# taz.de -- Appell des UN-Generalsekretärs zu Gaza: Brandbrief für den Frieden
       
       > UN-Generalsekretär António Guterres hat erneut dazu aufgerufen, eine
       > humanitäre Katastrophe in Gaza zu verhindern. Israel reagiert empört.
       
 (IMG) Bild: Waffenstillstand, jetzt: UN-Generalsekretär Guterres
       
       BERLIN taz | Es ist ein außergewöhnlicher Schritt, den UN-Generalsekretär
       António Guterres gewählt hat: In einem [1][am Mittwoch an den
       UN-Sicherheitsrat adressierten Brief zum Gazakrieg] beruft sich der
       Portugiese auf Artikel 99 der UN-Charta. Dieser ermöglicht es dem
       Generalsekretär, eine Sitzung des Sicherheitsrats einzuberufen und vor ihm
       sprechen, ohne dass er dazu von einem Mitgliedstaat eingeladen werden muss.
       Üblicherweise entscheiden die Mitglieder des Sicherheitsrats selbst über
       ihre Tagesordnung.
       
       In seinem Brief fordert Guterres die Mitglieder des Weltsicherheitsrats
       auf, darauf zu drängen, eine humanitäre Katastrophe im Gaza zu verhindern:
       „Ich wiederhole meinen Aufruf, dass ein humanitärer Waffenstillstand
       ausgerufen werden muss.“ Er verurteilte das von der Hamas begangene
       Massaker in Israel am 7. Oktober und schilderte dann die derzeitigen
       Lebensbedingungen im Gazastreifen, wo das Gesundheitssystem kollabiert:
       „Nirgendwo in Gaza ist es sicher.“
       
       Der Sicherheitsrat, das mächtigste Gremium der UN, hat den Gazakrieg
       bereits mehrfach diskutiert und Mitte November eine Resolution
       verabschiedet, mit der die Mitglieder zu einer mehrtägigen Feuerpause und
       zur Einrichtung humanitärer Korridore aufgerufen haben. Außerdem forderten
       sie die Freilassung aller noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.
       Zuvor waren einige Resolutionen am Veto eines der fünf ständigen Mitglieder
       gescheitert.
       
       Artikel 99 gibt Guterres nicht die Möglichkeit, den Sicherheitsrat dazu zu
       bringen, eine Resolution anzunehmen. Angesichts des Vetorechts der USA ist
       auch kaum davon auszugehen, dass eine Resolution durchkommt, die einen
       Waffenstillstand im Gazastreifen fordert. Doch die Symbolik, die von dem
       Schritt ausgeht, ist groß: „Das ist ein sehr dramatischer, ein sehr starker
       Akt, und wir hoffen, dass er die Mitglieder des Sicherheitsrats und die
       internationale Gemeinschaft bewegt“, sagte ein Sprecher des
       Generalsekretärs.
       
       ## Zuletzt wurde Artikel 99 vor mehr als 30 Jahren aufgerufen
       
       Zuletzt wurde der Artikel 99 vor mehr als 30 Jahren während des
       Libanon-Kriegs aufgerufen. Entsprechend wird er von Israel als Provokation
       gesehen: Der Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gilad Erdan,
       verurteilte Guterres’ Vorgehen. In einem Beitrag auf X (vormals Twitter)
       bezeichnete er den Brief als „weiteren Beweis“ für Guterres’ „moralische
       Verzerrung und seine Voreingenommenheit gegenüber Israel“. Der Aufruf des
       Generalsekretärs zu einem Waffenstillstand, so Erdan, sei „in Wirklichkeit
       ein Aufruf, die Schreckensherrschaft der Hamas in Gaza aufrechtzuerhalten“.
       Er wiederholte seine Forderung nach einem Rücktritt des seit 2017
       amtierenden UN-Generalsekretärs.
       
       Dabei ist das Verhältnis zwischen Israel und den Vereinten Nationen schon
       länger angespannt. Israel wirft den Vereinten Nationen Voreingenommenheit
       vor. 15 Resolutionen haben sich laut der NGO UN Watch im vergangenen Jahr
       mit Israel und seiner Siedlungspolitik beschäftigt. In weiteren 13
       Resolutionen ging es um den Rest der Welt. Zuletzt hatte Ende Oktober
       [2][eine Äußerung von Guterres für großen Unmut in Israel gesorgt], als er
       sagte, der Angriff der Hamas habe „nicht im luftleeren Raum“ stattgefunden.
       Guterres zeigte sich kurz danach schockiert darüber, dass ihm
       antisemitische Motive unterstellt wurden.
       
       Auch die EU erhöht den diplomatischen Druck, um ein Ende der Gewalt im
       Gazastreifen zu erreichen. Die Bundesregierung kündigte an, sich in der EU
       erstmals für Sanktionen gegen radikale jüdische Siedler*innen im
       besetzten Westjordanland einsetzen zu wollen. Man werde dies beim
       EU-Außenministertreffen kommenden Montag vorbringen, kündigte ein Sprecher
       des Auswärtigen Amts am Mittwoch in Berlin an. Sie folgen damit dem
       Vorgehen der US-Regierung, die in dieser Woche Einreisebeschränkungen gegen
       extremistische jüdische Siedler*innen angekündigt hatte.
       Radikalideologische Siedler*innen üben im besetzten Westjordanland
       zunehmend Gewalt aus; seit der Vereidigung der extrem rechten israelischen
       Regierung, in der führende Siedler*innen sitzen, hat die Gewalt noch
       einmal zugenommen.
       
       Gleichzeitig plant Brüssel ein Sanktionsprogramm gegen die Hamas. Die
       Maßnahmen sollten stärker auf Finanzen und Desinformation abzielen, hieß es
       in dem Papier. Die militante Gruppe wurde bereits 2001 von der Europäischen
       Union als Terrororganisation eingestuft. Eine Aufnahme in die Terrorliste
       der EU führt zum Einfrieren aller Gelder und sonstigen finanziellen
       Vermögenswerte einer Person oder einer Gruppe in der EU.
       
       7 Dec 2023
       
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 (DIR) Judith Poppe
       
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