# taz.de -- K-Pop-Castingshow „Dream Acadamy“: Leistungsdruck in der Traumfabrik
       
       > In Korea werden Teeanger zum K-Pop-Star ausgebildet. Sie stehen unter
       > enormem psychischem Druck. Die Serie „Dream Acadamy“ begleitet einige.
       
 (IMG) Bild: Die Teilnehmerinnen der „Dream Academy“ kommen aus Südkorea, aber auch aus Brasilien und Belarus
       
       Fünf junge Mädchen verschiedener Herkünfte stehen in einem Loft-Raum,
       hinter ihnen die Skyline von Los Angeles. Ihre Frisuren sind perfekt
       gestylt, das [1][Make-up sitzt, die Outfits passen] zum derzeit beliebten
       Y2K-Stil. Gemeinsam singen sie den Song „Still Into You“ der amerikanischen
       Band Paramore. Während der Song im Original eher punkig daherkommt, ist die
       Variante der Girlgroup reduziert und lieblich. Immer wieder richtet sich
       die Kamera auf die Sängerin, die gekonnt ihr Solo vorträgt.
       
       Die Szene ist Teil der neuen Show „Dream Academy“. Gesucht wird die
       erfolgreichste Girlband der Welt. Dahinter stehen das [2][milliardenschwere
       K-Pop-Unternehmen Hybe] sowie die amerikanische Plattenfirma Geffen
       Records. Der Auswahlprozess wird auf Youtube und Tiktok gezeigt, im
       kommenden Jahr soll eine Dokumentation auf Netflix folgen.
       
       Ermöglicht wird das durch ein riesiges Budget, schließlich ist Bang
       Si-hyuk, Hybe-Chef und Entdecker der erfolgreichstn K-Pop-Band BTS, mit
       einem geschätzten Vermögen von über zwei Milliarden Dollar einer der
       reichsten Männer Südkoreas. Die neue Girlband soll an diese Erfolge seiner
       Zöglinge anknüpfen. Aus 120.000 Bewerberinnen wurden 20 Mädchen gecastet.
       Die Teilnehmerinnen kommen unter anderem aus der Schweiz, Belarus oder
       Brasilien.
       
       ## Harte Ausbildung
       
       Die Auswahl der Teilnehmerinnen erfolgt nach den Prinzipien der für den
       K-Pop (steht für Korean Popular Music) typischen Idol-Ausbildung. Es gibt
       verschiedene Wege, ein „Idol“, also Bandmitglied, zu werden. Der klassische
       Weg ist ein Vorsingen und -tanzen bei einer Entertainmentfirma.
       
       Nach erfolgreicher Teilnahme wird man als „Trainee“ angestellt, was eine
       mehrjährige Ausbildung in Seoul bedeutet. Eine weitere Möglichkeit, um vom
       „Trainee“ zum „Idol“ aufzusteigen, sind die sogenannten Survival Shows.
       Hier konkurrieren Kandidat*innen in zahlreichen Shows um die
       Mitgliedschaft in einer Band oder HipHop-Tanzgruppe. Während sich deutsche
       Castingshows wie DSDS in den letzten Jahren wenig innovativ zeigten, boomt
       der Markt um Survival- und Reality Shows aus Südkorea.
       
       Trotz ihrer Beliebtheit stehen Survival Shows immer wieder in der Kritik.
       Dabei geht es um die bearbeitete Darstellung der Teilnehmerinnen und
       manipulierte Stimmabgaben, aber auch um die Ausbildung der Trainees selbst.
       Denn die ist wegen der langen Arbeitszeiten, dem hohen Konkurrenzdruck,
       vorgegebenen Diätprogrammen und strengen Verträgen eine enorme psychische
       Belastung. Die meisten Trainees sind zudem minderjährig.
       
       ## Show nur bei Youtube und Tiktok
       
       Was „Dream Academy“ von anderen koreanischen Survival-Shows unterscheiden
       soll, ist nicht nur der Anspruch, eine internationale Band
       zusammenzustellen. Der Auswahlprozess wird außerdem ausschließlich über
       Youtube und Tiktok übertragen. Das Fan-Voting findet über die koreanische
       Fandom-Plattform WeVerse statt, die ebenfalls zum Hybe-Imperium zählt. Doch
       die K-Pop-Fans haben „Dream Academy“ bislang in den sozialen Netzwerken
       eher verhalten aufgenommen.
       
       Das könnte daran liegen, dass es im Gegensatz zu gewöhnlichen Castingshows
       schwer ist, ein Gefühl für die Stimmung der Show zu bekommen, da man sich
       vereinzelt durch kurze Clips klicken muss. Bislang gab es zwei
       „Challenges“, in denen die Teilnehmerinnen in voraufgezeichneten Auftritten
       Songs covern und beliebte K-Pop-Choreografien nach tanzen mussten. Einen
       weiteren Aspekt, den Fans an der Show vermissen könnten, ist die Nahbarkeit
       und Authentizität der „Idols“. Auch wenn „Dream Academy“ eine Reality-Show
       sein will, kommt man den Teilnehmerinnen kaum nah.
       
       Immerhin: der Cast ist sehr divers. Doch wie das Zusammenleben der
       verschiedenen Kulturen funktioniert, wird leider nicht gezeigt. Das kann
       mitunter auch damit zusammenhängen, dass die Macher der Show einen Fokus
       auf die psychische Gesundheit der Teilnehmerinnen legen wollen, die alle in
       einem vulnerablen Alter von 14 bis 20 Jahren sind.
       
       Dass die Realität hinter dem Traum vom „Idol“-Dasein wenig glamourös
       aussieht, zeigt die Show aber nicht. Stattdessen zeichnen die Macher in
       weichen Bildern junge, normschöne Mädchen, die immer wieder betonen, wie
       hart sie für diesen Traum arbeiten würden. Zudem wirkt „Dream Academy“
       oftmals wie eine Dauerwerbesendung. Immer wieder fallen die Namen der
       beteiligten Labels, auf TikTok machen die Teilnehmerinnen Werbung für eine
       Smartphone-Marke.
       
       Auch wenn die Umsetzung der Show wenig spannend ist: „Dream Academy“ zeigt,
       wie die Castingshows der Zukunft aussehen könnten. Und zwar divers, global,
       digital und so makellos, dass es schon wieder langweilig ist.
       
       3 Oct 2023
       
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 (DIR) Louisa Zimmer
       
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