer Weltklassespieler, tritt gern modisch schräg und
       provokant bunt auf. Jetzt ist er, wie viele SportlerInnen, in schlichtem
       Blau-Gelb unterwegs. Während andere, sagt er, so sehr leiden und sterben,
       „spielen wir hier unser albernes Golfspiel.“
       
       25 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.exklusiv-golfen.de/news/exklusivste-golfclub-der-welt-tseleevo-26059
 (DIR) [2] https://www.golfchannel.com/video/david-leadbetter-helps-mykhailo-golod-escape-ukraine
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Müllender
       
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