# taz.de -- Tanker warten seit Tagen auf Beladung: Norwegen liefert wieder Flüssiggas
       
       > Europas zweitgrößte Produktionsanlage geht nach 20 Monaten Stillstand
       > wieder in Betrieb.
       
 (IMG) Bild: Die LNG-Anlage Nahe Hammerfest in Norwegen
       
       Nach einer mehr als 20 Monate langen Pause soll in der
       Gasverflüssigungsanlage auf der Melkøya beim nordnorwegischen Hammerfest ab
       Montag wieder Flüssiggas produziert werden. Die federführend vom
       norwegischen Öl- und Gaskonzern Equinor betriebene Anlage musste nach einem
       verheerendem Brand im September 2020 stillgelegt werden. Wegen umfassender
       Reparaturarbeiten verzögerte sich die für zuletzt März 2022 vorgesehene
       Inbetriebnahme immer wieder.
       
       Die LNG-Produktionsanlage auf der Melkøya (Milchinsel) ist die nach der im
       russischen Jamal derzeit größte derartige Anlage Europas. Sie hat eine
       Kapazität von jährlich rund 6 Milliarden Kubikmeter. Vom Gasfeld „Snøhvit“
       (Schneewittchen) in der Barentssee wird über eine 140 Kilometer lange
       Unterwasserpipeline das Gas angeliefert und auf minus 162 Grad Celsius
       heruntergekühlt, um so in flüssiger Form mit LNG-Tankern in alle Welt
       verschifft zu werden. [1][Das Projekt war von jahrelangen Protesten von
       UmweltschützerInnen begleitet worden]. Die LNG-Anlage ist eine der größten
       einzelnen CO2-Emissionsquellen des Landes. Sie wird als Klimakiller
       kritisiert: Seit ihrer Inbetriebnahme hat sie rund 10 Millionen Tonnen CO2
       in die Atmosphäre geschickt.
       
       Von Anfang an hatte die Anlage [2][mit Produktionsproblemen und
       Konstruktionsfehlern zu kämpfen]. Um nicht noch mehr teure
       Stillstandszeiten zu riskieren, hat man es dort mit der Sicherheit wohl
       nicht so genau genommen. Die Aufsichtsbehörde Petroleumstilsynet stellte
       nach ihrer Untersuchung des Brands 2020 fest, dass diese von ihr als
       „ernstester Zwischenfall in der norwegischen Erdölgeschichte“ bewertete
       Katastrophe auf [3][„schwerwiegende Regelverstöße“ seitens des Betreibers
       zurückzuführen sei].
       
       Entstanden war das Feuer durch Überhitzung in einem auch durch Insekten
       verstopften Filtersystem einer Turbine. Der Konstruktionsfehler war schon
       2013 entdeckt worden, siebenmal war es zu Filterschmelzen und
       Beinahebränden gekommen. Ausreichende Konsequenzen bei den Betriebsabläufen
       waren aber nicht gezogen worden. Nach dem Brand mussten rund 22.000
       Komponenten der Anlage überprüft und teils ersetzt sowie Stromkabel in
       einer Länge von 140 Kilometern erneuert werden. Zu den Kosten will sich
       Equinor nicht äußern, Medien schätzen allein die aufgrund des
       Produktionsausfalls entgangenen Einnahmen auf rund 2 Milliarden Euro. An
       Brisanz gewann der Produktionsausfall auf der Melkøya aufgrund der kräftig
       verstärkten Gasnachfrage der letzten Monate. Vier LNG-Tanker warten seit
       Tagen in den Gewässern vor der Insel darauf, betankt zu werden.
       
       22 May 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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