# taz.de -- Fußball-Influencer Nader El-Jindaoui: Sieger der Kommerzen
       
       > Ein Testspiel zwischen Hertha BSC II und Tasmania Berlin musste
       > abgebrochen werden. Grund waren die Fans – des Influencers Nader
       > El-Jindaoui.
       
 (IMG) Bild: Der Influencer El-Jindaoui wirbelt einiges durcheinander bei Hertha
       
       BERLIN taz | Platzstürme sind für Fußballfans das Mittel der Wahl für die
       ganz großen Momente ihres Vereins. Ob aus Frust oder Freude, [1][im
       Platzsturm soll sich symbolisch ein Stück vom „echten Fußball“ zurückgeholt
       werden], den viele Fans schon für immer an den Kommerz verloren glaubten.
       Dass die Motivation von Platzstürmer:innen aber auch eine ganz andere
       sein kann, zeigten am Samstag die Fans von Influencer Nader El-Jindaoui,
       derentwegen das Testspiel der zweiten Mannschaft von Hertha BSC gegen
       Tasmania Berlin kurz vor Schluss überraschend abgebrochen werden musste,
       weil Hunderte El-Jindaoui-Ultras das Spielfeld stürmten und den
       Amateurspieler belagerten.
       
       El-Jindaoui, der zu dieser Saison innerhalb der Regionalliga Nordost zur
       Berliner Hertha gewechselt ist, folgen auf Instagram über 1,6 Millionen
       Menschen. [2][Gemeinsam mit seiner Frau betreibt er einen Youtube-Kanal],
       auf dem sie das Leben der Jindaouis mit ihrer gemeinsamen Tochter und
       Naders kleiner Schwester rund um die Uhr dokumentieren. Den Inhalt der
       Videos, in denen der Alltag der Familie gezeigt wird, würden viele
       Zuschauer:innen wohl als „wholesome“ bezeichnen. Wenn man stattdessen
       zur deutschen Übersetzung des Wortes, „erbaulich“ oder „heilsam“, gegriffen
       hätte, wäre damit schon der Beweis erbracht, dass man nicht zur
       demografischen Zielgruppe der Jindaouis gehört. In den Videos jedenfalls
       kann man einen authentischen Einblick in den Alltag der Familie gewinnen.
       
       Dass diese Videos eher jüngere Zuschauer ansprechen, konnte auch am Samstag
       beobachtet werden. Im Gegensatz zum beim Fußball eher üblichen krawalligen
       Auftreten meist männlicher Zuschauer jenseits der 20, waren nach
       hochseriösen Augenmaßschätzungen hauptsächlich Kinder zwischen fünf und
       fünfzehn Jahren auf den Rasen gerannt, um den Amateurfußballer zu
       umschwärmen. Die von El-Jindaoui freundschaftlich häufig als „falsche
       Fuffis“ bezeichneten Fans versuchten Autogramme und Selfies mit ihm zu
       ergattern, was über den [3][Twitter-Account der gegnerischen Tasmania]
       zunehmend entnervt kommentiert wurde.
       
       Dabei sorgte der El-Jindaoui-Hype nicht nur für Überlastung der
       Hertha-Infrastruktur auf dem Fußballplatz, wo laut Sport-Geschäftsführer
       Fredi Bobic bald zusätzliche Ordner:innen aushelfen sollen: Auch im
       digitalen Raum entstanden Probleme, als der Verkaufsstart von El-Jindaouis
       Trikot vorletzte Woche den Onlineshop der Hertha zeitweise zusammenbrechen
       ließ. Nicht schaden wird dem Klub, dass das El-Jindaoui-Trikot schon jetzt
       zu den drei meistverkauften des Vereins zählt.
       
       Das Endergebnis des Spiels am Samstag, das Hertha mit 3:1 gewann, war am
       Ende natürlich nur Nebensache. Wohl nicht mal ein Kantersieg Tasmania
       Berlins hätte den Jindaoui-Ultras den Tag versauen können. Dabei bietet der
       Influencer mit seinen Alltagvideos seinen Followern etwas, das dem modernen
       Profi-Fußball (und besonders der Hertha) fußballkulturell immer wieder
       abgesprochen wird: Authentizität.
       
       Dass diese Art von Authentizität allerdings der Kommerzialisierung des
       Fußballs nicht zwingend entgegensteht, beweist nicht nur Jindaoui, der mit
       Videos wohl mehr Geld als bei Hertha verdient, sondern ebenso die
       Nachwuchs-Platzstürmer:innen, die für Kontakt zu Jindaoui über Banden
       kletterten – und wohl auch künftig Tickets und Trikots kaufen.
       
       19 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Platzstuerme-in-der-Fussball-Bundesliga/!5854164
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/c/Jindaouis/videos
 (DIR) [3] https://twitter.com/SV_Tasmania_Bln
       
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 (DIR) Friedemann Melcher
       
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