# taz.de -- Depression bei Geflüchteten: Seelische Wunden
       
       > Viele Menschen, die fliehen müssen, erkranken psychisch. Manchmal erst
       > nach Wochen, Monaten, Jahren. Wir müssen aufmerksam sein und sie
       > unterstützen.
       
 (IMG) Bild: Geflüchtete Menschen aus der Ukraine registrieren sich nach ihre Ankunft in Bayern
       
       Über zwei Monate ist es her, [1][dass Russland die Ukraine angegriffen
       hat]. Inzwischen sind über 380.000 Geflüchtete nach Deutschland gekommen.
       Wie es ihnen wohl geht?
       
       Etwa ein Drittel von ihnen wird im Laufe der Zeit eine psychische
       Erkrankung entwickeln. Davon geht Lukas Welz aus, Geschäftsleiter der
       Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge
       und Folteropfer. Depressionen, Angststörungen und posttraumatische
       Belastungsstörungen sind die Leiden, mit denen [2][geflüchtete Menschen] am
       häufigsten kämpfen.
       
       Bisher scheint es mit der Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine gut zu
       laufen. Die Gastfreundschaft ist groß; viele Ukrainer*innen kamen privat
       unter, bei Verwandten, aber auch bei Fremden. Auf Nachbarschaftsplattformen
       wie [3][nebenan.de] las ich immer wieder von Nachbar*innen, die noch das
       ein oder andere für ihre Gäste suchten.
       
       ## Ruhe, Sicherheit, Struktur
       
       Dieses Engagement ist unglaublich wichtig für das langfristige psychische
       Wohlbefinden. Denn neben den Umständen der Flucht und den ihr
       vorangegangenen Ereignissen wirken sich natürlich auch die Erfahrungen im
       Ankunftsland auf die Psyche aus. Nun brauchen Ankommende in erster Linie
       Ruhe, ein sicheres Umfeld und Struktur. Nicht invasiv nachfragen, aber den
       Krieg auch nicht verschweigen, um das Gefühl der Isolation nicht zu
       bestärken, rät die Psychotherapeutin Danja Schönhöfer in der taz. Ein
       Balanceakt, der ein hohes Maß an Feingefühl und Aufmerksamkeit fordert.
       
       Kurz nach dem Angriff Russlands sprach ich mit einer Freundin über die
       Situation. In ihrer WG war gerade ein Zimmer freigeworden. Sie fühlte sich
       schuldig, weil sie und ihr Mitbewohner sich dennoch gegen eine Aufnahme
       entschieden. Ich verstand die Gründe, sie hatte gerade einen neuen Job
       begonnen und wollte in wenigen Wochen ausziehen. Sie befürchtete,
       überfordert zu sein, außerdem traute sie ihrem Mitbewohner die
       Verantwortung nicht zu.
       
       Ich wünschte, ich hätte mich damals schon mehr mit dem Thema Flucht und
       Trauma auseinandergesetzt, dann hätte ich meiner Freundin gut zureden und
       Tipps geben können. So teile ich sie mit Ihnen, liebe Leser*innen.
       
       Das Max-Planck-Institut beispielsweise hat Videos erstellt, in denen
       eindrücklich erklärt wird, wie sich Traumata im Körper manifestieren und ab
       wann es sinnvoll ist, Hilfe aufzusuchen. Auf Englisch, nun auch mit
       ukrainischen sowie russischen Untertiteln versehen, können Betroffene und
       auch Helfende so ihre Aufmerksamkeit schulen.
       
       Auch die Berliner Institutionen Xenion und das Zentrum Überleben bieten
       Beratung und Hilfe sowohl für Geflüchtete als auch für ehrenamtlich
       Engagierte an – Letztere können auch Schulungen in Anspruch nehmen.
       
       Wichtig ist es, die psychischen Folgen Geflüchteter nicht aus den Augen zu
       verlieren. Denn oft zeigen sie sich erst Wochen, Monate, ja manchmal Jahre
       später.
       
       4 May 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150
 (DIR) [2] /Schwerpunkt-Flucht/!t5201005
 (DIR) [3] https://nebenan.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sophia Zessnik
       
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