# taz.de -- Platz nach Kommunistenjäger benannt: Hamburg ehrt den Falschen
       
       > Der Bezirk Mitte benennt einen Platz nach dem ehemaligen Bürgermeister
       > Peter Schulz. Der SPDler ließ 1971 das erste Berufsverbot exekutieren.
       
 (IMG) Bild: Ein Ölgemälde im Rathaus gibt es schon von Peter Schulz: Olaf Scholz hat es 2014 enthüllt
       
       Ein Platz in der Hamburger Innenstadt heißt seit gestern nach Peter Schulz.
       Sein Name solle damit „im kollektiven Gedächtnis unserer Stadt erhalten“
       bleiben, heißt es im Antrag von SPD, CDU und FDP in der Bezirksversammlung
       Mitte dazu.
       
       Wer war Peter Schulz und was macht ihn für das kollektive Gedächtnis der
       Stadt so wertvoll? Am 9. Juli 1971 war der Jurist Schulz als Nachfolger von
       Herbert Weichmann Erster Bürgermeister geworden. Vorher war er erst Senator
       für Justiz, dann für Schule und Jugend gewesen.
       
       In einer Mischung aus frappierender Offenheit und grenzenloser Arroganz
       schreibt er dazu in seinen 2009 veröffentlichten Memoiren „Rostock, Hamburg
       und Schanghai“: „Mein schulpolitischer Sachverstand ging über den des
       gewesenen Schülers und jungen Vaters nicht hinaus. Weder bei den Jusos noch
       im SDS oder in der Parteiarbeit noch in der Bürgerschaft hatte ich mich mit
       Bildungspolitik beschäftigt – und nun Schulsenator?“ -
       
       „'Mut ist Mangel an Fantasie’ lautet ein kluges Bonmot; war es diese Art
       von Mut, die mich Ja sagen ließ? Unsere schöne und listenreiche Sprache
       nutzt den Begriff 'Mut’ ja auch als Brücke, als Verbindung zwischen Demut
       und Hochmut. In mir war damals wohl von allem ein bisschen: vom Hochmut
       desjenigen, der sich ohne große Selbstzweifel jede Aufgabe zutraut, von der
       Demut dessen, der aus Pflichtgefühl bereit ist, jede Aufgabe zu übernehmen,
       die auferlegt wird, und schließlich auch vom Mangel an Fantasie, der die
       Vielzahl der Schwierigkeiten vor dem Ahnungslosen gnädig verbirgt.“
       
       ## Das eigene Handeln verharmlost
       
       Zum Glück dauerte die Amtszeit des ahnungslosen Hochmütigen nur, bis er ein
       Jahr später Bürgermeister wurde. Peter Schulz hatte damit noch mehr Macht
       gewonnen, die sich verhängnisvoll auswirken sollte. [1][Schulz entschied
       maßgeblich mit, 1971 das erste Berufsverbot in Hamburg zu exekutieren] und
       am 28. Januar 1972 den [2][sogenannten Extremisten-Beschluss] der
       Ministerpräsidenten [3][mit Bundeskanzler Willy Brandt] zu fassen.
       
       In seinen Memoiren marginalisiert er seine Rolle verfälschend. Er schreibt:
       „Ende 1971 teilte mir der Schulsenator Günter Apel mit, ein Funktionär der
       DKP habe sich um die Einstellung in den Hamburgischen Schuldienst als
       Lehrer beworben; seine Behörde neige dazu, den Bewerber unter Hinweis auf
       die Treuepflicht der Beamten gegenüber der freiheitlich-demokratischen
       Grundordnung abzulehnen.“
       
       Auch hier trog die Erinnerung. Es handelte sich nicht um einen Funktionär
       der DKP, sondern um die 28-jährige Lehrerin Heike Gohl, die seit 1967 als
       Beamtin auf Probe an einer Grundschule ohne Beanstandung gearbeitet hatte.
       Sie war allerdings mit dem Lehrer Peter Gohl verheiratet. Der war zwar
       [4][in der DKP aktiv], aber als Beamter auf Lebenszeit nicht kündbar. Seine
       Frau wurde stattdessen in Sippenhaft genommen. Mit ihrem Berufsverbot
       begann eine lange Geschichte politischer Diskriminierung.
       
       Nach herben Verlusten der SPD bei der Bürgerschaftswahl 1974 musste Schulz
       als Bürgermeister zurücktreten. Hans-Ulrich Klose folgte ihm nach, der als
       Innensenator die Berufsverbote noch mitgetragen hatte, nun aber ins
       Zweifeln kam und schließlich mit dem neuen Schulsenator Joist Grolle ihr
       Ende einläutete – ein Paradigmenwechsel. Besser sollte der Platz nach dem
       kürzlich verstorbenen Hans-Ulrich Klose benannt werden.
       
       19 Sep 2023
       
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