# taz.de -- Verfressene Gänse in Schleswig-Holstein: Nonnengänsen geht es an den Kragen
       
       > Die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein macht Druck. Umwelt- und
       > Landwirtschaftsministerium beantragten die Aufhebung des Schutzstatus der
       > Vögel.
       
 (IMG) Bild: Nonnengänsen geht es gut hierzulande. Zu gut? Diese Tiere rasten auf der Insel Föhr
       
       Den [1][Nonnengänsen] in Schleswig-Holstein geht es wieder gut – eigentlich
       ein Anlass zur Freude. Nicht aber für die Landwirt*innen. Die Gänse,
       sagen sie, stellten eine [2][massive wirtschaftliche Bedrohung] für ihre
       Betriebe dar. Wie so oft knickte die Politik vor der Landwirtschaft ein.
       Das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium des Landes beantragten
       gemeinsam die Aufhebung des Schutzstatus der Vögel bei der EU.
       
       Die Nonnengans, auch Weißwangengans genannt, besucht die Küsten
       Schleswig-Holsteins jeden Winter. Ihr anmutiges und einzigartiges
       Erscheinungsbild macht sie bei Touristen und Naturfreunden beliebt. Die Art
       galt einst als bedroht. Nachdem sie in den letzten Jahrzehnten unter
       Jagdschutz gestanden hatte, stieg die Population aber um rund zehn Prozent
       pro Jahr. Das freut Umweltschützer. Die Landwirtschaft aber beklagt, dass
       die Gänse ihren Tieren das Gras wegfressen würden. Der jährliche Schaden
       liegt laut Bauernverband Schleswig-Holstein bei rund [3][acht Millionen
       Euro].
       
       Die Klagen der Bauern und Bäuerinnen wurden von der schwarz–grünen
       Landesregierung mit offenen Ohren aufgenommen. Der grüne Umweltminister
       Tobias Goldschmidt fungiert in der Sache als zweiter
       Landwirtschaftsminister, auch wenn es für ihn „toll ist zu sehen, dass die
       Bestände sich so gut erholt haben“. Man müsse aber auch anerkennen, dass
       die Nonnengänse die Landwirtschaft vor große Herausforderungen stellten.
       
       Der BUND in Schleswig-Holstein sieht die Bejagung sehr kritisch. Zur
       Vergrämung hätten die Tiere bereits auf Antrag abgeschossen werden dürfen.
       Den Jagdschutz nun komplett aufzuheben sei deshalb überflüssig, vor allem
       weil es [4][Alternativen gebe]: „Wir haben vorgeschlagen, Duldungs- und
       Vertreibungsgebiete einzurichten“, sagt Carl-Heinz Christiansen,
       stellvertretender Landesvorsitzender des BUND Schleswig-Holstein. „Die
       Landwirte in den Duldungsgebieten hätten natürlich eine ausreichende
       Entschädigung erhalten.“ Es sei nicht einmal festgelegt worden, wie hoch
       der Mindestbestand an Nonnengänsen in Schleswig-Holstein sein solle,
       beklagt Christiansen.
       
       ## „Nicht vermittelbar“
       
       Über die letzten Jahrzehnte hätten sich die Nonnengänse sehr an Menschen
       gewöhnt und würden weniger Abstand zu ihnen halten. „Für Naturtouristen ist
       das natürlich toll“, sagt Christiansen. Durch die Jagd würden die Tiere
       sich wieder mehr vom Menschen entfernen. „Eine massive Jagd dürfte an einem
       Nationalpark Wattenmeer einer sensiblen Öffentlichkeit mit vielen
       Naturtouristen, die auch wegen der Gänseschwärme kommen, nicht vermittelbar
       sein“, prognostiziert der BUND.
       
       Zudem würden die Gänse durch die Jagd sehr gestresst werden, was auch zu
       einer erhöhten Nahrungsaufnahme führen könnte – ein Effekt, der den
       Landwirt*innen nicht gefallen dürfte.
       
       Den Jagdschutz der Nonnengänse aufzuheben, wäre ein fatales Signal, so der
       BUND. Wieder einmal würden Profitinteressen über Naturschutz gestellt und
       die Agrarindustrie bevorzugt. Aber Menschen, die sich am Anblick von
       zutraulichen Gänsen erfreuen, haben, wie die Tiere selbst, eben keine
       Lobbymacht.
       
       25 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.nationalpark-wattenmeer.de/wissensbeitrag/nonnengans-maerz/
 (DIR) [2] https://www.bauern.sh/themen/gaense.html
 (DIR) [3] https://www.topagrar.com/rind/news/riesige-schaeden-durch-nonnengaense-und-kein-politischer-wille-12418265.html
 (DIR) [4] https://www.bund-sh.de/presse/pressemitteilungen/detail/news/konflikte-zwischen-landnutzung-und-naturschutz-gemeinsam-loesen/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ben Reddig
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Vogelschutz
 (DIR) Gänse
 (DIR) Naturschutz
 (DIR) Jagd
 (DIR) Frauenfußball
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Naturschutz
 (DIR) Helgoland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Regionalligist will keine Rasenheizung: Grüner Fußball statt grüner Rasen
       
       In Deutschland gibt es viele Stadien mit Rasenheizung. Stromverschwendung!
       Regionalligist SV Babelsberg 03 fordert die Abschaltung von Rasenheizungen.
       
 (DIR) Vollautomatische Vogelbeobachtung: Den Piepmatz im Visier
       
       Voller Technik schippert der ehemalige Schlepper „Zoë X“ durch den
       Hamburger Hafen. Seine Mission: Vögel beobachten und ihr Verhalten zu
       übermitteln.
       
 (DIR) Jagd auf Krähen: Zum Abschuss freigegeben
       
       Jedes Jahr werden viele Tausend Krähen abgeschossen. Naturschützer
       kritisieren die Jagd als unethisch und sinnlos.
       
 (DIR) Vogelgrippe an der Nordseeküste: Neuerdings auch im Sommer
       
       Erstmals tritt der H5N1-Virus an der Nordseeküste zur Brutzeit auf. Seine
       Ausbreitung könnte gravierende Folgen für die Brutbestände haben.