# taz.de -- Die Interessen der Beschäftigten
       
       > Viele Unfälle, kein Tarifvertrag: Gewerkschaft sieht die
       > Arbeitsbedingungen bei Tesla kritisch. Im März wird in Grünheide ein
       > neuer Betriebsrat gewählt
       
       Von Darius Ossami
       
       Die aktuellen Auseinandersetzungen im Roten Meer reichen auch bis nach
       Grünheide: Ende Januar hat das Tesla-Werk dort wegen einer Lücke in der
       Lieferkette einen Großteil der Produktion für zwei Wochen gestoppt. Am 12.
       Februar soll die Arbeit wieder aufgenommen weden. Während es von Tesla
       hieß, die Mitarbeiter*innen würden weiter bezahlt, soll der
       Betriebsrat laut IG Metall mit der Werkleitung vereinbart haben, dass die
       ersten zwei Tage des Produktionsstopps zur Hälfte vom Arbeitszeitkonto
       abgezogen werden können.
       
       Der Betriebsrat wurde bereits Ende Februar 2022 gewählt, kurz vor der
       offiziellen Eröffnung des Werks. Viele der damals rund 2.300
       Wahlberechtigten waren Angestellte aus dem mittleren Management, die
       mutmaßlich weniger kritisch gegenüber der Geschäftsleitung und nicht
       repräsentativ für die Interessen aller Beschäftigten waren. Vor allem nicht
       für die später hinzugekommenen Mitarbeitenden in der Produktion. Da die
       Belegschaft inzwischen nach Angaben des Unternehmens auf rund 12.000
       Mitarbeiter*innen angewachsen ist, muss in der ersten Jahreshälfte
       2024 ein neuer, größerer Betriebsrat gewählt werden. Stattfinden sollen
       [1][die Wahlen vom 18. bis 20. März], die Gewerkschaft bringt sich dafür
       bereits in Stellung: „Wir wollen einen Betriebsrat, der die Interessen der
       Beschäftigten vertritt“, so IG-Metall-Sprecher Markus Sievers zur taz.
       Diese müssten sich selbst zusammentun und dafür sorgen, dass sich ihre
       Löhne, Arbeitszeiten und alle anderen Bedingungen verbessern.
       
       Da es bei Tesla in Grünheide nach wie vor keine Tarifbindung gibt, sind die
       Gehälter nach Gewerkschaftsangaben im Schnitt niedriger als bei anderen
       deutschen Autobauern. Sowohl die IG Metall als auch Brandenburgs
       Wirtschaftsminister Steinbach (SPD) befürworten eine Tarifbindung, das aber
       lehnt der US-Elektroautobauer ab. Das Unternehmen verweist auf geldwerte
       Vorteile für die Mitarbeitenden, die ohne Tarifbindung umgesetzt worden
       seien, wie das kostenlose Laden von Elektrofahrzeugen, kostenlose Bus- und
       Zugshuttles, ein subventioniertes Deutschlandticket und das Leasen von
       Fahrrädern.
       
       Im Oktober 2023 hatte die IG Metall gemeinsam mit vielen Beschäftigten bei
       Tesla in Grünheide bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere
       Organisierung gefordert. „Die Aktionswoche hat das Klima der Angst
       durchbrochen, aber grundlegend hat sich nichts geändert“, teilt Sievers
       mit. Allerdings habe die IG Metall 2023 eine „sehr hohe Zahl der
       Neueintritte“ verzeichnet.
       
       Auf die Aktionswoche reagierte Tesla mit einer Lohnerhöhung. Anfang
       November verkündete Tesla-Chef Elon Musk persönlich eine Lohnerhöhung um 4
       Prozent für alle Mitarbeitenden. Auch sollte es eine Sonderzahlung von
       1.500 Euro im Dezember geben. Ab Februar sollen die Jahresgehälter der
       Mitarbeitenden in der Produktion zudem um 2.500 Euro steigen.
       
       „Einseitige Ankündigungen von Lohnerhöhungen durch eine Firmenleitung
       ersetzen keinen Tarifvertrag, der auf Augenhöhe verhandelt wird und in dem
       weit mehr geregelt ist“, kommentierte IG Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze
       im November. „Denn die Tesla-Beschäftigten bewegt weit mehr als die Höhe
       ihrer Löhne. Sie erwarten zu Recht, dass das Unternehmen endlich die
       Arbeitsbedingungen verbessert und die Sicherheit und den Schutz ihrer
       Gesundheit an die erste Stelle setzt.“
       
       Laut IG Metall beklagen sich zahlreiche Tesla-Beschäftigte über schlechte
       Arbeitsbedingungen und eine extreme Arbeitsbelastung. Man müsse den Druck
       aushalten können, der von oben gemacht werde, heißt es bei der
       [2][Arbeitgeber-Vergleichsplattform Kununu]: „Wer immer schön Ja und Amen
       sagt, rutscht gut durch.“
       
       Zudem spricht man von schweren Mängeln beim Gesundheitsschutz und bei der
       Arbeitssicherheit. Im Herbst berichtete der Stern, Tesla habe allein
       zwischen Juni und September 2022 mindestens 190 Arbeitsunfälle gemeldet,
       also fast einen pro Tag. Im ersten Produktionsjahr soll demnach 247 Mal ein
       Rettungswagen oder Hubschrauber in die Fabrik in Grünheide gerufen worden
       sein. Auf die Mitarbeiterzahl umgerechnet wären das dreimal so viele
       Notfälle wie zum Beispiel im Audi-Werk in Ingolstadt. Neuere Zahlen liegen
       nicht vor.
       
       10 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.igmetall-bbs.de/aktuelles/meldung/fuer-eine-faire-betriebsratswahl-bei-tesla-ig-metall-beantragt-vor-gericht-neustart-1
 (DIR) [2] https://www.kununu.com/de/tesla-deutschland/kommentare?city=Gr%C3%BCnheide
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Darius Ossami
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA