# taz.de -- Sechs Monate nach dem Hamas-Anschlag: Verhandlungen und Truppenabzug
       
       > Ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn verhandeln Israel und die Hamas wieder
       > über einen Waffenstillstand. Israel zieht Teile der Armee aus Gaza ab.
       
 (IMG) Bild: Der Ton zwischen einem Großteil der Angehörigen und ihren Unterstützern und der Regierung und rechtsgerichteten Israelis wird zunehmend härter
       
       Vor der Wiederaufnahme der [1][Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas]
       hat das israelische Militär nach eigenen Angaben einen Großteil seiner
       Soldaten aus Chan Yunis im südlichen Gazastreifen abgezogen. Bis auf eine
       Brigade hätten sich alle Soldaten im Süden des Küstenstreifens
       zurückgezogen, meldete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf
       einen Armeesprecher. Möglich ist ein Ende der israelischen Bodenoffensive,
       aber auch, dass sich Israel auf einen Einsatz in der Grenzstadt Rafah
       vorbereitet.
       
       [2][Genau ein halbes Jahr nach dem Überfall der Hamas auf den Süden
       Israels] reisten Vertreter Israels und der Hamas nach Kairo. Unter
       Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars sollten dort die zuletzt
       schleppenden Verhandlungen über eine Waffenruhe und eine Freilassung der
       Geiseln fortgesetzt werden. Die Aussichten auf einen Durchbruch seien
       gering, berichtete die israelische Zeitung Haaretz unter Berufung auf
       Diplomatenkreise. „Die Hamas sieht, dass sie eine Aufstockung der
       humanitären Hilfen und einen Waffenstillstand auch durch internationalen
       Druck erreichen kann, der auf Israel ausgeübt wird“, zitierte die Zeitung
       eine israelische Quelle. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte
       am Sonntag bei einer Kabinettssitzung bereits im Vorfeld, er werde den
       „extremen“ Forderungen der Hamas nicht zustimmen.
       
       Die Hamas-Führung entsandte zwar eine Delegation, wiederholte aber am
       Samstag ihre Forderungen aus einem Vorschlag von Mitte März. Dazu zählen
       ein dauerhafter Waffenstillstand, ein Abzug der israelischen Truppen aus
       dem Gazastreifen, die Rückkehr der vertriebenen Bewohner sowie ein
       „ernsthafter“ Austausch palästinensischer Gefangener gegen israelische
       Geiseln.
       
       Auf dem Tel Aviver Habima-Platz erinnerten anlässlich des 7. Oktober
       Angehörige an die [3][noch immer 133 in Gaza gefangenen Geiseln]. Mit
       blutrot gefärbten Händen saßen sie zwischen Unterstützern, die sich in Form
       einer großen Sanduhr um sie gelegt hatten. Ihre Botschaft: Ein halbes Jahr
       nach Kriegsbeginn läuft die Zeit für ihre Angehörigen ab. Es wird
       befürchtet, dass viele der Entführten nicht mehr am Leben sein könnten.
       
       Die israelische Armee meldete am Samstag, die Leiche des [4][47-jährigen
       Elad Katzir] in Chan Yunis geborgen zu haben. Dieser sei „in Gefangenschaft
       ermordet worden“. Katzir war in einem im Januar von der Gruppe
       Palästinensischer Islamischer Dschihad veröffentlichten Video zu sehen
       gewesen. Seine Schwester, Carmit Palty Katzir, warf der israelischen
       Führung vor, durch eine Einigung hätte ihr Bruder lebend zurückkommen
       können.
       
       Der Ton zwischen einem Großteil der Angehörigen und ihren Unterstützern auf
       der einen sowie der Regierung und rechtsgerichteten Israelis auf der
       anderen Seite wird zunehmend härter. Am Samstagabend demonstrierten
       Zehntausende in Tel Aviv und weiteren Städten für Neuwahlen und ein
       Abkommen mit der Hamas. Es kam zu Rangeleien mit der Polizei, die
       mindestens fünf Menschen in Gewahrsam nahm. Fünf weitere wurden verletzt,
       als ein Autofahrer unter bisher ungeklärten Umständen durch eine
       Menschenmenge fuhr. Der Fahrer wurde festgenommen.
       
       Die Regierung Benjamin Netanjahus trägt wenig dazu bei, die Situation zu
       beruhigen: Kommunikationsminister Shlomo Karhi von Netanjahus Partei Likud
       machte am Abend „Anführer der Linken“ verantwortlich für die Eskalation.
       Ein Regierungssprecher hatte die Protestbewegung zuletzt „Nuchba Kaplan“
       genannt, in Anlehnung an eine Eliteeinheit der Terrororganisation. Auch
       Netanjahu selbst hatte den Demonstranten mehrfach vorgeworfen, der Hamas in
       die Hände zu spielen.
       
       Indes hat die israelische Führung nach einem [5][mutmaßlich israelischen
       Luftschlag auf das iranische Konsulat in Damaskus] vergangene Woche
       Vorsichtsmaßnahmen für eine mögliche Ausweitung des Krieges getroffen.
       Reservisten der Luftabwehr wurden eingezogen, Soldaten in Kampfverbänden
       wurde ihr Urlaub gestrichen. Zudem weiteten die israelischen
       Sicherheitsbehörden die Störungen von GPS-Diensten auf Tel Aviv und
       Jerusalem aus. Damit sollen unter anderem Drohnenangriffe erschwert werden.
       
       Einem Bericht des US-Senders CBS unter Berufung auf einen
       US-Regierungsvertreter werde laut Geheimdienstinformationen seitens des
       Irans ein Angriff mit Marschflugkörpern erwogen. Ein hochrangiger
       iranischer Vertreter warnte am Sonntag, keine israelische Botschaft sei
       mehr sicher.
       
       7 Apr 2024
       
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