# taz.de -- European Championships in München: Sportfreunde for free
       
       > Die European Championships in München sind eröffnet.
       > Europameisterschaften in neun Sportarten sollen Appetit auf Olympia
       > machen.
       
 (IMG) Bild: European Championships als Volksfest: Eröffnung im Münchner Olympiapark
       
       Das war ja schon mal ein Auftakt. 55.000 Menschen sind am Mittwochabend in
       den Münchner Olympiapark gekommen, um die Eröffnung der [1][European
       Championships] zu feiern. Vielleicht sind sie aber auch nur dagewesen, um
       ein paar Takte der Musik ihrer Lieblingsbands zu hören, die ja nicht jeden
       Tag bei freiem Eintritt zu hören sind. So genau weiß man das nicht.
       
       Der Sport jedenfalls war Nebensache an diesem ersten Tag dieses
       Multisportevents, bei dem elf Tage lang [2][Europameisterschaften in neun
       Sportarten] ausgefochten werden. Es gab keine schwülstige Eröffnungsfeier,
       keine peinlichen Paraden von Fahnenträgern, keine Hymnen und keinen
       Einmarsch der Athleten. Es gab einfach nur ein Sommerfest.
       
       Kein schlechter Kniff. Man schenkt den Münchnerinnen und Münchnern etwas,
       damit sie über das, was man ihnen nimmt, nicht allzu sehr granteln müssen.
       Für den Marathon muss so manche Straße gesperrt werden, und über den für
       Beachvolleyball und Sportklettern reservierten Königsplatz mitten in der
       Stadt darf schon ein paar Tage nicht mehr mit dem Auto gefahren werden.
       Dafür darf sich die Welt dann freuen über Sandspiele vor klassizistischen
       Fassaden.
       
       Woran man dabei denken soll? Klar, an das klassische Olympia. Und an die
       Spiele von 1972 natürlich. Zum 50. Jubiläum hat die Stadt München sich die
       European Championships an Land gezogen. Radsport, Turnen, Leichtathletik,
       Kanurennsport, Rudern, Klettern, Beachvolleyball, Triathlon und Tischtennis
       sind die Sportarten dieses Events, das Lust machen soll auf mehr, auf
       Olympische Spiele in Deutschland.
       
       ## Nostalgie über Olympia 1972
       
       Solche sind nicht allzu beliebt bei den Menschen, in deren Städten sie
       stattfinden sollen. Die Münchner haben sich in einem Plebiszit gegen
       Olympische Winterspiele ausgesprochen, und auch in Hamburg gab es keine
       rechte Begeisterung für eine Bewerbung.
       
       „Wir wollen ein gutes Vorbild sein und ein Erbe und Vermächtnis lassen für
       künftige Sportgroßveranstaltungen bis hin zu Olympischen Spielen“, sagte
       Marion Schöne, Geschäftsführerin der Olympiapark München GmbH, bei der
       Eröffnungspressekonferenz. Da wurde in Erinnerungen geschwelgt an die
       Spiele 1972, die Bayerns Innen- und Sportminister Joachim Herrmann (CSU)
       als Bub erlebt hat. Münchens Sportbürgermeisterin Verena Dietl (SPD) war
       damals „minus acht“, wäre aber wohl gern dabei gewesen.
       
       Das [3][Attentat] palästinensischer Terroristen auf die israelische
       Olympiamannschaft, dem am 5. September 1972 zwölf Menschen zum Opfer
       gefallen sind, wäre beinahe gar nicht erwähnt worden bei all der
       Olympia-Nostalgie. Weil aber der bayerische Innenminister da war, lag die
       Frage auf der Hand, ob man sich diesmal besser vorbereitet habe als auf den
       Terroranschlag 1972. Über den wollte Herrmann nicht reden an diesem schönen
       Sommertag. Dafür gebe es noch genug Diskussions- und Gedenkveranstaltungen.
       Und wie Sicherheit geht, das hätten seine Behörden ja bewiesen, neulich
       erst beim G7-Gipfel in Elmau.
       
       Wer den Lärm von Hubschraubern und die Präsenz hochgerüsteter
       Polizeibeamter bei Fußballspielen kennt, dürfte sich gefreut haben über die
       zivile Party, die sich dann am frühen Abend im Olympiapark entwickelt hat.
       „Back to the Roofs“ ist das Motto der Kulturspiele, die das Sportereignis
       begleiten sollen.
       
       Hoch über dem Zeltdach auf den Hängen des Olympiabergs ließen sich die
       Menschen nieder und versuchten ein paar Takte von Marteria oder den
       Sportfreunden Stiller zu erhaschen. Der Platz vor der Bühne war schnell
       überfüllt und wurde gesperrt, so wie kurz darauf der gesamte Park. Wer drin
       war, konnte flanieren, sich ein Bier im Plastikbecher für 6 Euro kaufen, an
       einer der zahlreichen Bühnen und feinen, kleinen Bands oder Musikern
       zuhören. Unter einem Baum saß die Lyrikerin Sabine Magnet und schrieb
       Gedichte auf Bestellung. An einen anderen Baum sollte man Wünsche hängen.
       Frieden wollten da die meisten.
       
       Nur der kleine Max (6 Jahre) wünschte sich, dass Deutschland gewinnt. Es
       war ja ein Sportfest, das da eröffnet wurde. Man hätte es glatt vergessen
       können.
       
       11 Aug 2022
       
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 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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