# taz.de -- Mitbestimmung in der Klimakrise: Geloste Bürger:innen for Future
       
       > Nützen Klima-Bürger:innenräte oder kosten sie nur Zeit? Bei einer
       > taz-Veranstaltung in Freiburg wird über Klimaschutz und Beteiligung
       > diskutiert.
       
 (IMG) Bild: Bleibt uns in der Klimakrise Zeit für Diskussion? Beim klimaland Talk in Freiburg nehmen wir sie uns
       
       FREIBURG taz | In Freiburg und Umgebung sehen die Bürger:innen
       inzwischen jedes Jahr, wie die Klimakrise das Leben beeinflusst. Die
       Dreisam, ein 35 Kilometer kurzer, doch wichtiger Fluss für das örtliche
       Ökosystem, führt im Sommer immer weniger Wasser. Da, wo sich früher ein
       plätschernder Fluss durch die Stadt und Umland schlängelte, war etwa in
       diesem Sommer nur noch ein Rinnsal zu sehen.
       
       Um die Klimaerwärmung abzubremsen, müssen Veränderungen her: Ausbau der
       erneuerbaren Energien, klimaschonendes Bauen. Doch welche Maßnahmen trägt
       die Bevölkerung mit, was sind konkrete Ziele, die zu erreichen sein
       sollten?
       
       Gemeinsam mit Mitstreiter:innen initiierte Gabriele Michel einen
       Klimabürger:innerat im Auftrag von 16 Gemeinden im Umland Freiburgs.
       4.000 Menschen wurden in den Gemeinden angeschrieben, aus den Zusagen 200
       ausgewählt, an sechs Samstagen diskutierte man, hörte Vorträge von
       Expert:innen.
       
       Am Ende dieses kommunikativen Prozesses stehen 48 Maßnahmen, die am 15.
       September an die Gemeinden übergeben und fünf Tage darauf öffentlich und
       offiziell präsentiert werden. Ein wahrgewordener grüner Traum vom schnellen
       Durchbringen nachhaltiger Maßnahmen? Nicht ganz. „Es gab viele Menschen,
       die kritisierten, dass die Empfehlungen, wenn sie keinen juristisch
       bindenden Charakter haben, nichts taugen“, so Michel. Unter dem Titel
       „Weniger reden, mehr schaffen“, diskutieren sie und drei weitere Gäste in
       dieser Woche auf dem taz klimaland-Podium in Freiburg zur Frage: Kosten, ja
       rauben Bürger:innenbeteiligungen nur Zeit, die wir in der
       Klimafrage nicht haben – oder bringen sie doch etwas?
       
       „Ja, das ist das richtige Instrument, aber es nützt nur, wenn die Politik
       das aufgreift, weil wenn nicht, wäre das eine Katastrophe für die
       Demokratie“, so Michel. Es würde zu berechtigtem Frust führen und
       Verwerfungen, weil der Bürger oder die Bürgerin davon ja zehre, von der
       Politik ernst genommen zu werden. Schnell kristallisiert sich an diesem
       Abend als Knackpunkt heraus, dass es nicht so leicht ist, die Gemeinderäte
       vom kommunalen Beratungsprozess zu überzeugen.
       
       Innerhalb der Diskussion wurden verschiedene Lösungen genannt. Ein Hebel
       sei der öffentliche Druck. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung der
       Vorschläge für die Maßnahmen am 20. September sei bewusst gewählt: Zwei
       Tage später ist eine große Fridays For Future-Aktion angemeldet. Das übe
       auf die Politik noch mehr Druck aus.
       
       ## Reicht ein bisschen mehr Bewusstsein?
       
       Bei der Formulierung der Empfehlungen habe [1][Fridays for Future] Tipps
       gegeben, meint Lissy Gehrham von der Klimaprotest-Bewegung auf dem Podium:
       „Die mussten viel härter sein, also zum Beispiel: ‚So viele Windräder bis
       dann und dann‘.“ Was sie allgemein von der Idee eines
       Klimabürger:innen-Rats halten? „Wir finden solche Gremien total positiv, je
       mehr, desto besser, um immer mehr Menschen einzubinden“, so Gehrham.
       
       taz-Moderator [2][Benno Stieber], Landeskorrespondet dieser Zeitung in
       Baden-Württemberg, konfrontiert an dem Abend immer wieder den vierten Gast,
       Christian Ante, mit den Aussagen der anderen Podiumsteilnehmer:innen. Er
       ist Bürgermeister der Gemeinde Merzhausen. Die 5.000-Einwohner-Kommune ist
       eine der 16 Gemeinden, die sich dem Bürgerrat anvertraut haben. Gefragt, ob
       ihn der Optimismus der Teilnehmer:innen überzeuge, erwidert er, dass
       selbst falls der Bürgerrat nur zu einer Bewusstseinsbildung für die
       drängenden Probleme führe, dieser schon seine Aufgabe erfüllt habe. Auf die
       Aussage geht niemand ein. Es mag bezweifelt werden, dass den
       Teilnehmer:innen des Klimabürger:innenrates diese Aussage
       ausreichen wird.
       
       14 Sep 2022
       
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