# taz.de -- Die Wahrheit: Mein Aberglaubentest
       
       > Eine schwarze Katze stiefelt vorbei. Bringt das tatsächlich Unglück? Ein
       > pfiffiges Experiment mit einem wissenschaftlichen Dokumentationsheft.
       
 (IMG) Bild: Ein Leben für die Krone: Peter „der Erste“ Fitzek
       
       Als Kind tat ich nichts lieber, als zu pfeifen. Ich pfiff Lieder, oder ich
       pfiff einfach so kreuz und quer vor mich hin. Ich pfiff überall und
       nirgends, einmal sogar auf der Beerdigung meiner Uroma. Aber nicht aus
       Freude, ich pfiff halt einfach so. Von der Beerdigung mal abgesehen, durfte
       ich auch überall pfeifen. Nur an einem Ort war es nicht erlaubt: Bei meinem
       besten Freund zu Hause, denn der war Russe. Und bei Russen gibt es den
       Aberglauben, dass das Geld aus dem Haus fliegt, wenn man drinnen pfeift.
       
       Einige Jahre später gewann mein Freund, schon längst und nicht im Guten zu
       Hause ausgezogen, mit Rubbellosen 200.000 Euro, von denen seine Eltern
       nichts abbekamen. Das Geld, so wurde mir klar, flog also wirklich aus dem
       Haus, nur anders, als man vielleicht annimmt. Das brachte mich auf die
       Idee, verbreitete Aberglauben auf ihre wirklichen Auswirkungen zu testen.
       
       Praktischerweise begann das Experiment schon am nächsten Tag: Meine
       schwarze Katze ging vor mir von rechts nach links. Das Unglück folgte ihr
       auf dem Fuß: Sie ließ mich einfach stehen. „Molly ließ sich nicht
       streicheln“, war die erste Notiz in meinem Dokumentationsheft.
       
       Etwa eine Woche später sah ich eine Leiter an einer Hauswand lehnen.
       Kurzentschlossen ging ich darunter hindurch. Der Handwerker auf der Leiter
       fuhr mich deswegen an, wurde aber schnell wieder ruhig. Kein Unglück also,
       dachte ich. Nur hatte er für mich und meine Wohn-Malaisen leider keine
       Zeit. Was für ein Pech! Meine Schlussfolgerung: Unter Leitern mit
       Handwerkern hindurchzugehen, bringt also doch Unglück.
       
       Die weiteren Experimente überließ ich der Reproduzierbarkeit wegen nicht
       mehr dem Zufall. Ich positionierte mich auf dem Balkon, warf Salz über
       meine Schulter und hatte, wie es der Aberglaube vorhersagt, tatsächlich
       Glück. Das Salz landete nämlich im Auge eines Kindes unter mir, die Mutter
       schimpfte böse, ich allerdings konnte mich rechtzeitig hineinflüchten,
       sodass sie mich nicht bemerkte und ich ihrer Tirade entging.
       
       Ein zerbrochener Spiegel bringt sieben Jahre Unglück? Das wollen wir ja mal
       sehen! Ich zerschlug also einen alten Handspiegel, und es geschah – nichts.
       Einige Tage später trat ich jedoch in eine übersehene Scherbe. In der sah
       ich dann auch, wer wirklich für mein Unglück verantwortlich war. Das erste
       eindeutige Ergebnis: Aberglauben widerlegt! Dachte ich.
       
       Da erinnerte ich mich an den Ursprung meiner Forschung, und ich kaufte 13
       Rubbellose. Und tatsächlich! Trotz der Unglücksziffer 13 – ein Los gewann.
       Allerdings nur sehr wenig. Es gab also wieder kein eindeutiges Ergebnis.
       
       Nach einigen unrühmlichen Versuchen mit Hasenfüßen und Hufeisen gab ich
       schließlich auf und legte mein Notizheft in die Schublade zu der
       Dokumentation „Verhüten nach Mondphasen“. Was auch immer am Ende unser
       Schicksal bestimmt, ich hoffe einfach, ich mache es durch Zufall richtig.
       Klopf auf Holz. Oder drauf gepfiffen.
       
       30 Nov 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ernst Jordan
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Aberglaube
 (DIR) Unglück
 (DIR) Vorhersage
 (DIR) Reichsbürger
 (DIR) Blitzer
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Die Wahrheit
 (DIR) Widerstand
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: Ausstieg aus der BRD
       
       Der wahre Hausbesuch: Daheim bei König Peter „der Erste“ Fitzek in seinem
       trüben Reichsbürgerreich, das von der Sezession gepeinigt wird.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der Rächer der Gedrosselten
       
       Wahrheit auf der Straße: Unterwegs mit Deutschlands fiesestem Blitzer im
       Geschwindigkeitskontrollparadies auf der B27 bei Reutlingen.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Es ist einmal auf Welt Zwei …
       
       Das absolut wahre und abgeschlossene Klimamärchen über ein
       Paralleluniversum im Wandel und den lukrativen Beruf der
       Regenschirmfachverkäufer.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Challenge the Herausforderung
       
       Wahrheit investigativ: Die ständige Selbstwirksamkeitskultur treibt immer
       krudere Blüten. Auf den Spuren von Jason B.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Einer flog unter dem Radar
       
       Wahrheit exklusiv: Vögel im Widerstand. Ein klandestiner Besuch bei
       praktischen Raben und krähenden Krähen, die ihren Protest ins Angewandte
       drehen.