# taz.de -- Politische Krise in Südafrika: Präsident Ramaphosa in Turbulenzen
       
       > Eine Untersuchungskommission wirft dem Staatschef Verfassungsbruch vor.
       > Der Vorstand der Regierungspartei stellt sich hinter ihn – noch
       
 (IMG) Bild: Südafrikas Präsident Ramaphosa nach einem Treffen des ANC am 5. Dezember
       
       JOHANNESBURG taz | Cyril Ramaphosas Präsidentschaft in Südafrika entwickelt
       sich zu einem mehrdimensionalen Desaster. Seine Partei ist zerrissen, die
       Wirtschaft befindet sich im freien Fall, Gesetzlosigkeit und Gewalt nehmen
       zu, die Stimmung ist schlecht. Und nun kommen Skandale rund um Ramaphosa
       selbst dazu.
       
       Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss [1][stellte vergangene Woche
       fest], dass Ramaphosa möglicherweise Verfassungsbruch begangen hat. Es geht
       um einen zwei Jahre zurückliegenden Diebstahl von 4 Millionen US-Dollar in
       bar, die der Präsident in seiner Farm [2][Phala Phala] aufbewahrt hatte.
       
       Den Besitz einer solchen Summe ausländischen Bargeldes hatte Ramaphosa
       nicht deklariert wie gesetzlich vorgeschrieben; der Diebstahl wurde
       zunächst nicht angezeigt. Stattdessen wurden mutmaßliche Diebe angeblich
       gekidnappt, in der Farm verhört und dann mit Geld zum Schweigen gebracht,
       wie bei der Mafia. Namibias Präsident Haige Geingob soll dafür gesorgt
       haben, dass diese Tatverdächtigen in Namibia festgenommen und nach
       Südafrika gebracht werden konnten.
       
       Die Untersuchungskommission wirft nun dem Präsidenten vor, gegen
       [3][Artikel 96 der Verfassung] verstoßen zu haben. Er habe in einer mit
       seinem Amt inkompatiblen Weise gehandelt und sich „einer Lage ausgesetzt,
       die einen Konflikt zwischen seiner offiziellen Verantwortung und seinen
       privaten Geschäften beinhaltet“.
       
       Berichten zufolge wollte Ramaphosa am vergangenen Donnerstag, als dies
       publik wurde, zurücktreten. Er wäre dann der dritte südafrikanische
       Präsident seit Ende der Apartheid 1994 gewesen, der sein Amt vorzeitig
       niederlegen muss, nach Thabo Mbeki 2008 und Jacob Zuma 2018. Nelson Mandela
       bleibt der einzige Post-Apartheid-Präsident, der seine Amtszeit regulär zu
       Ende brachte.
       
       Eine Sondersitzung des Vorstandes der Regierungspartei [4][ANC (African
       National Congress)] am Montag, an der Ramaphosa – er ist zugleich
       ANC-Parteichef – wegen Befangenheit nicht teilnahm, brachte ihn schließlich
       vom Rücktritt ab. Der Vorstand beschloss, Ramaphosa müsse im Amt bleiben.
       
       „Präsident Ramaphosa tritt nicht wegen eines fehlerhaften Berichts zurück
       und stellt sein Amt nicht zur Verfügung“, stellte sein Sprecher Vincent
       Magwenya klar. Der Staatschef hat nun einen Antrag beim Verfassungsgericht
       gestellt, den Untersuchungsbericht zu annullieren.
       
       Aber die Probleme des Präsidenten sind damit nicht gelöst. Die größte
       Oppositionspartei [5][DA (Democratic Alliance)] hat im Parlament einen
       Antrag auf vorgezogene Neuwahlen gestellt. „Der ANC hat seinen
       Regierungsauftrag, der auf Ramaphosas Versprechen nach Säuberung des
       Staates und Reform der Wirtschaft beruhte, verloren“, sagt [6][DA-Führer
       John Steenhuisen].
       
       Und am 13. Dezember stimmt das Parlament über ein mögliches
       Amtsenthebungsverfahren ab. In diesem Fall müsste [7][Vizepräsident David
       Mabuza] das Amt des Staatschefs kommissarisch übernehmen. Gegen Mabuza gibt
       es Vorwürfe politischer Morde aus seiner Zeit als Ministerpräsident der
       Provinz Mpumalanga.
       
       ## Demnächst Machtprobe auf dem Wahlparteitag
       
       Auch wenn Ramaphosa die Parlamentsabstimmung übersteht, verlagert sich
       seine Krise in den ANC hinein. Am 16. Dezember beginnt ein Parteitag des
       ANC, der entscheiden soll, wen die Partei bei den Wahlen 2024 ins Rennen
       schickt. Normalerweise wäre Ramaphosa als Amtsinhaber gesetzt, aber es gibt
       starken Gegenwind.
       
       2017 wurde Ramaphosa Parteichef in Nachfolge des damaligen
       Staatspräsidenten Jacob Zuma, dem er [8][kurz darauf auch als Präsident]
       folgte. Ramaphosa setzte sich damals auf einem Parteitag nur ganz knapp mit
       2440 zu 2261 Stimmen gegen Zumas Exfrau Nkosazana Dlamini-Zuma durch.
       [9][Die Zuma-Fraktion sinnt seither auf Rache].
       
       Ramaphosas parteiinterner Wahlkampf wurde danach wegen finanzieller
       Unregelmäßigkeiten von Südafrikas [10][Ombudsfrau Busisiwe Mkhwebane]
       untersucht. Als die Ombudsfrau auch noch den Phala-Phala-Skandal unter die
       Lupe nahm, setzte Ramaphosa sie im Juni 2022 kurzerhand ab.
       
       Wichtigster Gegenkandidat auf dem ANC-Parteitag ist nun
       [11][Exgesundheitsminister Zweli Mkhize], der 916 Nominierungen erhalten
       hat, gegenübner 2017 für Ramaphosa. Das war aber vor dem neuen Skandal.
       
       Am Wochenende sagte Mkhize vor der ANC-Jugendliga, die „gegenwärtige
       Führung“ des ANC schwäche Afrikas älteste Befreiungsbewegung. Unter
       Ramaphosas Führung hat der ANC eine Regel beschlossen, wonach
       Führungsmitglieder ihre Ämter ruhen lassen müssen, wenn sie in
       Korruptionsaffären verwickelt sind. Das könnte sich nun gegen ihn richten.
       
       6 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.iol.co.za/news/phala-phala-anatomy-of-a-scandal-b046d8c8-4ed4-4a49-aa7d-4b6d909723cc
 (DIR) [2] https://en.wikipedia.org/wiki/2020_Phala_Phala_Robbery
 (DIR) [3] https://www.justice.gov.za/legislation/constitution/saconstitution-web-eng.pdf
 (DIR) [4] https://www.anc1912.org.za/
 (DIR) [5] https://www.da.org.za/
 (DIR) [6] https://twitter.com/jsteenhuisen
 (DIR) [7] https://twitter.com/ddmabuza
 (DIR) [8] /Machtwechsel-in-Suedafrika/!5482418
 (DIR) [9] /Unruhen-in-Suedafrika/!5781485
 (DIR) [10] http://www.publicprotector.org/
 (DIR) [11] https://twitter.com/drzwelimkhize
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Savious Kwinika
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Südafrika
 (DIR) ANC
 (DIR) Cyril Ramaphosa
 (DIR) Südafrika
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Südafrika
 (DIR) Südafrika
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Südafrika
 (DIR) Südafrika
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Präsidentenwahl in Südafrika: Ramaphosa im Amt bestätigt
       
       Das Parlament votiert mehrheitlich dafür, dass Cyril Ramaphosa weiter an
       der Staatsspitze bleibt. Doch geht er geschwächt in die neue Amtszeit.
       
 (DIR) Komponist Arnold van Wyk: Im Garten der Musik
       
       Wer waren die südafrikanischen Komponisten Arnold van Wyk und Hubert du
       Plessis? Eine Archivsuche zwischen Apartheid, Kaltem Krieg und Homophobie.
       
 (DIR) Parteitag des südafrikanischen ANC: Ramaphosa bestätigt, ANC zerrissen
       
       Südafrikas Regierungspartei bestätigt trotz dubioser privater Geldgeschäfte
       den Präsidenten Cyril Ramaphosa als Vorsitzenden und Kandidaten.
       
 (DIR) Südafrikas Präsident: Ramaphosa bleibt im Amt
       
       Das Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten hat die ANC-Mehrheit im
       Parlament abgewendet. Mit schmutzigen Tricks, sagt die Opposition.
       
 (DIR) Wirtschaftsforum in Südafrika: Habecks Investitionsklimawandel
       
       In Südafrika hat sich der deutsche Wirtschaftsminister für mehr
       Klimainvestitionen ausgesprochen. Erste Umbauten von Kohle auf Solar haben
       begonnen.
       
 (DIR) Gewalt in Südafrika: Füreinander, nicht gegeneinander
       
       In Südafrika rufen gewalttätige Übergriffe gegen Migranten Gegenprotest auf
       den Plan. Doch der regierende ANC äußert für die Gewalt Verständnis.
       
 (DIR) Unruhen in Südafrika: Dirigierte Krawalle
       
       Hinter den Unruhen in Südafrika steht ein organisiertes Netzwerk
       krimineller Zuma-Anhänger*innen. Die Regierung hat es unterschätzt.
       
 (DIR) Unruhen in Südafrika: Das Pulverfass ist explodiert
       
       Plünderungen und Unruhen weiten sich aus, 72 Tote werden jetzt gemeldet.
       Ausgelöst von Zuma-Anhängern, hält sozialer Frust die Gewalt am Leben.