# taz.de -- Investoren im Fußball: Charmante Schnapsidee
       
       > Sie haben sich gegönnt: Ein Schwung Investoren aus den USA hat den
       > dänischen Fußball-Drittligisten AB Gladsaxe gekauft.
       
 (IMG) Bild: In gespannter Erwartung: Spieler von AB Gladsaxe im November 2023
       
       Soweit es sich in Berlin von einem, also meinem Schreibtisch beurteilen
       lässt, sind hier keine schlechten Menschen am Werk, keine Heuschrecken,
       nichts dergleichen. Es sind bloß Menschen, die sich einen kleinen dänischen
       [1][Fußballverein] gekauft haben. Ein Buchhalter ist dabei, ein
       Literaturagent, Journalistinnen, ein Installateur, ein Arzt, und ein
       früherer Manager der New York Red Bulls, Erik Stover.
       
       Sie leben fast alle in New York, nur Stover wohnt in Dänemark. Sie
       verfolgen mit ihrem Verein, dem [2][Akademisk Boldklub, besser bekannt als
       AB Gladsaxe], keine finanziellen Interessen, und dass sie weitere Klubs
       übernehmen wollten, schließen sie kategorisch aus. „Wir sind nicht hier, um
       in ein paar Jahren einen schnellen Gewinn zu erzielen oder das Portfolio zu
       erweitern“, sagt Stover.
       
       Ist der Kauf die Wiederentdeckung des seriösen Mittelstandes, der angeblich
       viel besser und nachhaltiger wirtschaftet als die Investmentfonds? Oder ist
       es eigentlich eine Kneipenlaune mit eventueller Chance auf Rendite?
       
       ## Neun Mal Landesmeister
       
       Der Akademisk Boldklub aus Gladsaxe bei Kopenhagen ist ein Traditionsklub.
       Neunmal war er dänischer Landesmeister, zuletzt 1967. Der letzte Pokalsieg
       gelang 1999. In der Saison 2000/2001 kickte AB noch im Uefa-Cup. Für den
       aus der Bundesliga bekannten ägyptischen Nationalspieler Mohammed Zidan war
       AB 1999 die erste Europastation.
       
       Ein Klub mit Tradition und Fans also. Aktuell sind es Supporter, die in
       einer Bar in New York in grün-weißen Trikots zusammenkommen. Sie stellen
       die Eule, das AB-Maskottchen, auf den Kneipentisch und johlen und fluchen
       wie in jeder anderen Fußballkneipe. [3][Doch die New York Times, die sie
       besucht hat], betont auch den Unterschied zu anderen Sportbars: Diese Fans
       besitzen den Klub, den sie anfeuern.
       
       2022 gründete die Runde die „Five Castles Football Group“, ihre Mitglieder
       gaben in der Regel etwa 10.000 bis 30.000 Dollar; so wurde der niedrige
       siebenstellige Kaufpreis aufgebracht. Das Selbstverständnis der Gruppe ist,
       Spaß zu haben. Im vergangenen Jahr reisten einige von ihnen nach
       Kopenhagen, setzten sich in die VIP-Logen des ehrwürdigen Gladsaxe-Stadions
       mit seinen 13.000 Plätzen, ließen sich dort Essen und viel Bier reichen,
       schauten ein Spiel und ließen sich über die Anlagen führen. Bis 1 Uhr
       nachts sollen sie Karaoke gesungen haben.
       
       ## Ein echter Partyspaß
       
       Ein Partyspaß also, gegen den man ja wohl nichts haben kann. Tatsächlich
       tragen die Leute, denen AB jetzt zu ihrer Gaudi gehört, keine Verantwortung
       dafür, dass AB plötzlich für Leute wie sie erschwinglich wurde. In den
       1990er-Jahren hatte das damalige Klubmanagement auf eine Krise mit der
       Gründung einer Aktiengesellschaft reagiert, 1998 war der Verein an die
       Kopenhagener Börse gegangen.
       
       Doch das Defizit wuchs an, Leistungsträger wurden verkauft, 2004 erfolgte
       der Abstieg in die zweite Liga, 2005 endete das Börsenabenteuer, und seit
       2017 kickt AB dauerhaft in der dritten Liga, die in Dänemark 2. Division
       heißt.
       
       Einerseits haben die amerikanischen Investoren keine hochfliegenden Pläne à
       la Superliga oder gar Champions League. Andererseits wollen und müssen sie
       ihr Projekt auch finanzieren. Es sind die ökonomischen Zwänge, die sie zum
       Handeln bringen, vielleicht sogar zwingen: Einen Trainer hat die fröhliche
       Truppe schon entlassen und den Kader komplett umgekrempelt; irgendwann soll
       doch mal die zweite Liga erreicht werden, denn da gibt es TV-Gelder und die
       Sponsorenakquise fällt leichter.
       
       Soweit es sich aus der Ferne beurteilen lässt, ist AB Gladsaxe ein
       Lehrstück darüber, dass man sich den Kapitalismus im Fußball nicht als
       Handeln böser Schurken vorstellen muss, sondern als das Reagieren auf
       ökonomische Zwänge. Die Ergebnisse sind manchmal aber doch sehr ähnlich.
       
       10 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Fussball/!t5006538
 (DIR) [2] https://de.wikipedia.org/wiki/AB_Gladsaxe
 (DIR) [3] https://www.nytimes.com/2024/04/07/nyregion/akademisk-boldklub-new-york-owners.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Krauss
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Über den Ball und die Welt
 (DIR) Dänemark
 (DIR) Fußballvereine
 (DIR) Kolumne Press-Schlag
 (DIR) Eishockey
 (DIR) Ferienwohnungen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Investorenmacht im Fußball: Porsche kriegt die Kurve
       
       Der Autohersteller steigt beim VfB Stuttgart ein und installiert gleich
       seinen Aufsichtsrat. Die Fans sind düpiert.
       
 (DIR) Umstrittener Investor im Eishockey: Nichts geht ohne den Mäzen
       
       Unternehmer Frank Gotthardt, der viel Geld in die Kölner Haie gesteckt hat,
       finanziert das rechte Infoportal Nius. Die Kritik daran bleibt leise.
       
 (DIR) Ferienwohnungsverbot in Berlin: Dänen mieten nicht
       
       Eine dänische Gewerkschaft und eine Gemeinde klagten, um weiterhin
       Ferienwohnungen vermieten zu dürfen. Das Gericht sah das anders.