# taz.de -- Die Wahrheit: Meldehelden der Bordsteinkante
       
       > Sollte man Falschparker wirklich ausnahmslos anzeigen? Oder gibt es
       > womöglich wirksamere Maßnahmen? Ein Blick auf den alltäglichen
       > Straßenkampf.
       
 (IMG) Bild: Das übliche Unglück steckt wieder einmal hinterm Scheibenwischer
       
       Neben dem Lackkratzer und, seit es Akku-Autos gibt, der Reichweitenangst
       gehört der Parkdruck in den Städten zu den quälendsten Ängsten deutscher
       Kfzler. Es soll Autohalter geben, die lieber den Bus nehmen, statt einen
       einmal glücklich ergatterten Parkplatz wieder aufzugeben – bevor sie es
       nach spätestens zwei Jahren allerdings müssen: Weil dann TÜV ist.
       
       Die ebenfalls weit verbreitete TÜV-Angst ist demnach weniger eine vor den
       TÜV-Typen und ihren Mängellisten, sondern bloß eine Abart eben jener
       Parkplatzangst – von der übrigens nur Leute, die allenfalls den
       Fahrradführerschein haben, behaupten, dass sie im Grunde völlig grundlos
       sei: Schließlich könnten doch Parks, hehe, gar nicht platzen … echt, man
       möchte diese Witzbolde am liebsten von ihren Scheißrädern holen und in die
       nächste Bordsteinkante beißen lassen; nur findet sich gerade keine, weil
       wieder alle zugeparkt sind. Und wenn, sind die Helmträger längst über alle
       Berge.
       
       Doch schon droht das nächste Ungemach: in Gestalt nämlich eines jener
       Meldehelden, die in ihren Kiezen über den dort nicht mehr vorhandenen
       Parkraum wachen; das heißt: Raum ist da ja nach wie vor, nur dort parken,
       neuerdings nicht mehr erlaubt.
       
       ## Warnblinker leuchten nicht mehr
       
       Daran ändert nun auch der Warnblinker nichts mehr, den man sonst immer
       gleich setzte, um den Fußgängern, in deren Durchgang man notgedrungen „nur
       kurz mal“ stehen musste, zu bedeuten, besser die Straßenseite zu wechseln.
       Oder den Radfahrern, auf deren Weg man eingeparkt hatte (weil man sonst die
       zehn Meter zum Bäcker zu Fuß hätte gehen müssen), zu signalisieren, lieber
       auf die Fahrbahn auszuweichen. Aber jetzt?
       
       ## Handys werden sofort gezückt
       
       „Ja, wo verfickt noch mal kann man denn hier überhaupt noch parken?“ So
       knattert es den selbsternannten Parkplatzwarten entgegen, wenn die
       gezückten Handys angeschissen kommen und jeden Falschparker auffordern,
       sofort wieder Leine zu ziehen „samt deiner Scheißkarre, sonst Foto. Und
       Anzeige!“
       
       Und wie easy Falschparker anzeigen heutzutage geht! Die Foto-App mit quasi
       Standleitung zur zuständigen Knöllchenbehörde gehört ja mittlerweile zur
       Standardausstattung jeden Mobiltelefons. Noch ehe man „Blöder
       Kontrollkasper!“ sagen kann, hat der Meldeheld alles Notwendige in sein
       Endgerät eingegeben, und schon ist ein Parkvergehen aktenkundig. Nur wenige
       Augenblicke später poppt das sogenannte E-Knöllchen im Bordcomputer des
       Falschparkers auf und blockiert den Motor – bis die 2.000 Euro Strafgebühr
       berappt sind. Wenn nicht, kommt in Nullkommanix der Abwracker angedüst, und
       schon ist das falsch geparkte Auto geschrottet …
       
       Schön wär’s. So folgenschwer ist es leider noch lange nicht, ein Kfz
       widerrechtlich abzustellen. Und auch so teuer wird es in einem
       traditionellen Falschparkland wie dem deutschen niemals werden. Umso
       alberner wirkt es, wenn sich trotzdem immer mehr Freiwillige berufen
       fühlen, Falschparker zu melden. Als ob die sich von den paar Strafeuros
       abschrecken ließen, auch weiterhin egal wo zu parken. Statt sich länger zu
       Hilfssheriffs der Behörden zu machen, sollten sich die eifrigen
       Knöllchenritter vielleicht mal fragen: Warum die Autos noch umständlich
       anzeigen? Anzünden geht viel schneller.
       
       18 Apr 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fritz Tietz
       
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