# taz.de -- Erschließung neuer Gasvorkommen: Flüssiggas? Ja, bitte!
       
       > Umweltpolitiker wie der Grüne Jürgen Trittin befürworten neue
       > Gas-Investitionen. Das sei unumgänglich, um von russischen Lieferungen
       > loszukommen.
       
 (IMG) Bild: Ein LNG Transportschiff liegt vor Dakar
       
       BERLIN taz | Es ist [1][der umstrittenste Punkt in der Abschlusserklärung
       der G7-Staaten]: Die mit Steuergeldern geförderte Erschließung neuer
       Gasvorkommen im Ausland soll auch nach 2022 möglich sein. Eigentlich hatten
       die sieben wirtschaftsstärksten westlichen Industrieländer noch im Mai
       vereinbart keine Investitionen für neue Gasquellen im Ausland mehr
       bereitzustellen. Doch bei ihrem dreitägigen Treffen Anfang der Woche im
       bayerischen Elmau hatten sie diese Selbstverpflichtung zurückgenommen, auch
       auf maßgeblichen Druck Deutschlands. Von Umweltverbänden hagelte es Kritik.
       
       Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin verteidigt diesen Schritt gegenüber der
       taz. „Es ist leider notwendig, temporär mehr Gas zu fördern, um dem
       russischen Gas zu entfliehen“, so der ehemalige Bundesumweltminister.
       
       Von den 650 Milliarden Kubikmetern Gas, die weltweit gehandelt würden,
       stamme eine Fünftel aus Russland. „Wenn wir auf diese 150 Milliarden
       Kubikmeter verzichten, was politisch völlig richtig ist, müssen wir in neue
       Infrastruktur investieren.“ Voraussetzung sei, dass dies im Rahmen enger
       Grenzen und ohne Lock-In-Effekte, also ohne Abhängigkeitsverhältnisse zu
       schaffen, geschehe. „Wollen wir keinen Lock-In müssen die
       Abschreibungsfristen sehr kurz sein. Das geht nur mit Staatsgarantien.“
       
       Trittin hält eine Ausweitung der Gasförderung auch im Zusammenhang mit den
       globalen Folgen des westlichen Boykotts von russischem Gas für geboten:
       „Die Industrieländer sichern sich in dieser Situation Optionen auf
       Flüssiggas zu Preisen, die sich arme Länder nicht leisten können. Ohne
       zusätzliche Gasmengen wären sie dann gezwungen wieder auf Kohle
       umzusteigen. Dies würde noch mehr CO2 emittieren“, befürchtet Trittin.
       
       ## 425 Milliarden Kubikmeter Gas vor Senegal
       
       Konkret geht es um Gasvorkommen vor den Küsten Senegals und Mauretaniens.
       Das Gasfeld Greater Tortue Ahmeyim umfasst nach Angaben des Betreibers BP
       etwa 425 Milliarden Kubikmeter Gas. Senegal möchte Ende 2023 mit der
       Förderung beginnen. Präsident Macky Sall war am Montag auch zu Gast auf dem
       G7-Gipfel in Elmau. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte Sall bereits bei seiner
       Afrika-Reise im Mai Unterstützung zugesagt. In der Abschlusserklärung der
       G7 heißt es nun: Um unabhängig von russischem Gas zu werden spiele
       [2][Flüssiggas eine große Rolle.] „Unter diesen außergewöhnlichen Umständen
       können öffentliche Investitionen in den Gassektor geeignete
       Übergangslösungen sein.“ Sie müssten aber mit den Klimazielen vereinbar
       sein.
       
       Der Staatssekretär im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
       Entwicklung, Jochen Flasbarth sieht es ähnlich wie Trittin: „Diese
       Ausnahmeoption ist absolut richtig. Die Alternative wäre, bei russischem
       Gas zu bleiben oder sich in einseitige Abhängigkeit von Staaten wie Katar
       zu begeben“, so Flasbarth am Mittwoch.
       
       Flasbarth war in der Großen Koalition Staatssekretär im
       Bundesumweltministerium. Seine damalige Chefin Svenja Schulze leitet nun
       das Entwicklungsressort. Ihr Haus ist nun auch zuständig für die
       Verhandlungen mit Senegal.
       
       Staatssekretär Flasbarth hält es noch nicht für ausgemacht, dass
       tatsächlich öffentliche Investitionen nötig sein werden, um die
       Gasvorkommen im Senegal zu fördern oder ob es reiche, dass die künftigen
       Abnehmer langfristige Zusagen machten. Fest stehe aber: „Deutschland fällt
       ab 2040 als Abnehmer von Gas aus.“
       
       30 Jun 2022
       
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