# taz.de -- Doku über Scooter im Kino: Backstage Einsamkeit
       
       > Der Dokumentarfilm „FCK 2020 – Zweieinhalb Jahre mit Scooter“ von Cordula
       > Kablitz-Post zeigt ungeschönt das Auseinanderfallen der Erfolgsband.
       
 (IMG) Bild: Vor dem Auftritt ein Wodka Red Bull: H. P. Baxxter von Scooter
       
       „Hyper, Hyper!“ schallte es Mitte der 90er auf der Dorfkirmes und in
       Festzelten der Republik und weit über ihre Grenzen hinaus: [1][Scooter, das
       Dance-Pop-Trio aus Hamburg], war angekommen und ist bis heute geblieben.
       
       Von der ursprünglichen Besetzung ist zwar nur noch Frontmann Hans Peter
       Geerdes übrig, besser bekannt als H. P. Baxxter (das alle Beteiligten
       betont international nicht Ha Pe, sondern eitsch pi aussprechen), aber das
       macht nichts: Drehte sich die Aufmerksamkeit der Medien doch in allererster
       Linie um den sehr auffälligen Frontmann, der groß, blond und blauäugig die
       Faust in die Höhe riss und die Massen antrieb.
       
       Die geborene Rampensau, die – das darf man nach den 113 Minuten von
       [2][Cordula Kablitz-Posts] Dokumentarfilm „FCK 2020 – Zweieinhalb Jahre mit
       Scooter“ vermuten – ebenso viel zum Erfolg von Scooter beitrug wie zum
       Verschleiß von Assistenten und Co-Musikern: Erst Anfang Dezember gaben
       Michael Simon und Sebastian Schilde ihren Ausstieg aus der Band bekannt,
       zumindest Letzterer schied offenbar im Unfrieden. Ganz zeitgemäß postete
       Schilde auf seiner Instagram-Seite ein Video, in dem er auch sagt: „Ich bin
       einfach nur sehr froh darüber, dass es vorbei ist.“
       
       ## Erstaunlich offen
       
       Man kann es ihm nicht verdenken, denn gerade im letzten Drittel von „FCK
       2020“ zeigt Kablitz-Post auf erstaunlich offene Weise, wie das Ego von H.
       P. Baxxter die Band entzweit, vielleicht auch als Folge der Coronapandemie.
       Die machte nicht nur dem ursprünglich geplanten Filmprojekt, sondern auch
       den Tourplänen von Scooter einen Strich durch die Rechnung.
       
       Inzwischen, da die Pandemie langsam ausplätschert, kann man darüber
       schmunzeln, wenn Baxxter Anfang 2020 noch froh darüber ist, dass die große
       Tour erst für nächstes Jahr geplant ist, bis dahin sei das mit diesem
       seltsamen Virus ja bestimmt vorbei.
       
       Mit diesem Irrtum war Baxxter bekanntermaßen nicht allein, einen
       extrovertierten Performer wie ihn dürfte der zwangsweise Verzicht auf
       Konzertauftritte, Partys und Menschenmassen allerdings besonders hart
       getroffen haben. Für Kablitz-Post erweist sich die Zwangspause allerdings
       als Glücksfall, zumal ihr Baxxter offenbar praktisch unbeschränkten Zugang
       zu Bandtreffen, Backstagebereichen und seinem Privatleben ermöglicht hat,
       zum Teil ohne Rücksicht auf (eigene) Verluste.
       
       ## Tigerfell auf dem Boden
       
       Im Hamburger Vorort Duvenstedt wohnt, nein, residiert, Baxxter in einer
       schmucken Villa, Rolls-Royce vor der Tür, Tigerfell auf dem Boden, nicht
       die einzige Geschmacksverirrung, aber das sagen nicht wenige ja auch über
       die Musik, mit der er reich wurde. Sehr beachtliche 30 Millionen Tonträger
       haben Scooter weltweit verkauft und sich gerade auch im osteuropäischen
       Ausland eine breite Fangemeinde erspielt. Doch Erfolg macht einsam, heißt
       es oft, vielleicht lässt er auch nur das Gefühl für die Realität
       verwischen.
       
       Irgendwann muss es während der Coronakrise im Gefüge der Band zum Krach
       gekommen sein, denn als es wieder losgeht, steht Baxxter zunehmend allein
       da: Während der Chef im Luxushotel residiert, nächtigen seine beiden
       Co-Musiker in schmalen Zimmern einer mittelprächtigen Hotelkette. Und auch
       der Backstagebereich ist getrennt: Hier die beiden anderen, da Baxxter, der
       eine fast schon tragische Gestalt abgibt, wenn er allein vor dem Spiegel
       steht, Zigarette und ein Wodka-Red-Bull-Gemisch in der Hand und sich vor
       dem Auftritt aufpumpt.
       
       Den Fans war’s offenbar egal, den inzwischen ehemaligen Bandmitgliedern
       augenscheinlich nicht. Auch dank solcher Momente erweist sich Cordula
       Kablitz-Posts „FCK 2020“ weniger als Konzert-, sondern vielmehr als
       Bandfilm und zeigt die Fallstricke des Erfolgs ebenso wie die Folgen von
       Corona. Am Ende gilt für Scooter in Abwandlung der alten Showbusinessregel
       trotz allem: The Rave must go on.
       
       12 Jan 2023
       
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