# taz.de -- Bundeskartellamt mahnt Konzern ab: Deutsche Bahn soll Daten teilen
       
       > Das Bundeskartellamt moniert die Weigerung des Konzerns, mit
       > Onlineplattformen zu kooperieren. Für die Bahnbranche hat das Folgen.
       
 (IMG) Bild: Die Bahn soll mit Onlineplattformen kooperieren, mahnt das Kartellamt
       
       BERLIN taz | Es wirkt wie ein bloßer bürokratischer Akt, hat für die
       Bahnbranche aber weitreichende Folgen: Das Bundeskartellamt hat [1][die
       Deutsche Bahn] abgemahnt. Die Behörde kritisiert, dass der Staatskonzern
       für Reisende wichtige Daten nicht an Mobilitätsplattformen weitergibt und
       Onlineticketverkäufer mit restriktiven Vorschriften wie Werbeverboten
       belegt.
       
       Die Deutsche Bahn macht unabhängigen Fahrkartenverkäufern im Internet den
       Vertrieb ihrer Tickets sehr schwer. Buchungsplattformen wie Omio oder
       Trainline verkaufen Tickets für verschiedene Verkehrsmittel in Europa und
       teilweise andere Länder. Mithilfe ihrer Programme können Nutzer:innen
       Preise vergleichen und Verbindungen finden, die über die Angebote der
       Deutschen Bahn nicht recherchierbar sind.
       
       Aber: Kund:innen können nicht an Rabattaktionen, Bonuspunkt- oder
       Cashback-Programmen der Deutschen Bahn teilnehmen, wenn sie über die
       Plattformen Tickets kaufen. Der Staatskonzern stellt den Plattformen keine
       Prognosedaten zur Verfügung, sodass diese die Reisenden nicht über
       Verspätungen, Zugausfälle oder Gleiswechsel informieren können. Außerdem
       macht der Konzern Vorschriften zu Preisen und verbietet Werbung mit
       bahnspezifischen Begriffen. Die Provisionen sind teils so niedrig, dass der
       Ticketverkauf nicht oder kaum die Kosten deckt.
       
       Das Bundeskartellamt hat bereits 2019 das Verfahren gegen die Deutsche Bahn
       wegen möglicher Behinderungen der Plattformen eingeleitet. Die Behörde ist
       nun „zu dem vorläufigen Ergebnis gekommen, dass bestimmte Verhaltensweisen
       und Vertragsklauseln der Deutschen Bahn (DB) gegenüber
       Mobilitätsplattformen einen Missbrauch von Marktmacht darstellen“. Die
       Plattformen bieten die Planung von Routen mit verschiedenen Verkehrsmitteln
       an, bei denen die Schiene eine wichtige Rolle spielt, etwa die Kombination
       von Zug, Flugzeug, Fernbus oder Leihrädern. „Viele dieser
       Mobilitätsdienstleistungen sind ohne die Einbindung der DB nicht denkbar“,
       sagt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. „Daher sind wir der
       Auffassung, dass die Mobilitätsanbieter zum Beispiel einen Anspruch auf die
       Verkehrsdaten der Bahn wie Verspätungen oder Zugausfälle haben.“ Die
       Deutsche Bahn verweigert aber die Herausgabe dieser Daten und zwingt
       Reisende so auf ihre Internetseite oder App. Das erschwert anderen
       Verkehrsunternehmen, für die Plattformen ein wichtiger Vertriebskanal sind,
       den Zugang zu Kund:innen.
       
       Das Bundeskartellamt hat Plattformen und Deutscher Bahn den 314 Seiten
       füllenden Entwurf für einen Beschluss in der Sache übermittelt. Alle Seiten
       haben vier Wochen Zeit, ihn zu akzeptieren oder zu widersprechen und
       gegebenenfalls zu klagen. Die Deutsche Bahn prüfe den Entwurf rechtlich, so
       ein Sprecher. „Inhaltlich geht es um neuartige Fragestellungen zum
       Onlinevertrieb, zu denen es bislang an gefestigter Rechtsprechung und
       Behördenpraxis fehlt.“
       
       ## Onlineverkäufer freuen sich
       
       Mobilitätsplattformen begrüßen [2][die Entscheidung des
       Bundeskartellamtes]. Sie bringe Vorteile für Reisende und werde die
       Verkehrsverlagerung auf die Schiene beschleunigen, erklärte ein Sprecher
       von Trainline. Das sieht auch Omio-Chef Naren Shaam so. „Der nun bestätigte
       rechtliche Rahmen kann für Menschen aus Deutschland und aus dem Ausland von
       großer Bedeutung sein, da es nun hoffentlich einfacher wird, den Wechsel
       hin zu ökologisch nachhaltigen Transportmitteln wie der Bahn zu gestalten“,
       sagte er. „Wir sehen auf nationaler und EU-Ebene aktuell viele positive
       Bemühungen, hier mehr Vorfahrt für digitale Innovation zu schaffen.“
       
       Auch in Spanien und Frankreich gibt es laut Omio ähnliche Verfahren gegen
       Bahnkonzerne. Dass Zugunternehmen die Herausgabe von wichtigen Daten
       verweigern, ist eine der größten Hürden beim [3][Aufbau eines europäischen
       Buchungssystems]. Ohne so ein System wird es aber kaum möglich sein,
       innerhalb Europas Flugreisen durch Zugfahren zu ersetzen.
       
       20 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Bahninitiativen-fordern-Klimaticket/!5841753
 (DIR) [2] https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Meldung/DE/Pressemitteilungen/2022/20_04_2022_Bahn.html;jsessionid=128DB6DD414E75DFAF1799CCCFF96CDF.2_cid390
 (DIR) [3] /EU-Politikerin-ueber-Jahr-der-Schiene/!5774695
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Krüger
       
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