# taz.de -- Präsentation der Blume des Jahres 2023: Bei Schmidts zu Hause
       
       > Der fünfte deutsche Bundeskanzler und seine Gattin haben angeblich total
       > unprätentiös in einer Hamburger Reihenhaussiedlung gelebt. Echt jetzt?
       
 (IMG) Bild: Vielleicht doch nicht so bescheiden: Schmidts Wohnzimmer
       
       HAMBURG-LANGENHORN taz | Auf dem Weg der Linie U1 in die nördlichsten
       Hamburger Stadtteile wird es draußen immer grüner und im Inneren immer
       leerer. Vereinzelte Sonnenstrahlen fallen durch die verschmierten Fenster.
       Eine Person schläft deutlich hörbar, zusammengekauert auf ihrem Sitz. Ein
       abgestelltes Fahrrad versperrt den Weg mitten in der Bahn, es ist jedoch
       niemand da, den es stören könnte.
       
       ## Der Anmarsch
       
       In Langenhorn verlasse auch ich die Bahn. Hier steht [1][das Haus von
       Altbundeskanzler Helmut Schmidt und seiner Frau], der Umweltschützerin Loki
       Schmidt. Seit 1980 wird in ihrem Garten die Aktion „Blume des Jahres“
       veranstaltet, um zum Schutz von Wildpflanzen aufzurufen. Heute wird die
       Blume des Jahres 2023 vorgestellt.
       
       Der Weg zum Hause Schmidt führt vorbei an heruntergekommenen Restaurants
       und Kneipen, zahlreichen Wohnmobilen und Wohnanlagen aus rotem Backstein.
       Von der Straße aus sieht das Haus der Schmidts eher bescheiden aus, so, als
       wollte es sich verstecken. Der Giebel ragt gerade so hinter einer breiten
       Garagenfront mit vier Toren hervor und fügt sich unauffällig in die
       umliegende Reihenhaussiedlung ein.
       
       ## Die Enthüllung
       
       Zwischen einigen Rhododendren führt links an den Garagen vorbei ein Weg
       durch ein hölzernes Gartentor, danach durch einen metallenen Gartenzaun und
       einen noch höheren Stahlzaun, auf die jeweils große, altmodische
       Überwachungskameras gerichtet sind. Heute stehen die Tore offen. Im Garten
       warten schon Pressevertreter*innen auf die [2][Enthüllung der Blume
       2023].
       
       Der Garten ist eher unspektakulär. Außer einer unscheinbaren Rose sind
       keine botanischen Besonderheiten zu erkennen. Eine Journalistin bezeichnet
       das schmuddelige Gewächshaus mit vergilbten Fenstern als „total
       unprätentiös“. „Das hätten die Schmidts ja auch mal aufräumen lassen
       können“, sagt sie und Barbara Duden von der Helmut und Loki
       Schmidt-Stiftung, pflichtet ihr bei, dass es den beiden auf Äußerlichkeiten
       nicht angekommen sei.
       
       An den Garten grenzen mehrere einstöckige Backsteingebäude, zwischen denen
       ein kleiner Weg aus steinernen Platten verläuft. Vor dem doppelten
       Reihenhaus auf der einen Seite, das die Schmidts ab 1961 bewohnten, haben
       sich die Organisator*innen des heutigen Events aufgestellt. Nach ein
       paar einleitenden Worten wird ein Tuch von einem lebensgroßen Aufsteller
       gezogen. Bei der enthüllten Blume des Jahres 2023 handelt es sich um die
       Kleine Braunelle.
       
       ## Die Wohnräume
       
       Nachdem sich die Aufregung um die kleine lila Blume etwas gelegt hat,
       präsentiert Barbara Duden auf Nachfrage das Innere des Wohnhauses. Auch
       hier versucht sie, die bodenständigen Seiten der Schmidts zu
       unterstreichen. In der kleinen, grün gefliesten Küche mit gelben Schränken
       erzählt sie, dass „die Kanzlers“ aus Senfgläsern getrunken hätten, „wie
       meine Eltern“.
       
       Spätestens im Wohnzimmer kommen dann aber doch [3][Zweifel an der
       Bescheidenheit der Schmidts] auf. Die Wände sind bedeckt mit gefüllten
       Bücherregalen. Lederne Sofas und Sessel stehen auf dunkelroten Teppichen.
       Eine Wand aus Backstein, in die ein großer Kamin eingelassen ist, ragt in
       das riesige Zimmer hinein. Daneben steht ein Schachtisch mit den zwei
       Vierländer Hochzeitsstühlen der Schmidts, dahinter ein Steinway-Flügel mit
       Blick auf den Garten durch eine Fensterfront.
       
       Vor dem Abschied vom Schmidt’schen Wohnkomplex, suche ich das stille
       Örtchen auf, oder wie Barbara Duden es nennt: „Das Kanzlerklo“. Beige
       Fliesen und oval eingerahmte Fotos von Rafaels Engeln stehen auf einem
       dunklen Holzschrank, es sieht hier aus wie bei Oma. Nur eine kleine
       Helmut-Schmidt-Tonfigur erinnert daran, dass da, wo ich gerade sitze, auch
       der fünfte deutsche Bundeskanzler saß.
       
       29 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Schmidt-hat-Geburtstag/!5170641
 (DIR) [2] https://loki-schmidt-stiftung.de/blume-des-jahres
 (DIR) [3] /Hamburger-Heldengedenken/!5729738
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jasper von Römer
       
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