# taz.de -- Royals in Dänemark: Königin, Kippen, Kostüme
       
       > Königin Margrethe von Dänemark dankt ab. Damit verliert der alte
       > Kontinent sein coolstes Staatsoberhaupt.
       
 (IMG) Bild: Königin Margrethe im November 2021
       
       Silvesteransprachen von Staatsoberhäuptern gehören nicht zu den
       spannendsten Genres der Rhetorik. Doch manchmal hauen sie doch rein: Am 31.
       12. 23 hat Königin Margrethe II. von Dänemark in ihrer jährlichen
       Fernsehansprache ihre Abdankung zum 14. Januar verkündet, sie übergibt die
       Krone ihrem Sohn Frederik. Historisch, unerwartet, nie da gewesen – die
       Royals-Watcher im flachen Land zwischen Ost-und Nordsee sind ganz aus dem
       Häuschen.
       
       Margrethe hatte immer gesagt, sie werde bis zum bitteren Ende auf dem Thron
       sitzen. Seit dem Tod Elisabeths II. von England, Margrethes Cousine
       dritten Grads, war Margrethe die dienstälteste Monarchin des alten
       Kontinents gewesen: Seit 52 Jahren regiert die Königin mit Spitznamen Daisy
       Dänemark, die Färöerinseln und Grönland. Doch nun ist Schluss.
       
       Mit 83 Jahren auf dem royalen Buckel macht sich der Gesundheitszustand nun
       doch bemerkbar. „Eine so lange Zeit geht nicht spurlos vorüber“, sagte sie
       in der Ansprache, „nicht mal an mir.“ Tatsächlich gilt Margrethe als
       unkaputtbar. Die stolze Kettenraucherin holt sich ihre Kippen manchmal
       höchstselbst am Kiosk gegenüber dem Königspalast in Kopenhagen. Ohnehin
       wirkt Margrethe etwas hemdsärmlig, ihre Ansprachen haben nichts von dem
       steifen Duktus der Königsfamilien in England oder [1][Spanien]. Eine
       sozialdemokratische Königin für ein sozialdemokratisches Land.
       
       Und wie ihre Untertanen hat sie ein großes Faible für Mode: Immer wieder
       stahl sie auf den sonst trockenen Anlässen von irgendwelchen anderen
       adligen Verwandten allen die Show in (für dieses Milieu) ausgeflippten
       Outfits mit explodierenden Blumenmustern oder noch irreren Hüten, als man
       es an den diversen Höfen dieses Kontinents gewohnt ist. Vanity Fair
       bezeichnete Margrethe gar als „unbesungene Modeikone“.
       
       Mit dem Visuellen hat sie es besonders: Als Nebenbetätigung zu ihrem
       Hauptamt als Staatsoberhaupt hat sie die Illustrationen zu der dänischen
       Ausgabe von „Der Herr der Ringe“ beigesteuert, ab und zu eine Briefmarke
       designt, immer mal wieder die Kostüme für Ballettvorführungen entworfen
       oder quer durch die Welt an archäologischen Ausgrabungen teilgenommen.
       Warum die öde Elisabeth ihr bei so viel Elan die Schau gestohlen hat, ist
       ein Rätsel. (Mag wohl am etwas eingängigeren Klang der englischen Sprache
       gegenüber der dänischen liegen).
       
       Aber eine Rücken-OP im Frühjahr 2023 war nun doch zu viel für Margrethe –
       sogar mit dem Rauchen musste sie aufhören – oder vielleicht der Anblick des
       [2][welken Charles] in London. Das wollte sie ihrem Sohn Frederik wohl
       nicht antun. Bereits 2022 hat sie einen Sinn für unkonventionelle Lösungen
       im engen Korsett der Nachfolgeregelungen gefunden: Margrethe entzog den
       vier Kindern ihres zweiten Sohns die Titel Prinz und Prinzessin. Das klingt
       wie eine Gemeinheit, aber Oma meinte es nur gut, so können die Kids ein
       normaleres Leben jenseits der Ansprüche des Protokolls führen. Der goldene
       Löffel, mit dem sie geboren wurden, ist ihnen damit nicht aus dem Mund
       genommen worden.
       
       Auch der zukünftige König Frederik ist im Vergleich zu den verstaubten
       Royals anderer Ländern erfrischend zeitgemäß und zugleich frei von
       Skandalen wie Hakenkreuzkostümen oder Koksexzessen. Ganz verwegen war seine
       Wahl der Ehefrau: eine kommune Anwältin aus der ehemaligen Strafkolonie
       Australien. Die Geschichte, wie die zwei sich während der Olympiade in
       Sydney in einer Bar kennenlernten, ist so unwahrscheinlich, dass sie von
       Hollywood etwas abgeändert mit Julia Stiles in der Hauptrolle verfilmt
       wurde. So viel Märchen hält man fast nicht aus, darum ist Mary bei den
       Untertanen sehr beliebt, beliebter auf jeden Fall als Margrethes Ehemann
       Henrik, ein als eitel geltender Franzose, der bis zu seinem Tod 2018, so
       hieß es naserümpfend im Volk, nicht mal richtig Dänisch lernte.
       
       Frederik X. wird also Mitte Januar König von Dänemark. Er ist nicht weniger
       stylisch als seine Mutter: Der 55-jährige ehemalige Kampfschwimmer der
       dänischen Marine hat sogar Tattoos. Ganz so zugestochen wie sein Opa König
       Frederik IX. ist er zwar nicht, aber ein Hipster auf dem Thron wird er wohl
       doch sein. Darauf ein Skål!
       
       1 Jan 2024
       
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