# taz.de -- Equal-Pay-Urteil: Billigste Ausrede gilt nicht mehr
       
       > Dank des Urteils kann ein Arbeitgeber Ungleichbezahlung nicht mehr mit
       > „Verhandlungsgeschick“ des Mannes rechtfertigen. Ein Schlupfloch ist
       > gestopft.
       
 (IMG) Bild: Wird hoffentlich bald nicht mehr gebraucht: Luftballon zur Aktion Equal Pay Day
       
       Ein wichtiges Schlupfloch für Arbeitgeber, die versuchen, sich aus dem
       europarechtlichen Gebot „gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit“
       herauszuwinden, [1][ist mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts endlich
       gestopft worden]. Lohnunterschiede im Unternehmen zu erfragen, infrage zu
       stellen, im Zweifel aber auch dagegen zu klagen, lohnt sich mehr denn je.
       Vor allem bedeutet das Urteil: Frauen dürfen nicht länger unter Vorteilen
       der Männer in Gehaltsverhandlungen leiden.
       
       Die Klägerin, eine Mitarbeiterin eines sächsischen Metallunternehmens,
       verdiente erheblich weniger als ihr männlicher Kollege. Zwar war beiden
       zunächst 3.500 Euro Gehalt bei Einstellung angeboten worden, der Mann hatte
       sich jedoch geweigert, für dieses Geld zu arbeiten – daraufhin gestand das
       Unternehmen ihm 4.500 Euro Gehalt zu. Das Unternehmen, das sich von seinem
       Arbeitgeberverband vertreten ließ, führte „Verhandlungsgeschick“ an, um den
       Gehaltsunterschied zu rechtfertigen. Die ersten zwei Instanzen trugen diese
       Auffassung noch mit. Das Bundesarbeitsgericht hingegen schloss sich der
       [2][„Gesellschaft für Freiheitsrechte“], die die Klägerin in der Revision
       unterstützte, an und erteilte dieser Argumentation eine klare Absage.
       
       Was der Klägerin in die Karten gespielt haben dürfte, ist, dass die
       Beklagten kaum Substanzielles vortrugen. In einem Rechtsstaat erwarte er
       ein ordentliches Urteil und habe kein Interesse an einem Vergleich, ließ
       der Geschäftsführer wissen. „Selbstverständlich“ sei es legitim, beim
       Einstellungsgespräch eine spätere Gehaltssteigerung nur für den männlichen
       Mitarbeiter zu vereinbaren, trug der Vertreter des Arbeitgeberverbands vor.
       Ausdrücke wie „selbstverständlich“ hört man im juristischen Betrieb oft an
       genau der Stelle, an der sonst ein inhaltliches Argument stehen müsste.
       
       ## Der Weg ist dornig
       
       An der Entscheidung zeigt sich: Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass
       eine [3][Lohndiskriminierung] ein absichtlicher und offenkundiger Verstoß
       sein muss. Es gilt die Vermutung, dass bei einem Gehaltsgefälle für gleiche
       Arbeit eine Diskriminierung vorliegt, die der Arbeitgeber durch objektive
       Gründe widerlegen muss. Der Weg zu „Equal Pay“ ist dornig, aber mit der
       billigsten Ausrede für Arbeitgeber ist es mit diesem Urteil vorbei.
       
       Es nimmt zudem vorweg, was allen Mitgliedstaaten der EU mittelfristig
       ohnehin blüht. Eine nahende EU-Richtlinie wird Deutschland dazu zwingen,
       Equal-Pay-Gesetze mit Sanktionen, individuellen Auskunftsansprüchen und
       strengeren Rechtfertigungskriterien zu erlassen. Dass die Ampelregierung
       sich im Verfahren dazu ihrer Stimme enthalten hatte, ist ohnehin eigentlich
       skandalös.
       
       17 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Urteil-zu-Equal-Pay/!5916726
 (DIR) [2] https://freiheitsrechte.org/themen/gleichbehandlung/equal-pay-photon-meissener
 (DIR) [3] /Lohndiskriminierung-in-Deutschland/!5283663
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Arne Bek
       
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