# taz.de -- Streubombenlieferungen an die Ukraine: Zu viel Verständnis in Berlin > Die Ankündigung der USA, Streubomben in die Ukraine zu liefern, ist stark > umstritten. Die Zurückhaltung der Bundesregierung ist fehl am Platz. (IMG) Bild: Von Biden freigegeben: Streumunition, hier verladen von US-Militärs 2016 Nicht explodierte Sprengkörper aus Streubomben, die die USA vor Jahrzehnten in Vietnam, Laos und Kambodscha und später im Irakkrieg eingesetzt hatten, fordern nach wie vor jährlich Hunderte Todes- und Verstümmelungsopfer unter der Zivilbevölkerung der betroffenen Länder. Humanitäre Hilfsorganisationen rechnen mit bis zu weiteren 50 Jahren bis zur vollständigen Räumung dieser Munition. Eine ähnliche Gefährdung droht der ukrainischen Zivilbevölkerung. Verantwortlich dafür ist in erster Linie die Streumunition, die die russischen Angreifer bereits Hunderte Male einsetzten. In deutlich geringerem Umfang haben aber auch die ukrainischen Verteidigungsstreitkräfte bereits Gebrauch von Streumunition gemacht. Die jetzt [1][von der US-Administration geplante Lieferung von Streubomben] an Kyjiw wird die Gefährdung der ukrainischen Zivilbevölkerung noch erhöhen. Bis zu 3,7 Millionen Streubomben mit jeweils rund 80 Sprengkörpern könnte das Pentagon der Ukraine zur Verfügung stellen. Die von [2][US-Präsident Joe Biden] demonstrierte „Zuversicht“, von diesen insgesamt rund 300 Millionen Sprengköpfen würden lediglich „unter 2,35 Prozent“ Blindgänger bleiben, ist grob verharmlosend und irreführend. Der Rechnung nach wären das noch immer knapp 7 Millionen nicht explodierte Sprengköpfe. Außerdem sind die „2,35 Prozent“ das Ergebnis von Labortests. ## Blindgängerquote zwischen 20 und 40 Prozent In realen Kriegen, in denen diese US-Streumbomben in den letzten 20 Jahren zum Einsatz kamen, wie in Irak, Libyen oder durch Saudi-Arabien im Jemen, lag die Blindgängerquote zwischen 20 und 40 Prozent. Während Spanien und Großbritannien die Lieferentscheidung der USA kritisieren, zeigt die Bundesregierung Verständnis. In der Ukraine bestehe „eine besondere Konstellation“, da „die Ukraine eine solche Munition zum Schutz der eigenen Zivilbevölkerung einsetzt“, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Zudem habe „Russland bereits in großem Umfang Streumunition eingesetzt“. Mit dieser Haltung missachtet die Bundesregierung das humanitäre Völkerrecht. Dessen Bestimmungen zum Schutz der Zivilbevölkerung gelten unterschiedslos für den Angreifer wie für den Angegriffenen. In derselben Logik könnte die Ampelkoalition demnächst auch die bereits im Februar von der Regierung Wolodimir [3][Selenskis geforderte Lieferung von Phosphorwaffen] an die Ukraine rechtfertigen, sollte Russland derartige Waffen einsetzen. Zudem missachtet die Bundesregierung ihre Verpflichtungen des [4][Oslo-Abkommens zum Verbot von Streumunition]. Danach müsste sie versuchen, „Staaten, die dem Abkommen nicht angehören“, vom Streumunitionsgebrauch abzuhalten. 9 Jul 2023 ## LINKS (DIR) [1] /Einsatz-von-Streubomben-in-der-Ukraine/!5913962 (DIR) [2] https://edition.cnn.com/2023/07/07/politics/joe-biden-cluster-munitions-ukraine/index.html (DIR) [3] /Muenchner-Sicherheitskonferenz/!5916886 (DIR) [4] https://www.clusterconvention.org/convention-text/ ## AUTOREN (DIR) Andreas Zumach ## TAGS (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Streubomben (DIR) Rüstungsgüter (DIR) Joe Biden (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Umstrittene Waffenlieferung: Dilemma mit Streuwirkung Die Lieferung der verpönten, aber legalen Streumunition wurde notwendig, weil die Ukraine nicht ausreichend mit anderen Waffen versorgt wurde. (DIR) +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Erdogan will erst über EU reden Der türkische Präsident will vor seinem Ja zum Nato-Beitritt Schwedens über den EU-Beitritt der Türkei verhandeln. Nato noch nicht einig über Ukraine-Beitritt. (DIR) Waffenlieferungen an die Ukraine: Kritik an Streubombenvorstoß der USA Die USA wollen der Ukraine panzerbrechende Streumunition liefern. Während Kyjiw Bedenken entgegentritt, äußern Nato-Verbündete Vorbehalte. (DIR) Einsatz von Streubomben in der Ukraine: Nicht alle sind verboten Die USA wollen Streubomben an die Ukraine liefern. Weil sie Zivilisten gefährden, ist ihr Einsatz geächtet – außer der von kleineren Bomben. (DIR) Streumunition für die Ukraine: Tödlich und nutzlos Lieferung und Einsatz geächteter Streumunition bringen Kyjiw militärisch wenig und schaden der Solidarität. Für die Zivilbevölkerung geht der Schrecken weiter. (DIR) Deutschland sorgt für Ausnahmen: Kein totales Verbot von Streubomben Deutschland und andere Nato-Staaten setzen beim künftigen Streubombenverbot Ausnahmen für angeblich ungefährliche Munitionstypen durch.