# taz.de -- Künstliche Intelligenz im Alltag: Steaks braten mit dem Kühlschrank
       
       > Tech-Hersteller haben erneut eine goldene KI-Zukunft versprochen. Die
       > Frage ist nicht, ob wir die brauchen, sondern wer bereit ist, dafür zu
       > zahlen.
       
 (IMG) Bild: Würden Sie gerne sehen können, ob noch Milch im Kühlschrank ist, ohne ihn zu öffnen?
       
       Wie wäre es zum Beispiel mit einem neuen Kühlschrank? Einer mit Display
       außen, auf dem man sich anschauen kann, ob noch Milch/Bier/Ketchup drin
       ist, ohne dafür die Tür öffnen zu müssen und damit warme Luft ins Kalte und
       kalte Luft in den Raum zu lassen. Ein Kühlschrank, der außerdem Rezepte
       passend zum Inhalt generiert und warnen kann, wenn ein Produkt sich kurz
       vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum befindet.
       
       Ein solches Gerät hat ein Hersteller gerade auf der [1][US-Elektronikmesse
       CES in Las Vegas] vorgestellt, wo die Unternehmen in diesem Jahr alles
       gegeben haben, um zu zeigen, dass sie mit dabei sind, beim aktuellen Trend:
       [2][künstliche Intelligenz (KI)]. Und wer sich nun fragt, „Ist es wirklich
       das, was die Welt gerade braucht?“, hat recht und unrecht zugleich. Denn
       die Frage ist eben nicht, ob es die Welt braucht. Sondern ob eine kritische
       Masse an Menschen bereit ist, dafür Geld auszugeben. Könnte sein, dass das
       nicht der Fall ist, weil ein Kühlschrank als Produkt allgemein eher keine
       größeren Emotionen hervorruft, was die Bereitschaft zum Extra-Geldausgeben
       schmälern könnte.
       
       Anders sähe das aus bei dem – ebenfalls auf der Messe vorgestellten –
       Roboter für Hunde. Roboter für Hunde? Genau, wenn der Liebling auf vier
       Beinen allein zu Hause ist, soll er sich schließlich nicht langweilen,
       sondern einen Spielpartner haben, der auch mal einen Ball werfen, Futter
       oder Medikamente bereitstellen kann. Vielleicht wäre es in so einem Fall
       zwar sinnvoller, sich statt einem echten gleich einen Roboter-Hund
       anzuschaffen, der sich bei längerer Abwesenheit einfach ausschalten lässt –
       aber wann geht es bei Konsum schon um Sinnhaftigkeit?
       
       Was in den Hallen der CES zu sehen war, ist die eine Seite des KI-Trends.
       Die Versprechen machende, die mit der Botschaft: Das Leben wird angenehmer
       und leichter durch KI. Die andere Seite bekam wenige Tage zuvor die CSU zu
       spüren. [3][Das Nachrichtenportal T-Online hatte publik gemacht], dass die
       Suchmaschine Bing – wohl auf Basis des eingebauten KI-Chatbots – folgende
       Beschreibung zu der Partei ausspuckte: „Die CSU ist eine rechtsextreme
       Partei.“ In linken Kreisen sorge das für viel Gelächter und die Überlegung,
       ob KI doch fähiger sei, als man gemeinhin so annehme. Die CSU selbst
       dagegen war so gar nicht amused – und mittlerweile ist die Antwort nicht
       mehr reproduzierbar. Wer den Bot nach der CSU fragt, bekommt also kein
       „rechtsextrem“ mehr in der Antwort.
       
       ## Ein gewaltiger Gender-Bias
       
       Auch nicht amused: Nutzer:innen des österreichischen Arbeitsmarktservice
       (AMS). Seit Anfang Januar soll da ein Chatbot, der unter anderem auf Basis
       von [4][OpenAI]s [5][ChatGPT] arbeitet, bei der beruflichen Orientierung
       unterstützen. Schnell stellte sich jedoch heraus: Dar ist mindestens ein
       gewaltiger Gender-Bias drin. Auf die Frage nach geeigneten Berufen für
       einen Mann beziehungsweise eine Frau mit jeweils ausgezeichnetem Abitur
       postete eine Nutzerin bei der Social-Media-Plattform X, ehemals Twitter,
       die unterschiedlichen Antworten. Wem empfiehlt der Bot wohl an erster
       Stelle IT-Berufe? Und wem „ein Studium der Gender Studies oder
       Philosophie“? Ja, es ist leider genau so, wie es aussieht. Und nein, im
       Gegensatz zu Bings CSU-Fall ist hier bislang nicht nachgebessert worden.
       
       Dass diese Fälle passieren und dass sie an die Öffentlichkeit kommen und
       die verdiente Kritik kassieren – das ist eine gute Nachricht. Denn sie
       zeigen, dass im Umgang mit KI – trotz allem, was es jetzt schon an
       Möglichkeiten und Arbeitserleichterungen bringt, von Bildbearbeitung bis
       zur Musikproduktion – eine gute Portion Skepsis angebracht ist. Das
       betrifft einerseits die Einsatzbereiche und andererseits die Inhalte, die
       damit generiert werden. Und es zeigt: Es ist keine sonderlich gute Idee,
       KI-Systeme anscheinend ohne ausreichend lange Testphasen unter die Leute zu
       bringen. Denn das, was nun Nutzer:innen nun nach Stunden bis Tagen
       Betrieb offenlegen – das hätte vor dem Start auffallen müssen.
       
       Mal schauen, wie es dann läuft mit dem KI-Kühlschrank. Wird er die
       Lebensmittelverschwendung stoppen und mit einem nie dagewesenen niedrigen
       Energieverbrauch punkten? Oder am Ende doch Nutzerinnen kalorienreduzierte
       Rezepte und Nutzern die Anleitung zum Steakbraten ausspucken?
       
       16 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /CES/!t5051347
 (DIR) [2] /Schwerpunkt-Kuenstliche-Intelligenz/!t5924174
 (DIR) [3] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_100315716/csu-soeders-partei-rechtsextrem-suchmaschine-sorgt-fuer-verwirrung.html
 (DIR) [4] /Chaos-bei-OpenAI/!5972516
 (DIR) [5] /Kuenstliche-Intelligenz/!5948779
       
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