# taz.de -- Münchner Niederlage in Frankfurt: Ein Mysterium namens 1:5
       
       > Der FC Bayern kassiert bei Eintracht Frankfurt eine Klatsche. Noch hat
       > beim Rekordmeister niemand eine Erklärung.
       
 (IMG) Bild: Bayern-Trainer Thomas Tuchel mit Thomas Müller (l) und Serge Gnabry
       
       Am Sonntag setzte sich das Rätselraten beim [1][FC Bayern] unter großer
       Anteilnahme der eigenen Fans fort, wie es tags zuvor bei [2][Eintracht
       Frankfurt] zu der 1:5 (1:3)-Niederlage kommen konnte.
       
       Ein öffentliches Training stand nun auf dem Vereinsgelände an der Säbener
       Straße an, begonnen wurde es mit rund 35 Minuten Verspätung. Das Üben vor
       Publikum war eigentlich schon in der vergangenen Woche vorgesehen gewesen.
       Doch nach den starken Schneefällen in München musste erst das Heimspiel
       gegen Union Berlin und danach auch die geplante öffentliche
       Trainingseinheit abgesagt werden.
       
       Im Nachhinein war das aus mehreren Gründen bedauerlich. Erstens konnten bei
       der Ursachenforschung für den desolaten Auftritt in Frankfurt keine
       externen Augenzeugen vernommen werden, die ihre Trainingseindrücke hätten
       schildern können. Und vielleicht hätte sich bei den Bayern beim Üben vor
       Publikum erst gar nicht solch ein enormer Spannungsabfall eingestellt, der
       nun in Frankfurt zu besichtigen war.
       
       „Ohne Mumm“ sei die Mannschaft aufgetreten, stellte Sportdirektor Christoph
       Freund entsetzt fest, „ohne Aggressivität, ohne Überzeugung“. Trainer
       [3][Thomas Tuchel] sprach verwundert von einem „herben Rückschlag“, er
       sagte: „Das Ergebnis ist brutal.“ Es habe nicht so ausgesehen, „als wären
       wir unter Hochspannung“, befand Tuchel weiter.
       
       Von Wutausbrüchen sah er aber lieber ab. „Es bringt jetzt nichts,
       draufzuhauen“, sagte er und verwies auf die am Dienstag anstehende
       Gelegenheit, sich im letzten Gruppenspiel der Champions League bei
       Manchester United besser zu präsentieren.
       
       ## Fehler, noch mehr Fehler und Erinnerung an Niko Kovac
       
       Fürs Achtelfinale der Champions League sind die Bayern längst qualifiziert,
       auch als Gruppensieger stehen sie schon fest. Doch im legendären Stadion
       Old Trafford geht es ums Prestige und auch um eine Rehabilitation nach der
       Klatsche von Frankfurt. In Manchester benötige sein Team jene Tugenden, die
       es bei der Eintracht „mangelhaft“ umgesetzt habe, forderte Tuchel.
       Zwischendurch hatte der Fußballlehrer die Mannschaftsleistung sogar als
       „ungenügend“ bewertet. Übersetzt in Schulnoten bedeutete das: Tugenden
       fünf, Leistung sechs. Oder auch: Lernziel verfehlt, Versetzung akut
       gefährdet. Im Fall der Bayern könnte es zumindest mit dem inoffiziellen
       Herbstmeistertitel schwierig werden.
       
       Zu allem Überfluss hatte sich Serge Gnabry kurz nach seiner Einwechselung
       eine Muskelsehnenverletzung im linken Adduktorenbereich zugezogen. Der
       Flügelspieler falle „vorerst“ aus, teilten die Münchner am Sonntag mit.
       
       Bemerkenswerte individuelle Fehler hatten in Frankfurt maßgeblich
       beigetragen zu ihrer dritten Niederlage in dieser Saison – nach dem 0:3 im
       Supercup gegen RB Leipzig und dem 1:2 in der zweiten Runde des DFB-Pokals
       beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken. Vor dem 0:1 durch Omar Marmoush in
       der zwölften Minute leistete sich Noussair Mazraoui einen völlig
       verunglückten Befreiungsschlag im eigenen Strafraum, ehe er stehen blieb
       und so kurz darauf auch noch das Abseits aufhob. Vor Éric Dina Ebimbes 0:2
       (31.) ließ sich Minjae Kim den Ball im Zweikampf von Ansgar Knauff
       abnehmen. Vor Hugo Larssons 0:3 (36.) hatte Joshua Kimmich dem Torschützen
       im Mittelfeld einen Fehlpass in die Füße gespielt. Kimmichs Rechtsschuss
       aus 20 Metern zum 1:3 (44.) hätte das Signal für eine Aufholjagd sein
       können. Doch kurz nach der Pause verlor Innenverteidiger Dayot Upamecano im
       Aufbau den Ball wie ein übermotiviert losrennender E-Junior, Ebimbe traf
       zum 1:4 aus Münchner Sicht (50.). Knauffs Tor zum 1:5-Endstand nach einer
       Stunde weckte Erinnerungen an das Gastspiel der Bayern bei der Eintracht am
       2. November 2019, als sie mit demselben Ergebnis verloren und kurz darauf
       Trainer [4][Niko Kovac] entließen.
       
       Das wird Thomas Tuchel jetzt nicht passieren. Aber ihn und die Münchner
       treibt die Frage um, wie es sein kann, dass die Mannschaft eine solch
       umfassende Havarie erleidet. Erstaunlich daran war ja auch, dass es ein
       Untergang mit Ansage war. Tuchel hatte schon am Freitag wegen der neun
       spielfreien Tage berichtet, wie schwierig die Aufgabe ist, „den
       Spannungsbogen zu halten“. Er hatte gesagt: „Die Ansprache war sehr direkt
       und sehr auffordernd in dieser Woche. Wir wollten auf jeden Fall, dass
       niemand einschläft.“ Offenbar hatte ihm aber kaum jemand richtig zugehört
       oder noch schlimmer, ihn sogar ignoriert. Bei der Suche nach den Gründen
       für das 1:5-Rätsel schwingt deshalb auch die Frage mit, ob in der
       Mannschaft etwas grundsätzlich nicht stimmt.
       
       Auf die ungewohnt lange Spielpause allein wollte es Leon Goretzka nicht
       schieben. Es gebe „viele Erklärungen“, sagte der Mittelfeldspieler im
       ZDF-Sportstudio mit bewusst gewählter Unschärfe. Fest steht seiner Ansicht
       nach jedenfalls: „Solche Spiele dürfen Bayern München einfach nicht
       passieren.“
       
       10 Dec 2023
       
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 (DIR) Maik Rosner
       
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