# taz.de -- Aufstand in Iran: Ein Rapper als Protestikone
       
       > Erst tauchte er unter, dann schnappte das Regime den Musiker Toomaj
       > Salehi doch. Nun ist ein zweifelhaftes Reue-Video aufgetaucht.
       
 (IMG) Bild: Protest in Berlin anlässlich der Verhaftung des Rappers Toomaj im Iran
       
       BERLIN taz | Ein neues [1][Video] des regimekritischen iranischen Rappers
       Toomaj Salehi sorgt für Aufregung. In einem nur 10-sekündigen Clip zeigt
       der Rapper Reue über seine politischen Aktivitäten. Die Aufnahme wurde am
       Mittwoch von der dem staatlichen Rundfunk unterstellten Nachrichtenagentur
       YJC auf Twitter veröffentlicht und wenig später wieder gelöscht. Der
       32-Jährige war am Wochenende festgenommen worden.
       
       Toomaj ist zu einer der bekanntesten Figuren der aktuellen Proteste in Iran
       geworden – nicht nur wegen seiner Musikvideos, in denen er sich mit dem
       Aufstand solidarisiert, sondern auch, weil er immer wieder Videos postete,
       die ihn selbst bei Straßenprotesten zeigen.
       
       Vier Tage vor seiner Verhaftung hatte Toomaj [2][ein Video auf Twitter]
       veröffentlicht, in dem zu sehen ist, wie er auf einer Straße laufend eine
       Menschenmenge anleitet und ruft: „Wir brauchen keine Schaulustigen.
       Schließt euch uns an.“ Am selben Tag veröffentlichte er [3][ein weiteres
       Video], auf dem Protestierende rufen: „Dieses Jahr ist das Jahr des Bluts.
       Seyed Ali wird dieses Jahr gestürzt.“ Gemeint ist Ajatollah Ali Chamenei,
       der Oberste Führer der Islamischen Republik.
       
       Wie der Musiker die Proteste unterstützte und sich selbst daran beteiligte,
       hat ihn unter den Protestierenden beliebt gemacht. Toomaj war einer der
       wenigen, die offen das Regime kritisierten und Demonstrationen
       organisierten. Dafür wird er nun als „Sohn Irans“ und [4][„Sohn der
       Zukunft“] gefeiert, wie er sich in einem Video selbst genannt hatte.
       
       ## Toomaj kritisierte bekannte Personen
       
       Toomajs Engagement hat nicht erst mit den jetzigen Protesten angefangen.
       Schon im September 2021 war er in seiner Wohnung in Isfahan
       [5][festgenommen] worden. Wegen „Propaganda gegen das Regime“ und
       „Beleidigung des Obersten Führers“ wurde er zu sechs Monaten Haft auf
       Bewährung [6][verurteilt].
       
       Zur Last gelegt wurden ihm Lieder, die er in Erinnerung an die Proteste im
       November 2019 veröffentlicht hatte. Im Juli 2021 ging ein [7][Musikvideo]
       viral, in dem Toomaj alle bekannten Personen scharf kritisiert, die sich
       nicht klar gegen das islamische Regime stellten. Nach seiner vorläufigen
       Freilassung im September 2021 hörte er mit seiner Regimekritik nicht auf:
       Prompt folgte ein Stück gegen die Todesstrafe.
       
       Mit dem Ausbruch der neuen Protestwelle infolge der Ermordung von Jina
       Mahsa Amini durch das Regime im September äußerte sich Toomaj immer
       expliziter. Ende des Monats dann tauchte er unter, veröffentlichte aber
       noch weitere zwei Musikvideos. Dass sich ein junger Musiker frei im Land
       bewegen konnte, Videos schickte und der massiven Festnahmewelle entkommen
       konnte, interpretierten seine Unterstützer*innen als Unfähigkeit des
       Unterdrückungsapparats.
       
       Doch am vergangenen Sonntag wurde Toomaj in einem Dorf in der Provinz
       Chaharmahal und Bachtiari festgenommen. Staatliche Medien behaupteten
       zunächst, er sei bei einem illegalen Grenzübertritt erwischt worden. Später
       hieß es allerdings, Sicherheitskräfte hätten ihn im Schlaf
       gefangengenommen. [8][Augenzeugen] berichteten, siebzig Beamte seien an der
       Festnahme des Rappers beteiligt gewesen.
       
       Das kurze Video von Toomajs vermeintlichem Geständnis hat seine Popularität
       nicht geschmälert. Im Gegenteil: Für die Opposition ist das Video ein
       weiterer Beweis für die Brutalität des Regimes in Teheran. Laut seiner
       Familie ist Toomaj in Untersuchungshaft gefoltert worden. Einige
       Twitter-User*innen äußerten zudem Zweifel, dass der Mann in dem Video
       tatsächlich Toomaj ist.
       
       3 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/Tavakkoli72/status/1587747812703354881
 (DIR) [2] https://twitter.com/OfficialToomaj/status/1585296078848393217
 (DIR) [3] https://twitter.com/OfficialToomaj/status/1585312642096242694
 (DIR) [4] https://twitter.com/OfficialToomaj/status/1573583960315158528
 (DIR) [5] https://iran-hrm.com/2021/09/14/dissident-rapper-toomaj-salehi-arrested/
 (DIR) [6] https://kayhanlife.com/authors/iranian-rapper-toomaj-salehi-summoned-by-revolutionary-court/
 (DIR) [7] https://www.youtube.com/watch?v=k0XMnGrDy-w&feature=youtu.be
 (DIR) [8] https://twitter.com/me_too_iran/status/1587117158169018370
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Omid Rezaee
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Proteste in Iran
 (DIR) Iran
 (DIR) Revolution
 (DIR) Rapper
 (DIR) Folter
 (DIR) GNS
 (DIR) Proteste in Iran
 (DIR) Frauenrechte
 (DIR) Proteste in Iran
 (DIR) Proteste in Iran
 (DIR) Atomabkommen mit Iran
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Todesurteile des Mullah-Regimes: Irans blutige 15 Minuten
       
       Mit den Hinrichtungen will das iranische Regime die Protestierenden
       einschüchtern. Doch es erreicht damit nur das Gegenteil.
       
 (DIR) Petition der Woche: „Olaf, das können wir besser!“
       
       Das Regime in Teheran ermordet und unterdrückt weiterhin Frauen. Eine
       Petition fordert deshalb eine Kehrtwende in der deutschen Iran-Politik.
       
 (DIR) Reisewarnung des Auswärtigen Amts: Deutsche sollen Iran verlassen
       
       Wegen der gewaltsamen Unterdrückung von Protesten in Iran rät die
       Bundesregierung zur Ausreise. Es drohten willkürliche Festnahmen und lange
       Haftstrafen.
       
 (DIR) Angriff auf Mahnwache vor Iran-Botschaft: Baerbock verurteilt Attacke
       
       Noch laufen die Ermittlungen zur Attacke auf die Mahnwache vor der
       iranischen Botschaft. Außenministerin Baerbock verurteilt den Angriff
       scharf.
       
 (DIR) Politische Gefangene im Iran: Wartezimmer auf den Tod
       
       Gefangenen im Iran wird medizinische Versorgung verweigert, sagt Amnesty
       International. Deutschlands Diplomatie helfe dagegen nicht.