# taz.de -- Reaktionen auf COP27: Allianz der Unwilligen
       
       > Was hat die COP27 gebracht? Nicht viel, kritisieren Akteur:innen und
       > fordern, das Konzept der Klimakonferenzen zu überdenken.
       
 (IMG) Bild: Sieht schlecht aus für das 1,5 Grad Ziel: Protest von Aktivist:innen in Scharm al-Scheich
       
       BERLIN taz | Zwei Wochen lang trafen sich die rund 40.000
       Teilnehmer:innen in Scharm al-Scheich. Unzählige Staats- und
       Regierungschefs und Vertreter:innen aus der Zivilgesellschaft aus fast
       200 Staaten hielten Reden über das entscheidendste Problem, das die Erde
       bei allen bereits vorhandenen Krisen zu lösen hat. [1][Wie das gelingen
       kann, darin waren sich die Teilnehmenden traditionell uneinig]. Was hat das
       alljährliche Zusammentreffen nun also gebracht? Die Antworten nach dem
       zweiwöchigen Plenar- und Verhandlungsmarathon im Wüstenort fallen
       unterschiedlich aus.
       
       Es sei mühsam gewesen, äußerte sich der Präsident des Gastgeberlands, Samih
       Schukri, über die vergangene UN-Klimakonferenz. „Am Ende haben wir
       geliefert“, sagte Schukri. Es sei ein großer Fortschritt in Sachen
       Solidarität, heißt es aus dem Bundesentwicklungsministerium (BMZ). Jochen
       Flasbarth (SPD), Staatssekretär im BMZ, sprach sogar vom „größten
       entwicklungspolitischen Erfolg in der Geschichte der Klimaverhandlungen“.
       
       Mehr als 130 Länder hatten einen neuen Fonds gefordert, der ihnen bei der
       Bewältigung der Schäden durch Überschwemmungen, Dürren und andere
       klimabedingte Auswirkungen helfen soll. Ein solcher Fonds steckt jetzt im
       Abschlusstext der COP27 – und das nach jahrzehntelanger Auseinandersetzung,
       ob und wie die Staatengemeinschaft für Schäden und Verluste aufkommen soll.
       Dass es überhaupt zu einem Fonds kommen wird, daran gab es im Vorfeld
       Zweifel. „Ich bin so froh, dass sie sich geirrt haben“, sagte die
       Klimabeauftragte der Marshallinseln, Kathy Jetnil-Kijiner. Wie der Topf
       finanziert werden soll, steht jedoch noch nicht fest.
       
       Die EU hatte vorgeschlagen, dass auch wichtige Schwellen- und
       Industrieländer in den Finanztopf einzahlen sollen. Schwellenländer mit
       hohen Emissionen wie etwa China müssten dann ebenfalls einen Beitrag
       leisten.
       
       ## Auch die USA treten auf die Bremse
       
       Aber China sieht sich nach Worten seines Klimaunterhändlers Xie Zhenhua
       nicht in der Verantwortung, in einen Geldtopf für Klimaschäden einzuzahlen.
       Entwicklungsländer, zu dem sich China weiterhin zählt, sollten auf
       „freiwilliger Basis“ einzahlen.
       
       Auch die USA treten bereits auf die Bremse: Eine juristische Haftung oder
       Entschädigung für hauptsächlich von den Industriestaaten verursachte
       Klimawandelschäden sei ausgeschlossen. Der Fonds werde sich allein darum
       drehen, was akut gegen Klimaschäden getan werden kann, teilte das
       US-Außenministerium mit.
       
       „Wir verschwenden zu viel Zeit damit, über den Mechanismus zu diskutieren“,
       kritisierte währenddessen Farah Kabir, Leiterin von ActionAid in
       Bangladesch. Ähnliche Kritik äußerte auch UN-Generalsekretär Antonio
       Guterres: Der Fonds sei wichtig. „Aber er ist keine Antwort darauf, wenn
       die Klimakrise einen kleinen Inselstaat von der Landkarte spült – oder ein
       ganzes afrikanisches Land in eine Wüste verwandelt.“ Die Welt müsse ihre
       Klimaambitionen deutlich verstärken – und genau das passiert nicht,
       kritisieren einige.
       
       „Wir haben bei der Minderung (von Emissionen) versagt“, stellte die
       Umweltministerin der Malediven, Aminath Shauna, fest. Das Ergebnis der
       COP27 ist auch: Kein fossiler Ausstiegspfad. Kein klares Bekenntnis zu den
       im Jahr 2015 in Paris beschlossenen Klimazielen. Die einvernehmliche Kritik
       vieler Akteur:innen lautet deshalb: In Scharm al-Scheich wurde die
       unzureichende Klimapolitik vieler Länder einfach bestätigt. Der
       Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) nannte das Ergebnis
       „dramatisch“.
       
       ## Keine Pflicht zur Überarbeitung von Klimaschutzplänen
       
       Die nächste Weltklimakonferenz findet Ende 2023 in den Vereinigten
       Arabischen Emiraten statt. Bis dahin sind die Staaten dazu aufgefordert,
       ihre Klimaschutzpläne nachzubessern. Eine Verpflichtung dazu gibt es nicht.
       
       Auch deshalb hinterfragen Wissenschaftler:innen, ob eine jährlich
       stattfindende Konferenz in diesem Format überhaupt funktionieren kann. Eine
       Allianz der größten Verursacher von Treibhausgasen sei möglicherweise
       effizienter, als mit so vielen Ländern wie möglich um Einigung zu ringen,
       glaubt der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Johan
       Rockström. Er wünscht sich zudem mehr Wissenschaftler:innen an den
       Verhandlungstischen.
       
       Eine „Allianz der Willigen“ forderte der Kieler [2][Klimaforscher Mojib
       Latif] im Deutschlandfunk, um gegen die Erderwärmung vorzugehen. Auf die
       Frage, was am Ende von der 27. Weltklimakonferenz in Scharm al-Scheich
       bleibt, sagte er: „Stillstand“, und kritisiert: „Die 1,5-Grad-Marke werden
       wir auf jeden Fall reißen.“ (mit dpa und reuters)
       
       21 Nov 2022
       
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