# taz.de -- Ausweitung des Kreuzfahrt-Tourismus: Werft plant schwimmende Terminals
       
       > Die Meyer-Werft will mit schwimmenden Kreuzfahrt-Terminals den Tourismus
       > ankurbeln. Naturschützer*innen finden die Idee schrecklich.
       
 (IMG) Bild: Könnte genausogut auf dem Wasser schwimmen: Kreuzfahrtterminal, hier das in Hamburg-Altona
       
       OSNABRÜCK taz | Meyer Floating Solutions trägt dick auf: Das noch sehr
       junge Unternehmen der Papenburger Werftengruppe Meyer lobt sich auf seiner
       Website für einen „revolutionären Schritt“.
       
       Schwimmende Kreuzfahrtterminals sind damit gemeint: hausintern entwickelt,
       hausintern vermarktet, von Hafen zu Hafen verlegbar. Es wären die ersten
       der Welt.
       
       Das Stammhaus Meyer [1][kann jeden Image-Boost gebrauchen]. Immer größer
       sind die Kreuzfahrtschiffe der Werft im niedersächsischen Binnenland
       geworden. Immer massiver musste für ihre Dutzende Kilometer lange Fahrt zum
       Meer die Ems [2][vertieft werden], bis sie fast jede Natürlichkeit verlor.
       Aber ist die Terminal-Revolution ein Plus für den Ruf der Werft, die sich
       „Weltklasse“ bescheinigt?
       
       Zumindest ist es folgerichtig, nicht zuletzt technologisch, dass Meyer sein
       Schiffs-Kerngeschäft durch Schwimmbauten für Fähr- und Kreuzfahrtreedereien
       flankiert, für die Betreiber von Kreuzfahrthäfen. Das bringt Auslastung für
       die Meyer-Standorte in Papenburg und Rostock, zudem im finnischen Turku.
       Dort entstehen die Bauteile.
       
       Beziehungsweise: Dort sollen sie entstehen. Noch hat die Revolution nämlich
       gar nicht richtig angefangen. „Wir arbeiten an verschiedenen Projekten rund
       um den Globus“, hält sich Unternehmenssprecher Florian Feimann gegenüber
       der taz bedeckt. „Über einen Vertragsabschluss und den Baubeginn werden wir
       informieren, wenn es so weit ist.“
       
       Schwimmende Terminals? Meyer Floating Solutions, entstanden aus einem Joint
       Venture zwischen der Meyer Gruppe und Admares Marine, einem US-Pionier
       schwimmender Immobilien, will damit auch die Bedürfnisse von „Häfen ohne
       Infrastruktur“ befriedigen. Das legt den Schluss nahe, dass demnächst auch
       Orte mit Kreuzfahrttourismus konfrontiert sein könnten, die bisher von ihm
       unberührt geblieben sind.
       
       Leisten die Terminals also dem Trend Vorschub, dass Kreuzfahrtschiffe immer
       exotischere Ziele ansteuern, unerschlossene und abgelegene Orte? „In diesen
       Fahrtgebieten kommen kleine Expeditionskreuzfahrtschiffe zum Einsatz“, sagt
       Feimann, „die ein solches Terminal nicht benötigen.“
       
       Die Terminals seien „eine Lösung, die sich für Umweltfreundlichkeit und
       Ressourceneffizienz von Kreuzfahrthäfen weltweit einsetzt“, wirbt das junge
       Unternehmen. Man schone Ressourcen „durch einen umweltbewussten Prozess“.
       
       Feimann erklärt, wie das gemeint ist: „Wir fertigen in unseren geschützten
       Werfthallen und damit unter Industriebedingungen und mit standardisierten
       Fertigungsprozessen.“ Das benötige „deutlich weniger Energie für die
       Produktion, die wir künftig auch klimaneutral gestalten, als ein
       klassischer Bau vor Ort“. Baustellen an Land, ergänzt Feimann, „haben oft
       bis zu 30 Prozent Abfall am Gesamtmaterialeinsatz“. Dies könne Meyer „in
       einer hochtechnologischen Fertigungshalle deutlich minimieren“.
       
       Landfläche sei vielerorts knapp, es gebe „viel mehr freie Wasserfläche auf
       der Erde als wertvolle Küstenstreifen“. Durch große Landbaustellen entstehe
       viel mehr Verkehr in Städten. „Das vermeiden wir mit unseren Lösungen“,
       sagt Feimann.
       
       Nachhaltig sei die weltweite Flexibilität der Terminals: „Sie können
       verlegt werden, sollten sich Passagierströme verändern. Bei aktuellen
       Landbauten bleiben die Gebäude unter Umständen ungenutzt zurück.“ Vor Ort
       sei, neben einer ÖPNV-Anbindung, einzig ein Liegeplatz notwendig; angeblich
       sind die Terminals weitgehend autark, von der Energieversorgung bis zur
       Wasseraufbereitung. Infrastruktur auf dem Wasser begegne „der
       Flächenknappheit in den Städten“ und entlaste die Infrastruktur vor Ort.
       Die Meyer-Hafenerweiterungen seien „die umweltschonendste Art“, neue
       Terminals zu bauen.
       
       ## Mehr Touristen, mehr Umweltbelastungen
       
       Nadja Ziebarth, Leiterin des Bremer Meeresschutzbüros des Umweltverbandes
       BUND, sieht die Terminals kritisch: „In Zeiten, in denen immer mehr
       Hafenstädte Alarm schlagen, weil sie [3][von den Tourist*innen-Strömen
       überfordert und überlastet sind] und sie versuchen, die Gästezahlen zu
       reduzieren und zu lenken, braucht es keine zusätzlichen
       Kreuzfahrtterminals“, findet sie.
       
       Die Meeresbiologin ist überzeugt: „Das Problem bei Kreuzfahrten – neben den
       [4][immensen Umweltbelastungen] durch Schiffsemissionen, Unterwasserlärm,
       Wasserverbrauch und vielem mehr – sind die zunehmenden Massen an Gästen
       innerhalb einer kurzen Zeit, die von den Kreuzfahrtschiffen an Land
       strömen.“ Das sollte nicht durch zusätzliche Infrastrukturen verstärkt
       werden.
       
       Was für Meyer Floating Solutions eine Revolution darstellt, ist für
       Ziebarth ein Schreckensbild: „Schwimmende Kreuzfahrtterminals würden die
       lokalen sozialen Belastungen sowie die Umweltbelastung nur noch verstärken
       und keinesfalls entlasten“, sagt sie. „Die Meere, vor allem in Hafennähe,
       sind in desolatem Zustand, weitere Industrialisierung bedeutet auch mehr
       Zerstörung.“
       
       Schwimmende Terminals in Modulform? Da könnte auch das Militär aufmerksam
       werden. Und die Neptun-Werft in Rostock, die zu Meyer gehört, hat im
       Marineschiffbau Erfahrung, nicht zuletzt aus zwei Weltkriegen. Aber: „Die
       Kreuzfahrtterminals“, sagt Feimann, „sind für rein zivile Zwecke
       bestimmt.“
       
       1 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Personalabbau-bei-der-Meyer-Werft/!5829867
 (DIR) [2] /Umweltverbaende-kritisieren-Ems-Vertiefung/!5906298
 (DIR) [3] /Fuenf-Euro-fuer-Venedig/!5955347
 (DIR) [4] /Klimabilanz-der-Kreuzfahrtindustrie/!5803081
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Harff-Peter Schönherr
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Meyer-Werft
 (DIR) Kreuzfahrt
 (DIR) Tourismus
 (DIR) Umweltzerstörung
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Meyer-Werft
 (DIR) Kreuzfahrt
 (DIR) Umwelt
 (DIR) Kreuzfahrt
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Venedig
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kündigungen bei Meyer Werft: Werft will 440 Stellen streichen
       
       Die Werft leidet unter dem internationalen Wettbewerb. Mitarbeitende, die
       am Schiffbau beteiligt sind, sollen ihre Stellen behalten können.
       
 (DIR) Unternehmen geben Klimaziele auf: Kreuzfahrt bleibt Klimakiller
       
       Still haben sich die Kreuzfahrtunternehmen Tui Cruises und Aida vorerst von
       Klimaneutralität verabschiedet. Der Treibstoff bleibt entscheidend.
       
 (DIR) Planverfahren für Vertiefung beginnt: Keine Auferstehung für die Ems
       
       Die Pläne für die Vertiefung der Außenems sind von heute an öffentlich
       einsehbar. Damit droht sich der Zustand des Stroms erst mal zu
       verschlechtern.
       
 (DIR) Landstrom für Kreuzfahrtschiffe: Hamburgs viel zu lange Leitung
       
       Im Hamburger Hafen soll künftig die Mehrheit der Kreuzfahrtschiffe mit
       Landstrom versorgt werden. Die Linke hält das für Greenwashing.
       
 (DIR) Neue Wetterstatistik: Rekordheißer September
       
       17,2 Grad Durchschnittstemperatur – das sind fast 4 Grad mehr als in der
       üblichen Referenzperiode. Für Experten ist das eine Folge des Klimawandels.
       
 (DIR) Fünf Euro für Venedig: Ein besonderer Tag
       
       Ab 2024 sollen Tagestouristen für Venedig an bestimmten Tagen Eintritt
       bezahlen. Die Maßnahme wird keines der drängenden Probleme der Stadt lösen.
       
 (DIR) Innovationen in der Schifffahrt: Klar zur Wende!
       
       Schiffe sind schlecht für die Umwelt, doch an ihnen hängt unser
       Wirtschaftssystem. Wie kann sich die Branche verbessern?
       
 (DIR) Klimaschädlicher Tourismus: Weg mit den Kreuzfahrtschiffen
       
       Amsterdam ist beliebter Anlageort für Ozeanriesen, doch die Stadt will sie
       künftig verbannen. Sie brächten zu viele Touristen und schadeten dem Klima.