# taz.de -- Vogelschutz am BER: Lückenhafte Rettungsversuche
       
       > An den Glasfassaden des Berliner Flughafen sterben viele Vögel, sagen
       > NaturschützerInnen. Die Flughafengesellschaft spricht von sinkenden
       > Zahlen.
       
 (IMG) Bild: Gerettet – vielleicht: am BER kollidierter Turmfalke
       
       BERLIN taz | Der Schnabel des jungen Turmfalken steht offen, seine große
       Augen starren den Menschen an, der ihn schützend an seinen Körper hält. Das
       Tier hat Angst, aber immerhin ist es gerettet, wie das am BER in Schönefeld
       entstandene Foto beweist. Es sei denn, der Raubvogel verendet später an
       inneren Verletzungen, die er sich beim Aufprall an eine Glasscheibe und dem
       folgenden Absturz zugezogen haben könnte.
       
       Vor anderthalb Jahren [1][berichtete die taz über die Kritik von
       NaturschützerInnen] am Umgang der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg
       (FBB) mit sogenannten Vogelkollisionen am Terminal 1 des Großflughafens.
       Das hat bekanntlich riesige Glasfassaden, an die regelmäßig Vögel prallten
       und starben. Der Schriftsteller David Wagner bezeichnete den BER in der
       Zeit gar als „Vogeltotenhaus“.
       
       Damals hieß es seitens der FBB, man nehme das Problem sehr ernst und prüfe
       bereits Methoden, um die Gefahr abzuwenden – insbesondere durch das
       testweise Anbringen von Folien. Die signalisieren durch ein aufgedrucktes
       Muster den Vögeln, dass es an dieser Stelle nicht weitergeht. Und wie sieht
       es heute damit aus?
       
       An den großen Fronten des Terminals 1 hat sich wenig getan: Dort waren
       schon Anfang 2021 ein paar Glaselemente in den Ecken mit Musterfolien
       ausgestattet, sie kleben immer noch dort. Hinzugekommen sind allerdings
       etliche Folien mit vertikalen Streifen auf den „Kolonnaden“ – freistehenden
       Glaswänden, die die Wege rund um das riesige Gebäude säumen. Laut
       FBB-Sprecherin Sabine Deckwerth waren hier besonders viele Kollisionen
       beobachtet worden.
       
       Der taz sagt Deckwerth, es würden noch weitere Folien an diesen Elementen
       angebracht, bis sie „vollständig beklebt“ seien. Unklar ist, weshalb die
       ausführende Firma immer wieder Lücken zwischen den Folien gelassen hat. Die
       BUND-Vogelschutzexpertin Claudia Wegworth hält das Anbringen der Streifen
       für richtig, der aktuelle Zustand sei aber kontraproduktiv: „So suchen sich
       die Vögel dort einen Weg, wo die Scheiben nicht markiert sind, und knallen
       dagegen. Sie werden quasi nur umgeleitet.“
       
       ## „Maßnahmen, die nichts bringen“
       
       Wegworth spart nicht mit Kritik an der FBB. Sie sei „sprachlos“, wenn sie
       sehe, wie am Flughafen „ein Haufen Geld versenkt“ werde, „für
       Vogelschutz-Maßnahmen, die nichts bringen“. Offenbar lasse sich die
       Flughafengesellschaft nicht gut beraten, denn andere Folien, die schon vor
       geraumer Zeit von innen an die Scheiben geklebt wurden, verhinderten die
       Reflexion außen auf dem Glas nicht – weshalb Vögel sie oft gar nicht sähen.
       
       Besonders enttäuscht Wegworth, dass nichts gegen die Problematik der
       „Lichtschächte“ getan werde: nach oben halb offene Bereiche zwischen dem
       Terminal und den angrenzenden Pavillons. Immer wieder stürzten [2][Falken],
       Tauben oder Singvögel nach einem Aufprall in diese öffentlich nicht
       zugänglichen Schächte, wo sie im Überlebensfall manchmal nach Tagen
       kläglich verhungerten. „Ich verstehe nicht, dass man am Flughafen diese Not
       nicht spürt“, sagt sie. „Der Widerstand gegen effektive Maßnahmen ist immer
       noch massiv, wohl aus Angst vor den Kosten.“
       
       Dagegen betont FBB-Sprecherin Deckwerth, die FBB handele „in fachlicher
       Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Dahme
       Spreewald und auch mit der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität,
       Verbraucher- und Klimaschutz.“ Und: „Ein vermehrtes Auftreten von
       Vogelanprall seit Eröffnung des BER können wir nicht bestätigen.“
       
       Im ersten Jahr nach der BER-Eröffnung Anfang November 2020 seien 50 tote
       Tiere entdeckt worden, in den vergangenen neun Monaten erst 20. Das liege
       möglicherweise auch am zunehmenden Flugbetrieb, der für mehr Bewegung und
       Lautstärke sorge.
       
       Die Naturschützerin schenkt dem keinen Glauben: „Das Problem war immer
       unverändert, da hat sich nichts bewegt.“ Es komme täglich zu Kollisionen,
       bei jeder Stichprobe hätten sie und andere Ehrenamtliche tote Vögel
       gefunden, „von der Haubenlerche bis zur Waldschnepfe“, so Claudia Wegworth.
       Allerdings blieben diese meistens nicht lange dort liegen: Für ihre
       „Entsorgung“ sorgten zum Teil Rabenvögel, spätestens aber die Putzmaschine
       auf ihrer nächsten Runde.
       
       11 Aug 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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