# taz.de -- Junge Wohnungslose in Hamburg: Noch ein Winter ohne Schlafstelle?
       
       > Hamburg plant ein Notprojekt für junge Wohnungslose. Doch auf die
       > Ausschreibung bewarb sich kein Träger. Nun will die Behörde es nochmal
       > versuchen.
       
 (IMG) Bild: Junge Erwachsene ziehen häufig die Straße den großen öffentlichen Unterkünften vor
       
       HAMBURG taz | Zur Never-Ending-Story scheint der Konflikt um eine
       Notschlafstelle für junge Erwachsene in Hamburg zu werden. Zwar hatte die
       Sozialbehörde nach langem Ringen eine Ausschreibung veröffentlicht, doch es
       bewarb sich kein einziger Träger. Das machte Alexis Schnock vom
       „Arbeitskreis Wohnraum für junge Menschen“ jetzt bekannt.
       
       Die Notschlafstelle war lange ein Zankapfel. Die [1][Sozialarbeiterszene
       fordert sie seit Jahren], weil junge Menschen ohne Schlafplatz nicht in
       Unterkünfte für erwachsene Obdachlose passten. Die Behörde will Hamburgs
       große Obdachlosenunterkunft „Pik As“ komplett abreißen und neu bauen.
       Darin ist auch eine Abteilung für junge Männer geplant – an junge Frauen
       wurde nicht gedacht.
       
       Schließlich hatten die Grünen im Wahlkampf 2020 das Thema gekapert und die
       Notschlafstelle versprochen. Im [2][Koalitionsvertrag mit der SPD] steht
       ein Kompromiss: Bis zum Neubau des „Pik As“ – die Rede war von 2024 – dürfe
       es ein eigenes „Angebot für diese Zielgruppe“ geben.
       
       Ein [3][rot-grüner Antrag der Bürgerschaft konkretisierte dies]. Darin
       wurde die Sozialbehörde aufgefordert, schon zum 1. Januar 2022 in
       Kooperation mit zwei freien Trägern 20 Übernachtungsplätze für junge
       Menschen zwischen 18 und 27 Jahren zu schaffen. Das Angebot sollte
       niedrigschwellig und „voraussetzungslos“ sein. Auch sollte es evaluiert
       werden – und eine Chance auf Fortsetzung haben.
       
       ## Finanzierung nur pro Gast und Tag
       
       Wie im November berichtet, ließ aber [4][die nötige Ausschreibung auf sich
       warten]. Weshalb Ronald Prieß, Ex-Jugendreferent der Linken und
       „Botschafter der Straßenkinder“, dem Senat vorwarf, „noch einen ganzen
       Winter an den jungen Obdachlosen zu sparen“.
       
       Doch nun droht der nächste Winter ohne Notschlafstelle. Zwar gab die
       Sozialbehörde im April 2022 endlich jene Ausschreibung raus, aber offenbar
       zu schlechten Bedingungen. „Auch wir müssen uns der Kritik stellen, warum
       wir uns nicht beworben haben“, sagt Alexis Schnock. Der Arbeitskreis, dem
       zehn Einrichtungen angehören, die mit jungen Wohnungslosen arbeiten, gab
       deshalb eine Stellungnahme heraus.
       
       So monieren die Praktiker, dass die Schlafstelle in der Behörde nicht der
       Jugendhilfe, sondern der Wohnungslosenhilfe zugeordnet wurde. Man habe es
       aber bei dieser Zielgruppe mit „jugendspezifischen Problemlagen“ zu tun.
       Zudem sollten bis zum 1. Oktober die nötigen Räume akquiriert werden. Diese
       Zeit sei viel zu knapp, zumal wenn der Zuschlag zur Finanzierung nicht
       garantiert sei. Und schließlich sei die Projektdauer viel zu kurz, der
       Aufwand dafür stehe in keinem Verhältnis dazu.
       
       „Die Schlafstelle wäre nur Lückenfüller bis zur Fertigstellung der
       umstrittenen ‚Pik As‘-Lösung“, sagt Schnock. Auch wäre die geplante
       Aufenthaltsdauer der jungen Menschen mit sechs bis acht Wochen zu kurz, da
       es länger dauere, eine Wohnung zu suchen. Zudem schätzten gleich mehrere
       Träger Rahmen und Form der Finanzierung als unrealistisch ein. Der
       Sozialbehörde schwebte eine Bezahlung über Tagessätze für die Gäste vor.
       „Das halten wir nicht für sinnvoll. Besser wäre eine Projektfinanzierung“,
       sagt Schnock.
       
       ## PIK As-Neubau verzögert sich auch
       
       Die Sozialbehörde erklärt dazu, es habe sich keiner der Anbieter mit ihr
       ins Benehmen gesetzt, um über die Finanzierung zu sprechen. „Das wäre
       einfacher gewesen“, sagt Sprecher Martin Helfrich. Es werde nun eine neue
       Ausschreibung geben. Zuvor werde man mit Anbietern über ihre Vorstellungen
       reden.
       
       Ronald Prieß sagt zur neuerlichen Verzögerung: „Das ist für die Betroffenen
       eine Katastrophe.“ Die Behörde habe in der Ausschreibung „in Summe“
       unrealistische Bedingungen formuliert. „Das muss sie ändern, wenn sie die
       Notschlafstelle will.“ Womöglich müssten mehrere Träger das Projekt
       gemeinsam stemmen.
       
       Inzwischen verzögert sich auch der Neubau des großen „Pik As“. „Der alte
       Standort ist noch im Betrieb, der Zeitplan nicht zu halten – wegen Corona“,
       sagt Helfrich. Alexis Schnock nennt das „Glück im Unglück“, da der
       Arbeitskreis das „Pik As“ für junge Menschen ablehnt. „Wir werden die
       Chance nutzen, noch was zu bewegen.“
       
       23 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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