# taz.de -- Deutsche Position zur neuen Gentechnik: Bayer und Bioland gegen Enthaltung
       
       > Der Agrarchemiekonzern und der Ökobauernverband sind sich einig: Beide
       > verlangen von der Ampel eine klare Position in Sachen
       > Gentechnik-Pflanzen.
       
 (IMG) Bild: Genetisch veränderte Haferkeime in einem Pflanzenbiotechnologieunternehmen in Gatersleben
       
       BERLIN taz | Der weltgrößte Saatgutkonzern Bayer und Deutschlands
       mitgliederstärkster Ökobauernverband Bioland haben die Bundesregierung
       aufgefordert, sich zur neuen [1][Gentechnik] zu positionieren. „Wenn das
       größte Land und die größte Volkswirtschaft Europas sich nicht positioniert,
       was sich ja schon in den Vordebatten ein bisschen angebahnt hat, dann wäre
       das furchtbar“, sagte Bioland-Präsident Jan Plagge der taz mit Blick auf
       die Vorschläge der EU-Kommission, die Regeln für Risikoprüfung und
       Kennzeichnung vieler Gentechnik-Pflanzen zu lockern.
       
       „Ich bin der gleichen Meinung: Enthaltung ist keine Haltung. Die
       Bundesregierung sollte eine Position finden“, so Matthias Berninger,
       Cheflobbyist von Bayer [2][in einem von der taz organisierten
       Streitgespräch]. Der Rat der EU-Agrarminister will am Dienstag das erste
       Mal über die Vorlage der Kommission diskutieren.
       
       Die EU-Kommission hat Anfang Juli vorgeschlagen, die Kennzeichnungspflicht
       für Pflanzen aufzuheben, die mithilfe neuer Gentechnik-Methoden wie
       Crispr/Cas geschaffen worden sind. Auch die Tests auf Gesundheitsrisiken
       sollen weitgehend wegfallen. Denn die neue Gentechnik verspricht Getreide,
       das besser mit der Klimakrise klarkommt. Doch Umweltschützer warnen: Am
       Ende könnte es nur Sorten geben, die beispielsweise noch mehr
       Pestizideinsätze ermöglichen und durch Patente die Macht von Konzernen
       erweitern.
       
       Plagge verlangte, dass die Ampelkoalition umfangreiche Änderungen
       durchsetzt: „Wie sie sich positionieren sollte? So wie das zumindest Teile
       der Bundesregierung schon getan haben: Es muss eine Koexistenz gesichert
       werden, damit es tatsächlich einen fairen Wettbewerb der unterschiedlichen
       Systeme geben kann.
       
       Dafür brauchen wir Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit, Koexistenzmaßnahmen,
       noch anders, als sie die EU-Kommission vorgeschlagen hat, und wir brauchen
       auf jeden Fall parallel eine Lösung für die offene Patentfrage.“ Plagge
       befürchtet, dass die Lockerung der EU-Regeln eine Flut von Patenten auf
       Pflanzen zur Folge haben könnte. Andere Züchter dürfen diese Pflanzen nicht
       weiterzüchten ohne die Zustimmung des Patentinhabers, was den
       Züchtungsfortschritt hemmen könnte.
       
       ## Bayer verspricht Patentausnahmen für kleine Züchter
       
       Berninger dagegen versprach: „Die kleineren Züchter in Europa – und wir
       reden hier von Züchtern mit deutlich zweistelligen Millionenumsätzen –
       werden Zugang haben.“ Die Wissenschaftsministerinnen von Baden-Württemberg,
       Hamburg und auch auf Bundesebene, die die Vorlage der Kommission begrüßt
       haben, hätten die richtige Tendenz vorgegeben. „Man kann jeden Vorschlag
       verbessern, das Ziel muss aber sein, dass man diese neuen Innovationen
       willkommen heißt.“
       
       Während Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) den
       Vorstoß der Kommission begrüßt hatte, äußerten sich Umweltministerin Steffi
       Lemke und Agrarminister Cem Özdemir (beide Grüne) kritisch. Sollte sich die
       Ampelkoalition nicht einigen, müsste sie sich im Rat der EU-Mitgliedstaaten
       enthalten. Das Gremium entscheidet gemeinsam mit dem EU-Parlament, ob die
       neue Verordnung in Kraft tritt.
       
       Die vollständige Textfassung des Streitgesprächs wird in Kürze auf taz.de
       erscheinen.
       
       24 Jul 2023
       
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