# taz.de -- Roberto Blanco über Tennis: „Ich gehe dahin, um Spaß zu haben“
       
       > Den Entertainer fasziniert der Sport. Er hat sogar mit Novak Đoković
       > Doppel gespielt und kann erklären, wie es mit dem Welttennis weitergeht.
       
 (IMG) Bild: Roberto Blanco bei den Gerry Weber Open 2007 in Halle (Westfalen)
       
       taz: Herr Blanco, was lieben Sie am Tennis? 
       
       Roberto Blanco: Den Sport. Den habe ich schon als Kind geliebt. Tennis ist
       ein schöner, eleganter Sport. Ich habe mein allererstes Tennisspiel
       gesehen, im Libanon. An der Amerikanischen Universität von Beirut fand ein
       Turnier statt, da sind wir vom Internat aus hingegangen. Wer da gespielt
       hat, weiß ich nicht mehr, aber seit diesem Turnier bin ich Tennisfan. Ich
       selbst habe angefangen zu spielen, als ich meinen ersten Vertrag hatte. Das
       war in Monte-Carlo, es muss Mitte der 1960er Jahre gewesen sein. Ich durfte
       im Tennisklub dort spielen, und da war ein Lehrer, der mir erste Stunden
       gegeben hat.
       
       Man sieht Sie oft [1][bei großen Turnieren], wie Sie schon morgens Spiele
       anschauen. Was sehen Sie dort, was lernen Sie da? 
       
       Sie können auch sagen, wer sich ein Fußballspiel anschaut, schaut sich ein
       Fußballspiel an. Was lernt man da? Ich gucke mir das an, weil ich diesen
       Sport liebe. Ich habe so all die Großen gesehen: von Guillermo Vilas bis
       Roger Federer und Novak Đoković. Aber gelernt habe ich mit meinem Trainer.
       Ich habe später mit den Großen gespielt: Björn Borg, Ilie Năstase, oft
       haben wir Doppel gespielt und haben Pokale gewonnen.
       
       Lernt man einen Menschen im Tennisspiel besser kennen als im Gespräch? 
       
       Nein, wieso? Wenn man gerade Tennis spielt, kann man sich nicht
       unterhalten.
       
       Ich meinte die Art, wie sich ein Mensch über einen verschlagenen Ball oder
       einen Satzverlust ärgert. 
       
       Wenn man gegen jemand spielt oder auch wenn man mit ihm Doppel spielt, dann
       lernt man den Charakter eines Menschen ganz gut kennen. Das ist ja bei
       jedem Sport so. Aber um das herauszufinden, bin ich nicht zum Tennis
       gegangen. Ich bin zum Tennis, um Spaß zu haben.
       
       Trotzdem die Frage nach dem, was man über den Charakter erfährt. 
       
       Ich habe immer mit fairen und netten Sportlern gespielt. Es sind gute
       Freunde, die mit mir Tennis spielen. Es war immer eine faire Sache.
       
       Enttäuscht wurden Sie noch nie? 
       
       Nein, es sind nette Leute. Enttäuscht ist man vielleicht am nächsten Tag,
       wenn man verloren hat. Aber beim Spiel selbst ist man nicht enttäuscht.
       
       Sie haben in den 1960er Jahren mit dem Tennis begonnen. Damals schaffte
       gerade Arthur Ashe den Durchbruch, der erste Schwarze, der 1968 die US Open
       und später auch Wimbledon gewonnen hat. Hatte Arthur Ashe für Sie eine
       besondere Bedeutung? 
       
       Ich habe ihn in Wimbledon gesehen, aber ich bin ihm persönlich nicht
       begegnet. Leider. Er war ja der erste Farbige, der Wimbledon gewonnen hat.
       Vor ihm hatte es eine Frau gegeben, Althea Gibson, die in den 1950ern
       Wimbledon gewonnen hat und sehr gut spielt. Ich war stolz, dass unsere
       Farbe gewonnen hat.
       
       Arthur Ashe hat sich für die amerikanische Bürgerrechtsbewegung engagiert.
       War Ihnen das sympathisch? 
       
       Dazu muss ich sagen: Ich habe diese Sportler als Tennisspieler bewundert.
       Was sie privat machen, das hat mich nicht interessiert. Ich lebe mein
       eigenes Leben, und ich habe anderes zu tun, als zu schauen, was andere
       Menschen machen oder was sie nicht machen. Mich interessiert nur, was auf
       dem Platz geschieht. Ich habe alle Großen kennengelernt: Björn Borg, Ilie
       Năstase, Boris Becker, Ion Tiriac … Die haben mich als Spieler
       interessiert. Aber, ob die zu Hause in der Nase bohren oder was sie sonst
       machen, das interessiert mich nicht. Auf dem Tennisplatz sind sie meine
       Helden.
       
       Ausnahmsweise eine Frage, die nicht vom Tennis handelt. Wie kam es zu Ihrer
       Freundschaft mit Muhammad Ali? 
       
       Ich habe Joe Louis kennengelernt, ich habe Muhammad Ali kennengelernt, und
       auch die deutschen Boxer kannte ich: Peter Müller, Bubi Scholz …
       
       Ali kam bei Ihnen zum Frühstück vorbei, habe ich gehört. 
       
       Er hatte einmal in Zürich geboxt, und wir waren im selben Hotel. Vor der
       Tür hat mich Angelo Dundee gesehen, Alis Trainer. Dem fiel auf, dass ich
       Autogramme gab, und als er erfuhr, dass ich aus Kuba stamme, kam er zu mir.
       Dundee hat ja auch kubanische Wurzeln. Als er sich mir vorstellte, sagte
       ich ihm: Ich kenne Sie, ich bin doch Boxfan. Er fragte mich, ob ich
       Muhammad kennenlernen möchte. Dann bin ich mit meiner Tochter Mercedes in
       Alis Suite gegangen. Ich habe ein Foto, auf dem meine Tochter Ali mit
       Obstsalat füttert. Er fragte mich, wo ich wohne. München, antwortete ich,
       und er erwiderte, dass sein nächster Kampf in München sei. Ich sagte, dass
       ich ihn gern bei mir zu Hause begrüßen würde. Ja, sagte er. Ich fragte, ob
       er bei mir frühstücken wolle. Ja, Frühstück ist gut. Wir machten aus, dass
       ich ihn dann in München im Hotel Bayerischer Hof abhole. Ich bin
       hingefahren, im Hotel habe ich gesagt, dass ich zu Muhammad Ali will. Als
       er mich sah, rief er: „Hey, Roberto, here I am!“ Wir gingen raus, an den
       staunenden Presseleuten vorbei. Ich fragte ihn, ob er keinen Bodyguard
       brauche, aber Ali sagte: Quatsch, ich bin doch dein Bodyguard. Wir stiegen
       in meinen Wagen, und die Leute sind hinter uns hergefahren, mit ihren
       Autos, mit Taxis und allem. Verrückt. Zu Hause hat meine Frau gefragt: Was
       essen Sie gern? Erdbeeren, hat Ali gesagt, Erdbeeren mit Sahne. Meine Frau
       hat ihm einen riesigen Teller mit Erdbeeren zubereitet. Er hat alles
       aufgegessen, und dann sagte er: Bitte, bitte, verraten Sie Angelo nicht,
       dass ich das gegessen habe, sonst muss ich das Dreifache trainieren!
       Muhammad Ali war sehr nett. Auf der Fahrt zurück ins Hotel haben wir uns
       weiter sehr gut unterhalten. Er sagte mir, wie stolz er ist, dass ein
       Farbiger in Deutschland so viel Erfolg hat.
       
       Sind Sportler auch Showmen? Gerade Boxer und Tennisspieler inszenieren sich
       auf großer Bühne, vor aller Augen. 
       
       Es gibt Showmen, natürlich. Novak Đoković ist für mich ein Showman. Auch
       Ilie Năstase war so jemand. Aber [2][Roger Federer] und Rafael Nadal sind
       keine Showmen. Die konzentrieren sich auf ihr Spiel, und vielleicht gehen
       sie irgendwann aus sich heraus. Aber Showmen sind sie nicht.
       
       Gibt es Parallelen zwischen Showgeschäft und Tennis? 
       
       Parallelen finden Sie in jedem Beruf. Wenn Sie arbeiten, müssen Sie
       konzentriert sein. Das hat mit Tennis oder Showgeschäft nichts zu tun, es
       gibt da keine besondere Verwandtschaft.
       
       Im Tennis gibt es oft die großen Konkurrenzen: Borg versus McEnroe,
       Navratilova versus Evert, Federer versus Nadal … 
       
       … die gibt es doch überall: im Showgeschäft genauso wie im Tennis. Der
       Sport lebt von der Konkurrenz.
       
       Die Konkurrenz hat ja oft mit einer bestimmten Art, sein Tennis zu spielen,
       zu tun. Mögen Sie einen bestimmten Spielertyp mehr? 
       
       Ich mag schon die Art von Năstase und Đoković. Die spielen gut und machen
       doch ein bisschen Show. Ich habe ja mit Năstase Doppel gespielt. Das war
       in Düsseldorf. Vorher wurden wir interviewt, und ich sagte: Ich werde mein
       Bestes tun. Năstase sagte: Du tust, was ich dir sage. Ich:
       Selbstverständlich. Er: Du legst dich hin, ich mache den Rest. Wir haben
       sehr viel Spaß gehabt.
       
       Hatten Sie mit Novak Đoković auch Doppel gespielt? 
       
       Ja, das war in München und auch sehr lustig. Noch vor Đokovićs erstem
       Aufschlag ging ich zu ihm und sagte: Sieh zu, dass du einen Doppelfehler
       machst, dann komme ich zu dir. Okay, sagte er, und machte wirklich einen
       Doppelfehler. Moment, Moment, habe ich gerufen, bin zu ihm hin und habe ihm
       gezeigt, wie man den Ball hochwirft. Das Publikum hat sich kaputtgelacht.
       Ich sagte ihm dann noch: Spiel so, wie ich es dir gesagt habe! Und er
       servierte zwei Asse. Wir haben alle so gelacht. Das ist so ein Spaß!
       
       Wir haben bislang nur vom Männertennis gesprochen. Wie interessiert sind
       Sie am Frauentennis? 
       
       Frauentennis hat sich in den vergangenen Jahren sehr verbessert: in Stärke,
       in Technik, in Taktik, in allem. Wie die heute spielen, da könnten die von
       früher nicht mithalten, nicht einmal Steffi Graf. Es ist die Kraft, mit der
       heute gespielt wird, aber es ist auch das Material. Die haben solche
       Schläge drauf, dass man sich denkt: Das darf nicht wahr sein.
       
       Sowohl das Männer- als auch das Frauentennis stehen ja vor einem Umbruch:
       Die Schwestern Venus und [3][Serana Williams] haben aufgehört, Roger
       Federer ebenso. Rafael Nadal und Novak Đoković werden nicht mehr so lange
       spielen. Trauen Sie sich eine Prognose zu, in welche Richtung sich der
       Tennissport entwickelt? 
       
       Die jüngere Generation, die 18- und 19-Jährigen, haben eine andere Art zu
       spielen und zu trainieren. Die spielen alle sehr kraftvoll. Aber als
       Federer angefangen hat, war er auch noch kräftiger. Das ändert sich mit dem
       Alter. Schauen Sie, ich bin jetzt 85 Jahre alt, und zum Glück habe ich noch
       genügend Kraft und bin gesund. Aber Tony Marshall, Costa Cordalis und
       andere sind leider schon verstorben. Nun kommt eine neue Generation. Wenn
       Sie als Journalist 85 sind, wird um Sie herum auch eine neue Generation
       sein.
       
       10 May 2023
       
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