# taz.de -- Nach dem Ende der Fraktion: Neue Chance für die Linke
       
       > Ja, Sahra Wagenknecht stiehlt derzeit ihrer Ex-Partei die Show. Aber für
       > die geschrumpfte Linke dürfte sich eine Marktlücke auftun.
       
 (IMG) Bild: Hat Glamour und ist häufiger Talkshow-Gast: Sahra Wagenknecht bei „Maischberger“
       
       Nun ist es klar: Die Linksfraktion wird sich Anfang Dezember offiziell
       auflösen. Damit steht das Datum für den endgültigen Exitus, die Einleitung
       der Begräbniszeremonie und die Nachlassregelung fest. Für tot erklärt hatte
       Fraktionschef Dietmar Bartsch den Patienten schon zuvor. Trocken hatte
       Bartsch erklärt, warum er nur wenig Wehmut verspüre: [1][„Das ist wie mit
       der Oma, die unheilbaren Krebs hat. Man weiß, dass sie stirbt. Aber wenn
       sie dann wirklich tot ist, ist man doch traurig.“] Oder insgeheim froh,
       dass die Qualen endlich vorbei sind.
       
       Kaum zu glauben, dass es erst drei Monate her ist, seit Jan Korte seiner
       Fraktion noch eine „stabile Seitenlage“ diagnostiziert hatte. Doch mit
       ihrem Austritt haben Sahra Wagenknecht und ihre Anhänger der
       Bundestagsfraktion den Todesstoß verpasst. Auch der Linkspartei insgesamt?
       Das eher nicht. Zwar sonnt sich Wagenknechts Projekt in guten
       Umfragewerten. Aber bislang ist es nicht mehr als eine Briefkastenfirma mit
       undurchsichtigem Finanzierungskonzept.
       
       Klar, [2][Wagenknecht hat Glamour und ist häufiger Talkshow-Gast]. Sie ist
       ein Medienprofi, der scharf und griffig formuliert und mit Ressentiments zu
       spielen weiß. Die Linkspartei aber hat mehr Substanz, politisch wie
       personell. Sie ist an drei Landesregierungen beteiligt, stellt
       Bürgermeister und einen Ministerpräsidenten. Wagenknecht kann sich zwar
       vorstellen, in Sachsen mit Michael Kretschmers CDU zu koalieren, wie sie
       sagt. Ihre Partei existiert bisher aber nur auf dem Papier und hat noch
       keine Wahl gewonnen.
       
       ## Entscheidend ist die Bundestagswahl
       
       Beide werden jetzt ihren Neubeginn inszenieren: die Linke [3][in dieser
       Woche mit ihrem Parteitag in Augsburg], bei dem sie ihre Leute für die
       Europawahl küren wird, Wagenknecht mit ihrer Parteigründung und einem
       Parteitag im neuen Jahr. Die Europawahl im Juni 2024 und die Wahlen in drei
       ostdeutschen Bundesländern werden erste Bewährungsproben. Das entscheidende
       Ziel aber ist die Bundestagswahl in zwei Jahren. In sozialpolitischen
       Fragen werden sich Linkspartei und Wagenknecht künftig Konkurrenz machen,
       was hoffentlich das Geschäft belebt.
       
       Aber in der Migrations- und Klimapolitik hinterlassen SPD und Grüne eine
       immer größer werdende Lücke, während Wagenknecht diese Flanke aufgegeben
       hat, um sich an AfD-Wählern anzubiedern. Die Linkspartei könnte diese Lücke
       füllen. Denn es bräuchte eine Opposition nicht nur gegen den
       sozialpolitischen Kahlschlag, sondern auch gegen den gesellschaftlichen
       Rechtsruck, etwa gegen die Kriminalisierung und Stigmatisierung von
       Seenotrettern, Klimaschützern, Migranten und anderen Minderheiten. In den
       nächsten zwei Jahren wird sich zeigen, ob in Deutschland noch Platz dafür
       ist.
       
       14 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.fr.de/politik/interview-bartsch-linke-ueber-die-linksfraktion-ob-wir-38-sind-oder-28-ist-beinahe-zweitrangig-92669627.html
 (DIR) [2] /Sahra-Wagenknecht/!5966594
 (DIR) [3] https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteitag/augsburger-parteitag/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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