# taz.de -- Manspreading in Bus und Bahn: Knie an Knie kuscheln
       
       > Nun ist es noch enger in Zügen, und vor allem cis Männer machen sich ja
       > gerne mal breit. Ein kleiner Überblick, bei welchen Typen das schon okay
       > ist.
       
 (IMG) Bild: Manspreading geht nur unter bestimmten Bedingungen, findet unser Autor
       
       Nun retten wir also Bahnfahrt für Bahnfahrt das Klima. Das heißt auch, dass
       [1][wir alle enger zusammenrücken im Nah- und Fernverkehr]. Das wäre eine
       Gelegenheit, eine feministische Debatte wiederzubeleben, die vor ein paar
       Jahren mal ganz kurz die Gemüter erhitzt und sich dann wieder in den
       Bereich des Augenrollens verabschiedet hat: [2][Manspreading]. Sprich: das
       raumgreifende Auseinanderkippen der Oberschenkel vor allem bei cis Männern.
       Davon geht die Welt nicht unter, und doch kann die so zur Schau gestellte
       maskuline Anspruchshaltung eine schon mal die Wände hochtreiben – sofern
       man die auf der Flucht vor einem herumpurzelnden Cargoshort-Bein nicht
       ohnehin schon erklommen hat.
       
       Manche finden solche symbolischen Debatten unproduktiv. Und wir haben ja
       nun wirklich schlimmere Probleme, höre ich Sie rufen. Stimmt. Wobei
       andererseits der mangelnde Komfort in Bussen und Bahnen [3][seit Monaten so
       ausschweifend besprochen wird], dass es scheint, als hätten wir die eben
       nicht. Vorschlag zur Güte: Ich liste auf, wer neben mir jederzeit spreaden
       darf. Und der Rest verzichtet freundlicherweise. Okay? Cool.
       
       Hi! Unter folgenden Bedingungen darfst du gerne dein Knie an meines
       kuscheln:
       
       – Es geht nicht anders, weil deine Beine länger sind als der Abstand zum
       Sitz vor uns oder weil du etwas zwischen den Beinen transportierst, das
       dir am Herzen liegt. (Einen Teddy von früher? Erzähl mir davon! Das wäre
       niedlich.)
       
       – Du kommst gerade von der Ärztin, und deinem Musculus gracilis an der
       Oberschenkelinnenseite wurde Schonung verordnet. (Weniger niedlich, na
       ja, wir werden nicht jünger. Ich müsste aber die Bescheinigung sehen,
       bitte.)
       
       – Du warst im Gym und hast den Leg-Day nicht geskippt, du sexy Athlet!
       
       – Du bist eingedieselt mit dem neuesten Duft von Valentino. Eigentlich kein
       guter Grund, aber ich werde da schwach und kann mich nicht mehr beklagen.
       Darf ich an deiner Schulter schnuppern?
       
       – Du hast nett Hallo gesagt und eine aufmerksame Bemerkung gemacht, um das
       Eis zu brechen. Vielleicht fragst du, was ich lese? Wir plaudern kurz, es
       ist ganz mühelos mir dir. Wir lächeln uns über unsere Masken mit den Augen
       an und … ach so,
       
       – du trägst Maske.
       
       – Jedenfalls, zurück zu unserem besonderen Moment: Vielleicht leihe ich dir
       mein Buch und schreibe meine Nummer rein? Unsere Knie berühren sich. Du
       sagst: „Oh, entschuldige“, und ich sage: „Gar nicht schlimm.“
       
       Ähm, wo war ich? Ach so! Also in conclusio: Könnten alle, die sich nicht
       angesprochen fühlen, bitte einfach die Spannbreite ihrer Knie mit der
       Breite ihres Stuhls abgleichen? Oder, besser noch, stehen? Dann ist neben
       mir nämlich Platz für gut riechende Athleten mit Teddy im Gepäck. Fürs
       Klima!
       
       23 Jun 2022
       
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