# taz.de -- Ernährungssicherheit in Kenia: Die Hungerkrise ist politisch
       
       > Extreme Überschwemmungen wie jüngst in Kenia verstärken Ernährungskrisen.
       > Es brauche bessere Planung, fordern Kleinbäuer*innen.
       
 (IMG) Bild: Menschen waten durch den Fluß Tana in Kenia, der ihr Dorf überschwemmt hat
       
       BERLIN taz | Auf eine der schlimmsten und längsten Dürren folgten
       wochenlange [1][Überschwemmungen am Horn von Afrika]. Die kenianische
       Regierung gab am Mittwoch an, dass eine halbe Millionen Menschen in Kenia
       ihre Häuser verlassen mussten, 165 Menschen seien durch die Fluten zu Tode
       gekommen. Ganze Städte im Norden, Osten und an der Küste Kenias stehen
       unter Wasser. Tausende Hektar von Äckern wurden abgetragen und ganze
       Vieherden sind ertrunken. Viele Menschen sind von Hunger bedroht.
       
       Eine [2][Studie des Imperial College London vom Donnerstag] belegt, dass
       der Klimawandel die extremen Wettereignisse in der Region verstärkt und die
       Ausmaße immer schlimmer werden. Das globale Wetterereignis El Niño führt in
       der Region jedes Jahr wieder zu starken Regenfällen. Und jedes Jahr steht
       die Bevölkerung erst einmal allein dar.
       
       Das Problem ist auch hausgemacht. Die Regierungschefs der Bundesländer im
       föderalen Staat Kenias kritisieren fehlende Unterstützung, sie haben
       bislang keine Hilfsgelder aus Nairobi erhalten, um die Versorgung der
       Bevölkerung zu gewährleisten. Die eingerichteten Camps reichten nicht aus.
       
       „Die Fluten verdeutlichen das politische Problem von Hunger in Kenia:
       schlechte Planung. Nach monatelangen Dürren, folgen die Fluten. Und in der
       nächsten Dürre fehlt das Wasser wieder“, sagt Cidi Otieno, Koordinator der
       Kenyan Peasant League, einer Vereinigung kenianischer Kleinbauer*innen.
       
       ## Kampf gegen GMOs
       
       Die Ursachen von Hunger seien schlechte politische Planung, ungerechte
       Verteilung und Armut, denn viele Menschen könnten sich Lebensmittel nicht
       leisten, sagt Otieno. „Das Problem ist nicht, dass es nicht genug
       Nahrungsmittel in Kenia gibt. In manchen Teilen Kenias rotten Vorräte auf
       den Farmen, in anderen Teilen hungern Menschen“.
       
       Auch der Zugang zu Land spiele laut Otieno eine große Rolle. Die
       Kommerzialisierung von Land und Nahrung seien mit die größten Treiber von
       Nahrungsunsicherheit, findet er. Die kenianische Regierung habe die
       Nahrungsmittelproduktion dem Markt überlassen. Die Abhängigkeit von
       Konzernen verstärke aber den Hunger nur. Deswegen hat die Kenyan Peasant
       League auch gegen die Aufhebung des Verbots von Genmodifiziertem Saatgut
       (GMOs) 2022 durch die Regierung geklagt.
       
       „Das hat wieder gezeigt, wie sehr unsere Regierung die Interessen von
       multinationationalen Konzernen bedient. [3][Bill Gates besucht Kenia] und
       Wochen danach erlaubt die Regierung GMOs“, so Otieno. Die Vereinigung von
       Kleinbäuer*innen argumentiert vor Gericht, dass Kenia nicht nachgewiesen
       habe, das GMOs ungefährlich seien. Es geht ihnen aber auch um die
       Abhängigkeiten, die dadurch geschaffen werden: Kleinbauern müssen die
       GMO-Samen zu jeder Saat neu von den Konzernen kaufen, dazu meist Dünger und
       Pestizide. Sie verlieren die Hoheit über ihre Samen. Einen kleinen Erfolg
       gab es bereits, das Gericht hat den GMO-Bann erst mal wiederhergestellt.
       Der nächste Gerichtstermin steht im Februar 2024 an.
       
       Kritik am industriellen Agrarmodell übt auch die Alliance for Food
       Sovereignity in Africa (Afsa). In einer Stellungnahme zur
       Weltklimakonferenz in Dubai kritisiert sie die damit einhergehende Nutzung
       von Kunstdünger und Pestiziden, „die sich negativ auf die Bodenqualität,
       die biologische Vielfalt und die Umwelt auswirken“. Auch führe es zu
       Monokulturen und Massenproduktion für den Export, die Lebensmittel über
       Tausende von Kilometern transportiere und die lokalen Märkte verzerre. Der
       Vorrang müsse hingegen lokalen Lösungen gegeben werden, insbesondere
       kleinen Lebensmittelproduzent*innen, Hirten und indigenen Gruppen.
       
       [4][Auch Kenia exportiert] Lebensmittel – auch in die EU. Zu den
       wichtigsten Exportgütern gehören viele Gemüsesorten wie Kartoffeln, Tomaten
       oder Kohl.
       
       7 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Extremwetter-in-Afrika/!5971446
 (DIR) [2] https://www.worldweatherattribution.org/climate-change-indian-ocean-dipole-compounding-natural-hazards-and-high-vulnerability-increased-severity-of-flooding-in-the-horn-of-africa/
 (DIR) [3] /Gates-Stiftung-in-Afrika/!5904611
 (DIR) [4] /Staatssekretaer-ueber-Abkommen-mit-Kenia/!5938846
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Leila van Rinsum
       
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