# taz.de -- Protest gegen Lebensmittelpreise in Kenia: Tote bei Ausschreitungen
       
       > Vor allem Jugendliche protestieren gegen wirtschaftliche Ungleichheit.
       > Sie blockierten Straßen und griffen Polizisten an. Sechs Menschen
       > starben.
       
 (IMG) Bild: Ein Polizist verschießt Tränengas bei Protesten der Opposition in Nairobi am 12. Juli
       
       KAMPALA taz | Erst langsam beruhigt sich die Lage in Kenia, nachdem der
       Staub sich gelegt und das Tränengas sich verzogen hat. Nach Angaben der
       Polizei sind bei den Protesten gegen steigende Lebensmittelpreise in den
       vergangenen Tagen sechs Menschen ums Leben gekommen, weitere zehn seien
       verletzt ins Krankenhaus eingeliefert worden.
       
       Fast zwei Tage lang haben vor allem Jugendliche in der Hauptstadt Nairobi,
       aber auch in anderen Städten wie Mombasa demonstriert. Sie blockierten
       wichtige Überlandstraßen mit brennenden Reifen, warfen Steine gegen die
       anrückenden Polizeieinheiten.
       
       Ein Angriffsziel der Protestler war eine Mautstation am Stadtrand von
       Nairobi, wo Autofahrer ihre Gebühren für die Nutzung des Express-Highways
       nach Mombasa bezahlen müssen. Für viele ist dies ein Symbol der
       wirtschaftlichen Ungleichheit im Land: Während die reichen Leute die Maut
       bezahlen, stehen die Armen im Stau.
       
       Im Verlauf der Proteste kam es zu Plünderungen von Läden und Warendepots.
       Die Polizei rückte mit Gummigeschossen und Tränengas an, um die
       Demonstrationen zu stoppen. Bereits nach Protesten vergangene Woche hatte
       die Regierung sämtliche Demonstrationen verboten.
       
       ## Polizei erschießt Demonstrierende
       
       Dieses Mal griff die Polizei deswegen hart durch. Mindestens vier der Toten
       seien von Polizisten erschossen worden, so die Polizeierklärung. Zwei
       Demonstranten hätten zuvor eine Polizeistation in Brand gesetzt, ein
       weiterer Protestler sei bei einem Angriff auf einen Polizeikonvoi auf einem
       Highway am Stadtrand von Nairobi ums Leben gekommen. Über 50 Kinder im
       Alter zwischen zehn und 15 Jahren mussten laut Angaben der Schule Eagle
       Nursing Home in Nairobi im Krankenhaus behandelt werden, nachdem Tränengas
       in ihre Klassenzimmer gesprüht worden war.
       
       ## Opposition ruft zu landesweiten Protesten auf
       
       Die Opposition hatte am Mittwoch zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit
       [1][zu landesweiten Protesten] aufgerufen. Der Grund sind steigende Preise
       als Folge einer jüngst von der Regierung beschlossenen Steuererhebung, so
       [2][Oppositionsführer Raila Odinga]. Er hat angekündigt, nächste Woche
       erneut drei Tage lang protestieren zu wollen.
       
       Kenias Innenminister Kithure Kindiki warnt die Protestler vor harten
       Konsequenzen: Die Behörden würden ein solches Chaos nicht weiter zulassen:
       „Diese Kultur der Straflosigkeit wird ein Ende haben!“ Kenias Polizeichef
       Japhat Koome hatte bereits am Dienstag klargestellt, dass jegliche
       unangemeldeten Protestaktionen gegen das Gesetz seien und die Polizei
       dagegen mit harter Hand vorgehen werde.
       
       Oppositionsführer Odinga beschuldigte in einem Interview die Polizei, an
       der Eskalation schuldig zu sein: „Unsere Proteste sind so lange friedlich,
       bis die Polizei kommt und versucht und auseinander zu treiben“, sagte er.
       Kenias Menschenrechtskommission hat angekündigt, die Umstände der Tötung
       der sechs Demonstranten untersuchen zu wollen.
       
       ## Hohe Preise als Folge der Corona-Pandemie
       
       Kenia ist eines von vielen Ländern Afrikas, die noch immer mit den
       [3][Langzeitfolgen der Corona-Pandemie] zu kämpfen haben. Die zu Zeiten des
       Lockdowns [4][stark angestiegenen Preise] sind nie wieder hinuntergegangen.
       Spürbar wird dies vor allem bei den hohen Kosten für Benzin und Diesel, die
       Preissteigerungen bei fast allen anderen Waren zur Folge haben, weil fast
       alles mit Lastwagen transportiert werden muss.
       
       Wie andere Staaten kämpft auch Kenia zudem mit einer hohen
       Staatsverschuldung. Dies erzeugt für die Steuerzahler eine Last, diese
       Schulden mit hohen Zinsen abbezahlen müssen. Ende Juni wurde im Kabinett
       der neue Haushaltsplan verabschiedet. Darin sind weitere Steuererhebungen
       auf Benzin und Diesel vorgesehen, was zu weiteren Preisanstiegen führen
       wird. Gegen diese protestiert nun die Opposition. Präsident William Ruto
       war vergangenen September [5][mit einem Versprechen an die Kenianer ins Amt
       gezogen], dass er den armen Leuten das Leben erleichtern würde. Jetzt zeigt
       sich, dass dieses Versprechen nicht gehalten wird.
       
       Kenias Geschäftsverband (KEPSA) schätzt, dass sich der Sachschaden durch
       geplünderte Läden, Lastwagen und Depots auf umgerechnet fast 19 Millionen
       Euro beziffern könnte. Sollte die Wirtschaft und der Handel nächste Woche
       durch weitere Aktionen am Boden liegen, könnten die Preise sogar noch
       weiter steigen.
       
       14 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schlindwein
       
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