# taz.de -- Tödliche Luftangriffe in Tigray: „Fast täglich Bombenteppich“
       
       > Es mehren sich weltweite Appelle für ein Ende des Krieges zwischen
       > Äthiopiens Regierung und den Machthabern in Tigray. WHO-Chef übt scharfe
       > Kritik.
       
 (IMG) Bild: Tigray-Solidaritätskundgebung in Südafrikas Hauptstadt Pretoria, 12. Oktober
       
       BERLIN taz | Neue Luftangriffe der äthiopischen Regierung auf Ziele in der
       abtrünnigen Provinz Tigray haben scharfe internationale Kritik nach sich
       gezogen. „Eritreische und äthiopische Streitkräfte belegen Städte in Tigray
       fast täglich mit einem Bombenteppich“, [1][schrieb am Samstag auf Twitter]
       der selbst aus Tigray stammende Generaldirektor der
       Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, vor seiner
       Ankunft zum „World Health Summit“ in Berlin. „Zivilisten werden getötet,
       und die Verwundeten, die hätten gerettet werden können, sterben wegen
       Mangel an Behandlung und dringend notwendiger Versorgung. Die Belagerung
       muss enden und humanitäre Hilfe hineingelassen werden“.
       
       Die Kämpfe zwischen Äthiopiens Regierung und der in Tigray herrschenden
       TPLF (Tigray-Volksbefreiungsfront), die im November 2020 begonnen hatten,
       waren [2][im August wieder aufgeflammt]. Zuletzt war vermehrt berichtet
       worden, dass [3][Eritrea] aktiv auf Seiten der äthiopischen Streitkräfte
       eingreift. Eritrea und Äthiopien können gemeinsam Tigray in die Zange
       nehmen.
       
       Am Freitag starb in der 100.000 Einwohner zählenden Stadt Shire in Tigray
       rund 50 Kilometer von der Grenze zu Eritrea entfernt [4][ein Mitarbeiter
       der internationalen Hilfsorganisation IRC (International Rescue Committee)]
       bei einem Luftangriff, der auch zwei zivile Opfer forderte. Die
       Nachrichtenagentur AFP zitierte eine nicht genannte humanitäre Quelle in
       Shire, laut der die Stadt „die ganze Woche ohne Unterlass Ziel von
       Artilleriebeschuss und Luftangriffen gewesen ist“.
       
       Der humanitäre Koordinator der Vereinten Nationen, der Brite Martin
       Griffiths, äußerte am Samstag in einer Erklärung Besorgnis über das
       Schicksal der Zivilbevölkerung in Shire, wo die Lage „immer angespannter“
       werde. Auch UN-Generalsekretär António Guterres äußerte sich „tief
       besorgt“.
       
       Die neue Eskalation erfolgt pünktlich zum Abschluss einer erneuten Reise
       des Sonderbeauftragten der US-Regierung für das Horn von Afrika in die
       Region. Mike Hammer traf am 3. Oktober in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba
       ein und wollte zwei Wochen lang in Pendeldiplomatie versuchen, die
       internationalen Bemühungen um einen Friedensprozess für Tigray zu retten.
       
       Vom 14. bis 16. Oktober ist außerdem aus Deutschland Katja Keul,
       Staatsministerin im Auswärtigen Amt, nach Äthiopien gereist, unter anderem
       zu bilateralen Gesprächen. Vor ihrer Reise [5][erklärte Keul]: „Der
       Konflikt im Norden Äthiopiens wird sich nur am Verhandlungstisch dauerhaft
       lösen lassen. Deswegen unterstützen wir die Vermittlungsbemühungen der
       Afrikanischen Union. Außerdem muss der humanitäre Zugang gewährleistet
       werden.“
       
       Beide Seiten im Tigray-Konflikt hatten Anfang Oktober ihre Bereitschaft zu
       Verhandlungen unter der Ägide der Afrikanischen Union (AU) erklärt. Aber
       eine geplante erste Gesprächsrunde, die am 8. Oktober in Südafrika hätte
       beginnen sollen, kam nicht zustande, wofür die verschiedenen Seiten
       unterschiedliche Gründe angeben.
       
       Am Mittwoch hatten die USA, Australien, Dänemark, Deutschland,
       Großbritannien und die Niederlande in einer [6][gemeinsamen Erklärung]
       erneut an die Konfliktparteien appelliert, die Feindseligkeiten
       einzustellen, in den AU-Friedensprozess einzusteigen und „ungehinderten
       humanitären Zugang“ in Tigray zuzulassen, und auch einen Rückzug Eritreas
       aus Tigray gefordert.
       
       16 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/DrTedros/status/1581239652123828230
 (DIR) [2] /Schwere-Kaempfe-um-Tigray/!5873579
 (DIR) [3] /Eritrea-und-Aethiopien-kooperieren/!5879742
 (DIR) [4] https://www.rescue.org/press-release/irc-staff-member-killed-delivering-life-saving-aid-ethiopia
 (DIR) [5] https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/-/2558220
 (DIR) [6] https://www.state.gov/joint-statement-on-resumption-of-hostilities-in-northern-ethiopia/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Äthiopien
 (DIR) Tigray
 (DIR) Äthiopien
 (DIR) Äthiopien
 (DIR) Äthiopien
 (DIR) Tigray
 (DIR) Tigray
 (DIR) Tigray
 (DIR) Äthiopien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Zwei Jahre Bürgerkrieg in Tigray: „Wir vernichten euch“
       
       Ein Abkommen weckt die Hoffnung auf Frieden im blutigen Konflikt um
       Äthiopiens Region Tigray. Hunderttausende Menschen sind bereits getötet
       worden.
       
 (DIR) Waffenstillstand in Äthiopien: Hoffnung auf Frieden in Tigray
       
       Nach zwei Jahren Krieg haben Äthiopiens Regierung und Tigray-Rebellen eine
       Friedenserklärung unterzeichnet. Das Ergebnis übertrifft viele Erwartungen.
       
 (DIR) Friedensprozess für Äthiopien: Tigray-Gespräche verlängert
       
       Äthiopiens Regierung und Tigray-Rebellen verhandeln in Südafrika jetzt ohne
       zeitliche Begrenzung. Beide Seiten wahren die Vertraulichkeit.
       
 (DIR) Krieg in Äthiopien: Schon jetzt 100.000 Tote
       
       Die Kämpfe Äthiopiens und Eritreas gegen Aufständische in der Region Tigray
       spitzen sich zu. Die Großstadt Shire ist gefallen – zu einem hohen Preis.
       
 (DIR) Eritrea und Äthiopien kooperieren: Aufmarsch gegen Tigray
       
       Berichte über eine Offensive Eritreas nähren die Sorgen über eine
       Eskalation des Krieges in der äthiopischen Region Tigray.
       
 (DIR) Kämpfe in Äthiopien: Drohnen gegen den Frieden
       
       Kurz nachdem die Machthaber der äthiopischen Rebellenprovinz Tigray eine
       Feuerpause anbieten, gibt es erneut Luftangriffe auf Tigrays Hauptstadt.
       
 (DIR) Kämpfe in Äthiopien: Neuer Krieg weitet sich aus
       
       Äthiopien bombardiert in der Region Tigray erneut zivile Ziele in der
       Hauptstadt Mekelle. Tigray-Kämpfer rücken am Boden vor.