# taz.de -- Girls' Day mit Maxi und Benja: Der Gender-Irrtum
       
       > Der Girls' Day im letzten Jahr lief anders als geplant und brachte mir
       > den bösen Anruf einer Mutter ein. Seitdem will ich damit nichts zu tun
       > haben.
       
 (IMG) Bild: Tut auch jedes Mal so, als würde er dazu gehören: Olaf Scholz beim Girls' Day-Auftakt 2023 in Berlin
       
       Heute ist wieder Girls’ Day. Und ich will damit nichts zu tun haben!
       Letztes Jahr war ich so perplex, als zwei Mädchen – Maxi-Merle und
       Benja-Bente – mir geschrieben haben, dass sie am Girls’ Day zu mir kommen
       wollen!
       
       Was macht man an einem [1][Mädchen-Tag], fragte ich mich damals? So unter
       sich sein wie am Frauen-Tag in der Sauna, nur woanders und unter jüngeren
       Frauen? Sie klärten mich auf: Maxi-Merle und Benja-Bente wollen meine
       Arbeit kennenlernen, stand weiter in der Mail.
       
       Aber wir haben doch keine Frauen-Arbeit in Halle 4. Wir haben bei uns
       [2][nicht mal Frauen]! Und mein lieber Meister Viehtreiber war wenig
       begeistert davon, „dass es draußen bei dem Volk den Anschein hat, als
       würden wir in Halle 4 nur Weiber-Kram erledigen“, meckerte er. „Wir machen
       Autos und keine Plüschtiere“, schimpfte er laut.
       
       „Vielleicht haben die beiden Mädchen türkische Freunde und wollen sehen,
       wie die Türken schuften“, tröstete ich ihn.
       
       „Höchstens zehn Minuten, Osman. Mehr dürfen die beiden Gören den Betrieb
       hier nicht aufhalten“, zischte er.
       
       Im Gegensatz zu ihm waren die Kollegen völlig aus dem Häuschen.
       
       „Endlich mal was ohne Bart und mit hoher Stimme“, freuten sie sich.
       
       „Osman, ich bringe den beiden [3][Mädchen] bei, wie man einen Stapler
       fährt“, jubelte mein Kumpel Hans aufgeregt.
       
       Am [4][Girls’ Day] waren wir alle total gespannt und dann total enttäuscht,
       als die beiden Mädchen Maxi-Merle und Benja-Bente sich als Jungs
       entpuppten.Warum nennen Eltern ihre Brut denn nicht Hans, Horst oder
       Helmut?
       
       „Hans, du wolltest denen doch Staplerfahren beibringen“, knurrte ich.
       
       „Nee, mach du mal. Die wollen sicherlich sehen, wie die Türken schuften“,
       zischte er und gab sofort Gas, um schnell abzuhauen.
       
       Nur mein Meister war richtig erleichtert, und erklärte den Jungs gutgelaunt
       und höchstpersönlich, wie die ganzen Maschinen in Halle 4 funktionieren.
       Nach zwei Stunden waren sie aber damit durch – und ich hatte die beiden
       Jungs noch vier Stunden am Hals.
       
       Also nahm ich sie mit ins türkische Café und versuchte ihnen alle gängigen
       Kartenspiele des [5][Orients] beizubringen. Insbesondere aber, wie man
       dabei erfolgreich schummelt, damit sie später vor dem türkischen
       Schwiegervater nicht als Loser dastehen.
       
       Am nächsten Tag rief mich die Mutter von Maxi, Merle, Benja oder Bente an.
       Und war ziemlich wütend. „Herr Engin, was haben Sie getan? Unsere Jungs
       sollten doch lernen, wie man schreibt!“, brüllte sie.
       
       „Wie man schreibt?“, stotterte ich überrascht.
       
       „Ja. Als ein Schriftsteller, so wie Sie!“
       
       „Öhm… Aber das haben die doch!“
       
       „Nein. Die haben erst zugeguckt, wie man Autos lackiert und Stoßdämpfer
       montiert, und dann haben sie mit Ihnen stundenlang Karten gespielt und
       Fußball geschaut!“, rief sie empört.
       
       „Aber dabei haben sie doch geschrieben“, wehrte ich mich. „Die haben
       sämtliche Spielstände notiert, und auch alle Getränke aufgeschrieben, die
       wir getrunken haben. Viel mehr schreibe ich ja auch nicht.“
       
       27 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.girls-day.de/
 (DIR) [2] /Sexismus-und-Belaestigung-im-Handwerk/!5857800
 (DIR) [3] /Kampf-gegen-Genderstereotype/!5851369
 (DIR) [4] /Gleichberechtigung-in-der-Karriere/!5847324
 (DIR) [5] /Die-Wahrheit/!5266216
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Osman Engin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Alles getürkt
 (DIR) Girls
 (DIR) Mädchen
 (DIR) Gleichberechtigung
 (DIR) Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
 (DIR) Kolumne Alles getürkt
 (DIR) Kolumne Alles getürkt
 (DIR) Kolumne Alles getürkt
 (DIR) Kolumne Provinzhauptstadt
 (DIR) Schwerpunkt #metoo
 (DIR) Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Meine Tochter, die Schule und der Regen: Ein Tag zum Vergessen
       
       Immer muss ich meine Tochter zur Schule bringen. Außerdem vergesse ich
       ständig etwas. Und dann war da auch noch dieser Regen.
       
 (DIR) Neues Geschäftsmodell: Wahlrecht im Angebot
       
       Mein Sohn Mehmet kauft Wahlunterlagen von Nichtwählern und vertickt sie in
       seiner „Wahlrecht-Mitbenutzungs-Zentrale“. Das zieht auch die Polizei an.
       
 (DIR) Meine Familie am 1. Mai: Solidarität mit der Polizei
       
       Den Tag der Arbeit verbrachten alle Mitglieder meiner Familie genau so, wie
       sie wollten. Einen Tag später stand die Polizei vor unserer Tür.
       
 (DIR) Zukunftstag in Niedersachsen: So wirksam wie schmutzige Socken
       
       Der Boysday ist schlecht organisiert und weitgehend wirkungslos, glaubt die
       Kolumnistin. Aber die Kultusministerin sieht das natürlich ganz anders.
       
 (DIR) Sexismus und Belästigung im Handwerk: Lieber nicht zu viel lächeln
       
       Sexismus, sogar sexuelle Belästigung erleben viele Handwerkerinnen. Noch
       immer dominieren dort Männer, Schutzmaßnahmen gibt es kaum.
       
 (DIR) Gleichberechtigung in der Karriere: Schafft den Girls’ Day ab!
       
       Beim Girls' Day lernen Schülerinnen einen „typisch männlichen“ Beruf
       kennen. Das soll Klischees überwinden, doch verfestigt sie nur.