# taz.de -- Ugandas Männer zweifeln Vaterschaften an: Ist das wirklich mein Kind?
       
       > Viele Männer in Uganda zweifeln die Vaterschaft ihrer Kinder an.
       > Politiker wittern eine Verschwörung der LGBITQ-Gemeinschaft.
       
 (IMG) Bild: Eine Speichelprobe wird von einem Schnuller genommen
       
       Sie kommen mit Haaren und Fingernägeln ihrer Kinder daher, um deren
       Abstammung nachzuweisen. In den sozialen Netzwerken werden Tips
       ausgetauscht, wo es die billigsten und schnellsten Vaterschaftstests gibt.
       Als eine „weitere Pandemie“ bezeichnet Ugandas Minister für
       Kommunikationstechnologie, Chris Baryomunsi, den jüngsten Ansturm auf
       Ugandas Test-Labore, die seit der Corona-Pandemie zumindest in der
       Hauptstadt an jeder Straßenecke zu finden sind. Doch dieses Mal verlangen
       die Ugander keine Corona-Tests, sondern Vaterschaftstests.
       
       Es war eine simple Pressekonferenz des Innenministeriums im Juni, die eine
       ganze Lawine an landesweiten Ereignissen auslöste. Denn Pressesprecher
       Simon Mundeyi berichtete von einem Behördenvorfall, bei welchem ein Vater
       die Personalausweise und Pässe seiner sechs Kinder als ungültig deklarieren
       wollte, nachdem er herausgefunden hatte, dass sie nicht seine biologischen
       Kinder seien. Auch die hohen Schulgebühren wollte er nicht mehr zahlen.
       
       Keine zwei Wochen später meldete Ugandas Innenministerium Rekordzahlen bei
       den Vaterschaftstests im bislang einzig dafür zugelassenen, staatlichen
       Labor, das dem Ministerium untersteht. Bis zum vergangenen Jahr wurden dort
       durchschnittlich drei Vaterschaftstests pro Monat durchgeführt. Die
       Nachfrage sei jüngst um 70 Prozent gestiegen. Allein vergangene Woche kamen
       40 Väter zum DNA-Test, so Ministeriumssprecher Mundeyi.
       
       In nur wenigen Tagen haben zahlreiche weitere, private Laboreinrichtungen
       auf den Hype reagiert und bieten diese Tests jetzt ebenfalls an. Überall
       wird jetzt mit Dumpingpreisen Werbung gemacht. Während ein DNA-Nachweis im
       staatlichen Labor umgerechnet fast 200 Euro kostet, bieten ihn einige
       private Einrichtungen jetzt zum halben Preis an. Das Gesundheitsministerium
       warnt vor möglichen falschen Ergebnissen, wenn die Tests nicht
       professionell durchgeführt werden, und stellte kurzerhand neue Regeln auf:
       Laut diesen müssen sich jetzt alle Laboreinrichtungen lizenzieren, um
       sicherzustellen, dass sie die Qualitätsstandards erfüllen. Zudem dürfen
       [1][DNA-Test] bei Minderjährigen in Zukunft nur noch unter Anwesenheit
       beider Elternteile durchgeführt werden.
       
       ## DNA-Tests bei Minderjährigen nur unter Eltern-Aufsicht
       
       Negative Vaterschaftstests führten bereits auf zahlreichen ugandischen
       Behörden zu aufgebrachten Szenen und Betriebsamkeit. So erhielt Ugandas
       Immigrationsbehörde, die für die Ausstellung von Reisepässen zuständig ist,
       allein vergangene Woche 32 Anträge von Vätern, die die Pässe ihrer Kinder
       annullieren wollten.
       
       Am Dienstag debattierte Ugandas Parlament das Problem und wies die
       Regierung an, eine Verordnung zu erlassen, wie damit umzugehen sei. „Die
       Sache bedarf einer Regulierung“, so Vize-Parlamentsvorsitzender Thomas
       Tayebwa, „denn die Kinder sind die größten Opfer“, polterte er im
       vollbesetzten Sitzungssaal.
       
       Viele Abgeordnete, das wurde in der Debatte deutlich, sehen hinter dem
       Ansturm auf die DNA-Testlabore eine Verschwörung von außen. Die Abgeordnete
       Sarah Opendi, Vorsitzende des Familienausschusses, zählt ebenso wie
       Vize-Parlamentssprecher Tayebwa zu jenem erzkonservativen Zirkel
       ugandischer Politiker*innen, die im März das sogenannte
       [2][Anti-Homosexualitätsgesetz] im Eilverfahren durch alle Instanzen gejagt
       hat. Bereits in diesem Kontext wurden Verschwörungstheorien diskutiert,
       nachdem Homosexualität etwas zutiefst Anti-Afrikanisches sei. Jetzt
       beschuldigt Opendi Ugandas [3][LGTBQI-Gemeinde] eines Komplotts:
       „Vielleicht versuchen jetzt diejenigen, die gegen das
       Anti-Homosexualitätsgesetz waren, die Familienstrukturen mittels
       Vaterschaftstests zu zerstören“, so Opendi.
       
       Als traditionelle Methode eines Vaterschaftstests wurden in der Geschichte
       Ugandas die umstrittenen Babys von ihrem vermeintlichen Vater in einem
       geflochtenen Korb auf dem Victoriasee ausgesetzt. Ging der Korb mit dem
       Baby nicht unter, galt die Vaterschaft als erwiesen.
       
       8 Jul 2023
       
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