# taz.de -- Krise des deutschen Fußballs: Als Lohn gibt’s nichts als Mitleid
       
       > Der DFB hat einen neuen Sportmanager. Doch ein Bundestrainer wird
       > weiterhin verzweifelt gesucht.
       
 (IMG) Bild: Schwierige Zeiten: Ilkay Gündogan und Pascal Groß in gebückter Haltung
       
       Alle lieben ihn. Viele dürfte es nicht geben, die besser sind. Er ist
       Fußballtrainer und Deutscher. Sein Name ist Jürgen Klopp. Natürlich wird er
       nicht Trainer der deutschen Fußballnationalmannschaft. Warum sollte er sich
       das antun? Gewiss, der Jubel über einen Bundestrainer Klopp wäre ohne
       Grenzen. Er ist der letzte aktive deutsche Fußballmessias. Allein wegen ihm
       würden die Massen in die Stadien drängen.
       
       Auch bei Testspielen gegen Liechtenstein oder einem WM-Qualifikationsspiel
       gegen San Marino wären die größten Arenen schnell ausverkauft. Er müsste
       nur einmal seine blitzeblanken Zähne zeigen, seinen Jüngern nur kurz
       zulächeln, und die Menschen würden schnell vergessen, dass sie [1][nach
       einem 2:1 im September 2023 gegen Vizeweltmeister Frankreich] gerufen
       haben: „Rudi, Rudi, noch einmal – es ist so wunderschön!“
       
       Aber Jürgen Klopp arbeitet in der Premier League beim FC Liverpool. Und
       niemand pilgert in diesen Tagen dorthin, um ihn zu überzeugen, den Auftrag
       zur Rettung des deutschen Fußballs zu übernehmen. Nein, nicht weil er da
       noch „Vertrag hat“, wie es in der Fußballsprache heißt.
       
       Nein, nicht einmal der größte Fan der Nationalmannschaft möchte, dass sich
       Klopp das antut. Alle haben Verständnis dafür, dass er nicht bei einem
       Verband anheuern möchte, der so abgewirtschaftet ist wie der DFB. Der beste
       deutsche Trainer will also nicht die Nationalmannschaft übernehmen, und
       alle haben das größte Verständnis dafür. Das sagt viel über den größten
       Sportfachverband der Welt aus.
       
       ## Retter Rettig?
       
       Verwundert mag sich dann mancher am Freitagmittag die Augen gerieben haben,
       als der DFB verkündete, [2][dass Andreas Rettig der neue Geschäftsführer
       Sport beim Verband werden soll]. Der 60-Jährige gilt als ausgewiesener
       Kurvenversteher und hat sich immer wieder auch von Ultras Applaus geholt,
       wenn er den investorensüchtigen Bundesligaverband DFL kritisierte, dessen
       Chef er von 2013 bis 2015 selbst einmal war.
       
       Über den DFB hat er in den vergangenen Jahren nur selten ein gutes Wort
       verloren. Immerhin bringt er Erfahrung aus den unterschiedlichsten
       Profikonstrukten des deutschen Fußballs mit. Er war Manager beim
       Konzernklub Bayer Leverkusen und Geschäftsführen beim Kultklub FC St.
       Pauli.
       
       Er hat für den gerne so korrekten Musterverein SC Freiburg ebenso
       gearbeitet wie für den mausgrauen FC Augsburg. Irgendwie steht er für
       alles, was es im deutschen Fußball gibt – außer für den herausragenden
       sportlichen Erfolg. Das passt vielleicht ganz gut zum DFB der vergangenen
       Monate.
       
       Jetzt ist er also für die Nationalmannschaften sowie die Akademie des
       Verbands in Frankfurt am Main zuständig und somit der oberste Trainersucher
       des DFB. Ob nun die Finger in der Trainerwelt hochgehen? Ob sich nun
       endlich ein anderer als der allseits belächelte Altmeistertrainer Felix
       Magath meldet, der sich den Job zutraut?
       
       ## Schnell gewinnen, schnell verlieren
       
       Zu Julian Nagelsmann, dem juvenilen Trainer, der beim FC Bayern in der
       vergangenen Saison rausgeworfen wurde, weil … – [3][ja, warum eigentlich
       gleich wieder?] – egal, zu dem 36 Jahre jungen Trainer soll der Verband
       mittlerweile Kontakt aufgenommen haben, wie es heißt. Dass er Mannschaften
       trainieren kann, ist unbestritten.
       
       Aber auch hier steht die Frage im Raum, warum er sich das antun sollte.
       Beim runtergekommenen Nationalteam kann man schnell viel gewinnen. Rudi
       Völler hat ein einziges Spiel dafür gereicht. Wie viel man verlieren kann,
       zeigt [4][das Schicksal des entlassenen Hansi Flick].
       
       Der ist in kürzester Zeit vom gefeierten Trainer, der mit dem FC Bayern das
       Triple aus Meisterschaft, nationalem Pokal und Champions League gewonnen
       hat, zum Verantwortlichen einer der größten sportlichen Krisen im deutschen
       Fußball abgestiegen. Viel Mitleid hat er am Ende bekommen. Das ist der
       einzige Lohn, den ein Bundestrainer derzeit bekommen kann. Auch das sagt
       viel über den DFB aus.
       
       15 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Stimmungsumschwung-im-DFB-Team/!5956872
 (DIR) [2] https://www.dfb.de/news/detail/rettig-neuer-dfb-geschaeftsfuehrer-sport-254955/
 (DIR) [3] /Trainerwechsel-bei-Bayern-Muenchen/!5921315
 (DIR) [4] /DFB-suspendiert-Bundestrainer-Flick/!5956518
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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