# taz.de -- Frustrierte Jugend in Indien: Proteste gegen Rekrutierungsreform
       
       > Weil sie sich um die Aussichten auf einen sicheren Job beim Militär
       > gebracht fühlen, protestieren junge Inder:innen gegen eine Reform der
       > Rekrutierung.
       
 (IMG) Bild: Indische Polizisten blockieren Demonstranten gegen die Änderung bei der Militärrekrutierung
       
       MUMBAI taz | Bisher galt das Militär als sicherer Arbeitgeber für
       Inder:innen, so sie denn die Aufnahmeprüfung bestanden hatten. Doch mit der
       Reform namens Agnipath, die im Juni vorgestellt wurde, scheint dieser Traum
       nun für viele weit entfernt. Denn erstmals sollen die Rekrut:innen nur
       für vier Jahre fest angestellt werden.
       
       Viele Anwärter:innem vermuten, dass die Regierung damit Leistungen der
       Renten- und Krankenversicherung sparen will. Auch wurde das
       Rekrutierungsalter auf bis zu 23 Jahre angehoben, was jetzt die Zahl der
       Bewerber:innen erhöht.
       
       „Wir werden reingelegt“, sagte ein Anwärter aus Bihar dem TV-Sender NDTV
       enttäuscht. Er sorge sich, was nach den ersten vier Ausbildungsjahren
       passieren wird. „Wir werden dann arbeitslos sein,“ fürchtet ein anderer.
       
       Bisher war das Rekrutierungsalter bis 21 Jahre beschränkt gewesen. Doch
       sollen laut der Regierung nun auch Anwärter:innen der vergangenen zwei
       Pandemiejahre eine Chance bekommen.
       
       ## Brennende Eisenbahnzüge, zertörte Busse, zwei Tote
       
       Die Ankündigung des neuen Nachwuchsprogramms für die Streitkräfte erboste
       allerdings so viele, dass es von Bihar im Osten bis ins südliche
       Secunderabad sogar zu gewaltsamen Unruhen kam.
       
       Eisenbahnzüge wurden in Brand gesteckt, Busse wurden zerstört. Bisher gab
       es schon zwei Tote. Die Wut zielt darauf, dass selbst nach einem Erfolg
       beim Auswahlverfahren die Aussichten auf Weiterbeschäftigung bei Militär
       samt lebenslanger Krankenversicherung und später einer Pension sinken
       könnten.
       
       Auch Militärexperten warnen vor dem neuen Rekrutierungsprogramm, doch oft
       nur anonym. Auf der Online-Plattform The Wire wird vor „Touristensoldaten“
       gewarnt, die sich negativ auf das Organisationsethos und die operative
       Effizienz des Militärs auswirken würden.
       
       Doch letztlich zeigen die Proteste vor allem, wie frustriert Indiens Jugend
       und wie groß das Problem der Arbeitslosigkeit ist.
       
       ## Hindunationalisten sehen in Reform Chance für Disziplin
       
       Generalleutnant Anil Puri erklärte, in die Randale verwickelte Anwärter
       würden von der Aufnahmeprüfung ausgeschlossen. Laut Verteidigungsminister
       Rajnath Singh werde die Reform nicht zurückgenommen.
       
       Hindunationalistische Regierungpolitiker lobten die Reform als Chance für
       junge Menschen, Disziplin und Gehorsam zu entwickeln, was ihrem Leben
       zugute käme. Andere warfen der Opposition vor, Jugendliche zum Protest
       anzustiften.
       
       Die Oppositionspolitikerin [1][Priyanka Gandhi Vadra] (Kongress-Partei)
       erklärte: „Dieses Vorhaben wird die Jugend des Landes zugrunde richten,
       wird die Armee zerstören“.
       
       Andere Oppositionsparteien, Gewerkschaften und Jugendorganisationen
       schlossen sich den Protesten an. Versuche, die Wut auf der Straße
       einzudämmen, haben bisher noch keinen großen Erfolg gebracht.
       
       20 Jun 2022
       
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 (DIR) Natalie Mayroth
       
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