# taz.de -- Westliche Diplomaten bei Kim Jong Un: Nordkoreas großer Sprung zurück
       
       > Erstmals seit Corona sind wieder deutsche Diplomaten nach Pjöngjang
       > gereist. Doch das Kim-Regime öffnet sich nur äußerst schleppend und
       > selektiv.
       
 (IMG) Bild: Wählt seine Gäste ideologisch selber aus: Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, hier bei der Grundsteinlegung einer Fabrik, 28.2.2024
       
       PEKING taz | Am Donnerstag ist die deutsche Delegation von Nordkorea wieder
       nach China zurückgekehrt. Zuvor waren sie als mutmaßlich erste europäische
       Vertreter seit über vier Jahren in dem isolierten Land. Dort waren sie zu
       einer „technischen Inspektionsreise“, wie es aus dem Auswärtigen Amt heißt.
       Ob die seit Beginn der Pandemie im März 2020 verwaiste deutsche Botschaft
       in Pjöngjang nun bald wiederbesetzt werden kann, bleibt aber fraglich.
       Mutmaßlich müssen nicht nur Mietrückstände bezahlt, sondern die
       Räumlichkeiten auch auf Abhörgeräte untersucht werden.
       
       Immerhin gibt es erste Anzeichen, dass sich das Regime wieder etwas öffnet.
       Doch zeigt sich deutlich, dass das Land – mehr noch als früher – nur ganz
       wenigen erlesenen Besuchern Einlass gewährt. Die Prioritäten lassen dabei
       tief blicken: Am 9. Februar landeten [1][zum ersten Mal nach der Pandemie]
       Touristen am Flughafen von Pjöngjang.
       
       Auf Fotos ist zu sehen, wie die 97-köpfige Reisegruppe in knalligen
       Daunenjacken und stylischen Sonnenbrillen Nordkoreas Hauptstadt erkundet.
       Die ausschließlich russischen Gäste waren zu einer viertägige Reise im
       Land, die sie auch in das vor zehn Jahren eröffnete Masik-Ryong Skigebiet
       geführt hat.
       
       ## „Absolute Monarchie und totalitäre Diktatur“
       
       Doch die Eindrücke der Teilnehmer fielen gemischt aus. „Meiner Meinung nach
       ist die Besichtigung so vieler Denkmäler uninteressant für einen Menschen,
       der aus dem postsowjetischen Raum stammt“, meint die Russin Iulia Meshkova.
       Auf Instagram postet sie ihr enttäuschtes Reise-Fazit: „Insgesamt gibt es
       in dem Land keinen Kommunismus, sondern eine absolute Monarchie mit einer
       totalitären Diktatur.“ Deshalb werde sie Nordkorea aus moralischen Gründen
       nicht wieder besuchen, schreibt sie.
       
       Es mag längst überfällig erscheinen, dass Nordkorea wieder Touristen ins
       Land lässt. Dennoch ist ernüchternd zu sehen, wen Machthaber Kim Jong Un
       außen vor lässt. Denn seit Jahren und bis zum heutigen Tag konnten
       [2][sämtliche internationalen Hilfsorganisationen] keinen einzigen
       Mitarbeiter mehr nach Pjöngjang entsenden. „Wir fordern unsere
       Regierungspartner in der Demokratischen Volksrepublik Korea weiterhin
       dringend auf, die schnellstmögliche Rückkehr unserer internationalen
       Mitarbeiter zu ermöglichen“, heißt es von einer Sprecherin des
       UN-Kinderhilfswerks Unicef.
       
       Organisationen wie Unicef oder die deutsche Welthungerhilfe befinden sich
       in einer besonders heiklen Situation. Denn sie müssen weiter administrative
       Kosten und Büromieten zahlen, um ihre Präsenz im Land nicht vollständig zu
       verlieren. Doch zugleich können sie nur über Zoom-Gespräche Kontakt zu
       Lokalkräften halten, nicht jedoch selbst Projekte vor Ort evaluieren –
       geschweige denn prüfen, wie hoch der Bedarf an humanitärer Hilfe
       tatsächlich ist.
       
       ## Nur Gäste aus freundlich gestimmten Nationen
       
       Beobachter glauben, dass dies der neue Normalzustand ist: Kim Jong Un
       möchte künftig weder westliche Touristen, noch NGO-Mitarbeiter oder
       neugierige Journalisten ins Land lassen, sondern nur Vertreter [3][aus
       explizit freundlich gestimmten Nationen]. Denn das Regime betrachtet den
       Austausch als ideologische Gefahr für die eigene Bevölkerung.
       
       Die möglichen Beweggründe für die zunehmende Isolation hat der
       Nordkorea-Experte Rüdiger Frank von der Universität Wien in einem Essay für
       das Fachmagazin 38 North unter dem Begriff „De-Risking“ (Risikominderung)
       zusammengefasst.
       
       Während China und Russland zunehmend wirtschaftliche Möglichkeiten bieten,
       sind dadurch die Anreize für Pjöngjang deutlich gesunken, sich mit dem Rest
       der Welt auseinanderzusetzen. Dementsprechend habe die Parteiführung in
       Pjöngjang viele Öffnungsmaßnahmen wieder zurückgenommen – etwa die
       diplomatischen Vertretungen im Ausland deutlich reduziert, darunter zum
       Beispiel in Spanien.
       
       Das hermetische abgeriegelte Königreich, wie Nordkorea oft genannt wird,
       ist nach einer kurzen, zaghaften Öffnungsphase wieder isolierter geworden.
       Denn die Welt bewege sich aus Sicht Pjöngjangs auf einen „neuen Kalten
       Krieg“ zu, wie Machthaber Kim Jong Un bei der Obersten Volksversammlung im
       Vorjahr selbst gesagt hat.
       
       29 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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