# taz.de -- Pazifikstaat Tuvalu geht unter: Australien nimmt Klimaflüchtlinge
       
       > Die Bewohner der kleinen Pazifiknation sollen sich in Australien
       > niederlassen dürfen. Doch das scheinbar großzügige Angebot hat
       > Bedingungen.
       
 (IMG) Bild: Handshake auf den Cookinseln: Regierungschefs von Australien und Tuvalu, Albanese (l.) und Natano
       
       CANBERRA taz | Australien hat während des pazifischen Regionalforums
       Pacific Islands Forum (PIF) auf den Cook Islands die Beziehungen mit seinen
       Nachbarn neu definiert. Wie Premierminister Anthony Albanese am Freitag
       bekannt gab, wird Australien vom [1][Klimawandel] besonders betroffenen
       Menschen in Tuvalu künftig eine besondere Visakategorie anbieten.
       
       Pro Jahr sollen sich 280 Bewohner der kleinen Pazifiknation in Australien
       niederlassen und arbeiten können. Sie kämen in den Genuss von
       Krankenversicherungen und anderen staatlichen Dienstleistungen. Mit rund
       11.000 Einwohnern gehört [2][Tuvalu zu den Nationen, die am stärksten von
       Klimaveränderung und dem Anstieg des Meeresspiegels betroffen] sind. Zwei
       von neun Atollen sind bereits überflutet. Forscher glauben, das Land könne
       schon in wenigen Jahrzehnten unbewohnbar sein.
       
       Die „neue Partnerschaft“, wie Albanese das Abkommen mit seinem tuvalischen
       Amtskollegen Kausea Natano bezeichnete, ist allerdings an Bedingungen
       geknüpft. Es solle auch „Australiens Status als Tuvalus Sicherheitspartner
       erster Wahl“ festigen, so Albanese in einer Erklärung. Demnach müssten sich
       beide Nationen künftig gegenseitig über „jedes Engagement mit anderen
       Staaten in Verteidigungsfragen in Tuvalu einigen“ – ebenso wie über die
       Unterstützung Australiens bei der Reaktion auf Naturkatastrophen, Pandemien
       und Sicherheitsfragen.
       
       Kommentatoren werteten diese Bedingungen als Reaktion Australiens und der
       USA auf die wachsende Expansion Chinas im Pazifik. In den vergangenen
       Jahren haben sich [3][verschiedene Kleinstaaten der Region zu Verbündeten
       Pekings] erklärt – zuletzt Kiribati, das zuvor Taiwan anerkannt hatte. Das
       Land wird von Peking als abtrünnige Provinz Chinas gesehen.
       
       ## Chinas „weiche Diplomatie“
       
       China verfolgt im Pazifik eine Strategie der sogenannten „weichen
       Diplomatie“. Es baut in den kleinen Ländern Straßen, Sportstadien, lädt
       PolitikerInnen nach Peking ein und vergibt großzügige Kredite, die
       Pazifikstaaten oftmals schwer abzahlen können. Dadurch entstehe nicht nur
       Wohlwollen gegenüber Peking, sondern auch Abhängigkeit, sagen
       KritikerInnen.
       
       Australien und die USA haben erst vor Kurzem erkannt, welche Ausmaße die
       [4][Expansion Chinas in der globalstrategisch wichtigen Pazifikregion]
       angenommen hat. Das Abkommen mit Tuvalu wird von Beobachtern als eine
       Maßnahme gewertet, den Fußabdruck des Westens im Gebiet wieder zu stärken.
       
       Der Entscheid zur Aufnahme von Klimaflüchtlingen dürfte in Australien nicht
       überall willkommen sein. Die konservative Opposition wehrt sich seit Jahren
       gegen solche Maßnahmen und warnt vor „Flüchtlingsströmen“. Progressive
       Kreise könnten die vermeintliche Großzügigkeit von Albanese als Zeichen von
       Doppelmoral sehen.
       
       Australien ist einer der weltgrößten Förderer und Exporteure
       klimaschädigender Kohle. Pazifikstaaten fordern den mächtigen Nachbarn seit
       Jahren auf, den Abbau von Kohle und Erdgas zu reduzieren. Die
       sozialdemokratische Regierung von Anthony Albanese beharrt jedoch genauso
       wie ihre konservativen Vorgänger darauf, die lukrative Kohleindustrie nicht
       nur beibehalten zu wollen, sondern sie weiter auszubauen.
       
       10 Nov 2023
       
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