# taz.de -- Die Wahrheit: Heilige Hochzeit
       
       > Neues aus Neuseeland: Jacinda Ardern hat es endlich geschafft. Der
       > ehemaligen Premierministerin wurden die kleinsten Handschellen der Welt
       > angelegt.
       
       Mit Pomp, Prominenten und Blitzlichtgewitter haben es die Kiwis ja nicht.
       Es sei denn, es geht um unsere Heilige Jacinda. Die ehemalige
       Premierministerin machte nach fünf Jahren Verlobung wahr, was sie in ihrer
       emotionalen Rücktrittsrede vor einem Jahr ankündigt hatte und was jedem
       damals die Tränen in die Augen trieb. Sie hat endlich geheiratet – mit zwei
       Jahren Verspätung!
       
       Clarke Gayford heißt der Glückliche, Kindsvater der fünfjährigen Neve. 2012
       verliebten sich Gayford und Ardern, 2017 wurde sie Landesmutter und war
       bereits schwanger. Mit Kugelbauch schritt sie in rostbrauner Robe und
       Maori-Federschmuck über den Teppich des Buckingham Palasts, später stillte
       sie ihr Kind im UN-Kongress. Als einem Journalisten ein Onyx-Ring an ihrem
       Verlobungsringfinger auffiel, war die Spekulation groß. Doch sie
       dementierte: Nur wegen eines Ekzems an der linken Hand sei der Ring an der
       anderen aufgetaucht. Keine tiefere Bedeutung.
       
       Gayford hielt jedoch bald darauf mit dem Ring seiner Großmutter um Arderns
       geschundene Hand an. Sehr intim sei es gewesen, spottete sie – „mit Clarke,
       mir und einem Mitarbeiter des diplomatischen Bewachungsdienstes“. Nun
       rettete die Frischverlobte ihr Land vor der Pandemie und fuhr einen
       knallharten Covidkurs. Der vermasselte ihr die eigene Hochzeit, da sie die
       Feier zwischen Lockdowns und Krisenmanagement verschieben musste.
       
       Seit Monaten war das Event in der Craggy Range Winery in Hawkes Bay das
       bestgehütete Geheimnis des Landes. Gerüchte sickerten durch. Ein riesiges
       Marquee-Zelt wurde errichtet, Blumen wurden bestellt. Vor zwei Wochen war
       es endlich so weit. US-Talkmaster Stephen Colbert, der in seiner Sendung
       angekündigt hatte, er würde für seine antipodische Lieblingspolitikerin
       Blumen streuen, war jedoch nicht unter den Gästen.
       
       Dafür gab es ungebetene Besucher vor den Toren des feudalen Weinguts. Sie
       rückten als erste an, mit Plakaten und Protestsongs. Es waren die üblichen
       Impfgegner und Verschwörungsgläubigen, die die Heilige Jacinda für eine
       böse Hexe halten, da sie für Impfschäden und Schlimmeres verantwortlich
       sein soll. Doch all das Gezetere störte weniger als die britische Yellow
       Press, deren Paparazzi im Hubschrauber überm Anwesen kreisten. Wegen des
       Lärms verzögerte sich die Zeremonie.
       
       Kiwis würden nie so tief sinken, um Fotos zu schießen. Oder einfach nicht
       so tief in die Tasche greifen. Sie beschränkten sich auf Drohnen. Das
       traute Paar machte in der Tat optisch was her: Sie in weißer Robe von
       Neuseelands Edeldesignerin Juliette Hogan, er ausnahmsweise mal nicht in
       Anglermontur – dafür trug der ehemalige Finanzminister Shorts.
       
       Das Kleid von Klein-Neve war aus dem Hochzeitskleid ihrer Großmutter
       geschneidert. Neuseelands Presse hatte die besten Bilder davon. Die wurden
       aus Prinzip nicht mit den britischen Kollegen geteilt. Denn die haben ihren
       König. Wir haben unsere Heilige.
       
       1 Feb 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anke Richter
       
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