# taz.de -- Gerichtsprozess gegen Trump: Anonym und unbefangen
       
       > Die ersten Geschworenen im New Yorker Strafprozess gegen Ex-Präsident
       > Donald Trump sind gefunden. Das Verfahren könnte am Montag beginnen.
       
 (IMG) Bild: Mal schnitt er Grimasse und wurde ermahnt, mal schlief er ein. Vor der Tür wetterte Donald Trump gegen das Gericht
       
       BERLIN taz | So einen Prozess haben die USA noch nicht gesehen, und das
       liegt ausschließlich am Angeklagten: Donald Trump ist der erste ehemalige
       Präsident, der in einem Strafprozess auf der Anklagebank sitzt. Er soll die
       Zahlung von 130.000 Dollar Schweigegeld an die frühere Pornodarstellerin
       Stormy Daniels während des Präsidentschaftswahlkampfes 2016 in insgesamt 34
       Fällen gegenüber den New Yorker Finanzbehörden vertuscht und als
       geschäftliche Anwaltskosten ausgewiesen haben.
       
       Trump soll die Summe gezahlt haben, damit Daniels über eine sexuelle Affäre
       mit Trump im Jahr 2006 Stillschweigen bewahrt. Trump bestreitet beides.
       [1][Die Zahlung an sich ist nicht Gegenstand des Verfahrens.] Die
       Vertuschung gegenüber den Steuerbehörden hingegen ist strafbar. Im Falle
       eines Schuldspruches könnten Trump bis zu vier Jahre Gefängnis drohen.
       
       Seit Montag läuft in New York die Auswahl der Geschworenen. 96
       Bürger*innen waren geladen, um aus ihnen 12 Geschworene auszuwählen –
       und über die Hälfte erklärte sich selbst von vornherein nicht dazu in der
       Lage, in einem Verfahren gegen Trump unbefangen und unparteiisch zu
       urteilen.
       
       Die anderen hatten einen 42 Punkte umfassenden Fragebogen auszufüllen und
       wurden dann sowohl von den Staatsanwälten als auch von Trumps Verteidigern
       ins Verhör genommen. Während die Geschworenen für die Öffentlichkeit anonym
       bleiben, um Bedrohungen einerseits und Bestechungsversuche andererseits zu
       verhindern, sind der Anklage und der Verteidigung die Namen bekannt. Beide
       Seiten durchwühlten Google und sämtliche auffindbaren Social-Media-Kanäle
       auf der Suche nach etwaigen Hinweisen pro oder contra Trump.
       
       ## Noch nie von Donald Trump gehört?
       
       Eine befragte Jurorin in spe etwa hatte 2020 ein Video von spontanen Feiern
       auf Manhattans Straßen nach dem Wahlsieg Joe Bidens gepostet. Sie selbst
       habe daran allerdings nicht teilgenommen, erklärte sie im Gericht. Trumps
       Anwalt Todd Blanche allerdings wertete die Posts als „feindselig“ – und
       lehnte die Frau ab.
       
       Staatsanwalt Joshua Steinglass hingegen sieht nicht, dass jemand, der die
       Demokraten wählt, im Fall Trump kein unabhängiger Geschworener sein könnte.
       „Dieser Fall hat nichts mit Ihren persönlichen politischen Überzeugungen zu
       tun“, sagte er. Die Vorstellung, in Manhattan könne irgendjemand gefunden
       werden, der noch nie von Trump gehört habe, sei ohnehin illusorisch: „Reden
       wir über das Offensichtliche. Der Angeklagte in diesem Fall ist sowohl der
       frühere Präsident als auch Kandidat für dieses Amt. Niemand behauptet, dass
       Sie keine fairen Geschworenen sein könnten, weil Sie schon von Donald Trump
       gehört haben. Wir erwarten nicht von Ihnen, dass Sie die letzten Jahre in
       einer Felshöhle gelebt haben.“
       
       Nachdem die Auswahl – übrigens unter Anwesenheit von Trump, der am ersten
       Tag mitunter Grimassen im Gerichtssaal schnitt, dann aber auch einnickte
       und erst vor der Tür erneut davon sprach, es handele sich um einen
       vollkommen unfairen und rein politisch motivierten Prozess – am ersten Tag
       kaum vorangegangen war, stehen nach Tag 2 immerhin schon sieben Geschworene
       fest.
       
       Für Donnerstag sind wiederum 96 weitere Bürger*innen geladen. Das lässt
       Richter Juan Merchan hoffen, bereits am Montag kommender Woche mit der
       eigentlichen Verhandlung beginnen zu können. Die ist auf eine Dauer von
       sechs Wochen angesetzt.
       
       ## Weitere Verfahren wohl erst nach den Wahlen
       
       [2][Der New Yorker Prozess ist damit das einzige der anhängigen Verfahren
       gegen Trump, das noch vor der Wahl am 5. November zu einem Urteil kommen
       könnte.] Insbesondere die Fälle in Washington und Georgia, bei denen Trump
       sich wegen seiner Versuche verantworten muss, das Wahlergebnis von 2020 zu
       seinen Gunsten zu verändern beziehungsweise die friedliche Machtübergabe zu
       verhindern, werden kaum so schnell sein können.
       
       Sie hängen derzeit noch von einer Entscheidung des obersten Gerichtshofes
       über Trumps Antrag ab, ihm müsse für alle Handlungen während seiner
       Präsidentschaft absolute Immunität gewährt werden. Darüber will der Supreme
       Court erstmals am Donnerstag kommender Woche beraten.
       
       17 Apr 2024
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Pickert
       
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