# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Ein Stück vom Kuchen
       
       > „Around the World in 14 Films“ zeigt das neue Werk des Anime-Meisters
       > Hayao Miyazaki. Das Filmmuseum Potsdam widmet sich dem Anti-Heimat-Film.
       
 (IMG) Bild: „Die goldene Pest „ (John Brahm, 1954)
       
       Es war ja längst bekannt, dass der japanische Meister-Anime-Regisseur Hayao
       Miyazaki seinen vor zehn Jahren angekündigten Ruhestand dann doch nicht in
       die Tat umsetzte und wieder an neuen Projekten arbeitete. Allerdings hat
       der heute 82-Jährige für seinen neuen Film „Der Junge und der Reiher“
       wirklich eine lange Zeit benötigt, ungefähr sieben Jahre betrug die
       Produktionszeit.
       
       Hat es sich gelohnt? Na klar, denn wie von Miyazaki gewohnt, bietet der
       Film bei erstklassiger Animation das typische Studio-Ghibli-Flair: eine an
       den japanischen Roman „Kimitachi wa Dō Ikiru ka“ (übersetzt: „Wie lebt
       ihr?“) von Genzaburō Yoshino angelehnte Jugendgeschichte, verquickt mit
       Miyazakis eigenen Erinnerungen an die Zeit des Zweiten Weltkriegs.
       
       Einmal mehr muss der junge Held, der nach dem Tod seiner Mutter mit dem
       Vater und der Stiefmutter aufs Land zieht, in einer Fantasy-Parallelwelt
       einen Lernprozess durchstehen, der ihn erwachsener macht und seiner Familie
       wieder näher bringt.
       
       Die Figurenzeichnung ist dabei äußerst komplex, die klassische
       Unterscheidung in Gut und Böse spielte bei Miyazaki ja im Grunde nie eine
       Rolle. Bevor der Film demnächst regulär in die Kinos kommt, läuft er im
       Rahmen des [1][„Around the World in 14 Films“-Festivals] (1.-9. Dezember),
       das sich einem Best of der Festivalfilme dieses Jahres widmet (2. 12.,
       19.30 Uhr, [2][Kino in der Kulturbrauerei], 3. 12., 14 Uhr, [3][Neues
       Off]).
       
       Nachdem der deutsch-jüdische Theaterregisseur Hans Brahm in den 30er Jahren
       Nazi-Deutschland verlassen musste, gelang ihm unter dem Namen John Brahm in
       England und in den USA der Sprung in eine neue Karriere als Filmregisseur.
       Er gehörte nie zu den ganz Großen des Geschäfts, fand aber bis zum Ende
       seiner Tätigkeit immer wieder Beschäftigung – in den 1960er Jahren vor
       allem beim Fernsehen.
       
       1954 kehrte Brahm für ein Filmprojekt namens „Die goldene Pest“ in die
       Bundesrepublik zurück: ein interessanter und massiv kritischer Blick auf
       das Wirtschaftswunder-Deutschland und den durch die dort stationierten
       US-Soldaten motivierten „Goldrausch“. Jede und jeder will ein Stück vom
       Kuchen abbekommen, alle machen Geschäfte – und nicht nur legale.
       
       Mittendrin: ein in die alte Heimat zurückkehrender US-Soldat (Ivan Desny),
       seine Jugendliebe (Gertrud Kückelmann) und ihr moralisch verkommener Bruder
       (Karlheinz Böhm). Vor der Filmvorführung lässt sich im Filmmuseum Potsdam
       [4][bei freiem Eintritt einem Vortrag von Ofer Ashkenazi ] von der Hebrew
       University of Jerusalem zum Thema „The Revival of the German-Jewish
       Anti-Heimat Film“ lauschen (6. 12., 17 Uhr (Vortrag), 18 Uhr (Die goldene
       Pest), [5][Filmmuseum Potsdam]).
       
       Ein Film, der einem nicht unbedingt die Vorzüge des Lebens und Arbeitens im
       Hochhaus anpreist: „Flammendes Inferno“, 1974 von Irwin Allen und John
       Guillermin inszeniert, bringt die klassischen Ingredienzien des
       Katastrophenfilms besonders gut zur Geltung.
       
       Laxe Sicherheitsvorkehrungen, eine selbstzufriedene Einweihungsparty, jede
       Menge Stars, säuberlich eingeteilt in feige Schurken und wortkarge Helden
       kommen da zusammen – und natürlich viele teure Spezialeffekte. Es brennt
       und kracht, und Steve McQueen rettet den Fahrstuhl natürlich vor dem
       Absturz (1. 12., 22 Uhr, [6][Hackesche Höfe Kino]).
       
       30 Nov 2023
       
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 (DIR) [4] https://www.filmmuseum-potsdam.de/index.php?id=a555607d37e716558377001c32540fd1&year=2023&month=12
 (DIR) [5] https://www.filmmuseum-potsdam.de/?id=3a2c98e697f515755836001d5948df21&month=12&year=2023#scroll_6
 (DIR) [6] https://www.hoefekino.de/filme/flammendes-inferno-32734/
       
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 (DIR) Lars Penning
       
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