# taz.de -- Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Google muss Fake News entfernen
       
       > Zum „Recht auf Vergessenwerden“ bei Falschinformationen hat der
       > Bundesgerichtshof entschieden und die Rechtsprechung des EuGH bestätigt.
       
 (IMG) Bild: Bei unrichtigen Informationen hat das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen immer Vorrang
       
       KARLSRUHE taz | Google muss Texte mit nachweisbar falschen Informationen
       auf Antrag der Betroffenen aus seiner Trefferliste entfernen. Das entschied
       nun auch der Bundesgerichtshof (BGH). Die obersten Zivilrichter und
       -richterinnen Deutschlands setzten damit ein Grundsatzurteil des
       Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Dezember 2022 um.
       
       Das „Recht auf Vergessenwerden“ gibt es seit dem Jahr 2014. Es beruhte
       zunächst nur auf einem EuGH-Urteil. Danach kann jeder von Google und
       anderen Suchmaschinenbetreibern verlangen, dass bestimmte Texte nicht mehr
       in der Trefferliste zum eigenen Namen auftauchen. Google muss dem folgen,
       wenn keine öffentlichen Interessen entgegenstehen.
       
       Seit Mai 2018 ist das „Recht auf Vergessenwerden“ auch ausdrücklich in der
       EU-weit gültigen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geregelt. Danach sind
       die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen im Einzelfall mit den
       Grundrechten der anderen Beteiligten abzuwägen, etwa der Pressefreiheit der
       Medien und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Details hierzu
       waren aber noch ungeklärt, insbesondere wer im Fall der Fälle die
       Beweislast trägt, wenn Informationen angeblich falsch sind.
       
       Im konkreten Fall ging es um ein Ehepaar aus der
       Finanzdienstleisterbranche, das von einer US-Webseite als unseriös
       gebrandmarkt wurde. Das Ehepaar warf seinerseits der US-Webseite vor, sie
       berichte absichtlich falsch, um sie zu erpressen. Google lehnte 2015 den
       Auslistungsantrag des Ehepaars ab. Die Begründung: Man könne nicht
       beurteilen, ob die US-Berichte korrekt seien. Der Fall landete beim BGH,
       der den EuGH einschaltete, weil es um die Auslegung von europäischem Recht
       geht.
       
       ## Datenschutz auf EU-Ebene
       
       Die eigentliche Grundsatzentscheidung hat der EuGH bereits im Dezember 2022
       getroffen. Danach hat bei unrichtigen Informationen das
       Persönlichkeitsrecht der Betroffenen immer Vorrang und die Meinungs- und
       Informationsfreiheit muss zurückstehen. Dies gelte auch, wenn nur ein Teil
       der Informationen falsch ist, diese Informationen aber für den
       Gesamtartikel „nicht unwesentlich“ sind. Bei Fake News muss Google also
       immer den Link aus seiner Trefferliste zur betroffenen Person entfernen.
       
       Die Beweislast für die Unrichtigkeit der Informationen haben allerdings die
       Betroffenen, in diesem Fall also das Ehepaar, das die Auslistung
       beantragte. Dabei kann von den Betroffenen nicht verlangt werden, dass sie
       die Unrichtigkeit der Information erst in einem Gerichtsverfahren klären
       lassen.
       
       Dies hatte der BGH zunächst vorgeschlagen. Es muss genügen, so die aktuelle
       Entscheidung des Vorsitzenden Richters des sechsten Zivilsenats, Stephan
       Seiters, wenn Google „relevante und hinreichende“ Nachweise für die
       Unrichtigkeit vorgelegt werden.
       
       Ist die Unrichtigkeit offensichtlich, muss Google den entsprechenden Text
       auslisten, so der EuGH. Wenn die Beweise aber nicht offensichtlich sind,
       muss Google nicht selbst recherchieren. Dann müssen die Betroffenen doch
       eine gerichtliche Klärung versuchen. Sie können von Google dann aber
       verlangen, dass in der Trefferliste auf das laufende Gerichtsverfahren
       hingewiesen wird.
       
       Bei Anwendung dieser Regeln kam der BGH nun zum Schluss, dass Google keinen
       der drei von dem Ehepaar beanstandeten Artikel aus der Trefferliste
       entfernen muss. Ein Artikel enthält schon keine personenbezogenen
       Informationen, außerdem konnte das Ehepaar bei den anderen beiden Texten
       nicht nachweisen, dass die Informationen „offensichtlich unrichtig“ sind.
       
       Erfolg hatten sie nur in einer Randfrage. Google darf ihre Fotos nicht in
       der Trefferliste als kleine, etwa daumennagelgroße Vorschaubilder
       („Thumbnails“) anzeigen, weil die Bilder in diesem Kontext keinen eigenen
       Informationswert haben.
       
       23 May 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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