# taz.de -- Repression nach Israel-Angriff im Iran: Der „Krieg gegen Frauen“
       
       > Parallel zum Angriff auf Israel hat das Regime die Repression im Inland
       > verschärft. Angeblich steht der „Zionismus“ hinter dem Ungehorsam der
       > Frauen.
       
 (IMG) Bild: Ein Plakat bejubelt das iranische Raketenprogramm – Montag in Teheran
       
       BERLIN taz | „Die Wahrscheinlichkeit, dass ich von der Sittenpolizei
       ermordet werde, ist im Moment viel höher als die Wahrscheinlichkeit, durch
       israelische Raketen ums Leben zu kommen.“ Dies [1][schrieb Pardis Rabiee],
       eine Frauenaktivistin aus Iran, am Sonntag auf ihrem X-Account. In der
       Nacht zuvor hatten die iranischen Revolutionsgarden Israel mit Drohnen und
       Raketen angegriffen; seither wird ein Gegenschlag erwartet.
       
       Rabiees Angst kommt nicht von ungefähr: Zeitgleich mit dem Großangriff auf
       Israel hat das iranische Regime auch die Repression im Inland gegen
       Frauenrechtsaktivist*innen, queere Menschen und andere kritische Personen
       verschärft. Am Samstagmittag, wenige Stunden vor den ersten Drohnenstarts,
       verbreiteten sich in sozialen Medien erste Meldungen über einen
       verschärften Einsatz der Sittenpolizei. Am Vortag hatte die Polizei dies
       unter dem Namen [2][„Licht-Projekt“] angekündigt. Nach dem nächtlichen
       Angriff auf Israel kündigten die Revolutionsgarden am Sonntag dann in einem
       Statement auch an, Menschen festzunehmen, die sich mit Israel
       solidarisieren.
       
       Wie viele Personen seit dem Wochenende festgenommen worden sind, ist
       unbekannt. Unbestätigten Augenzeugenberichten zufolge sind hunderte
       Personen betroffen, darunter Dina Ghalibaf, eine Studentin, die angegeben
       hat, von der Sittenpolizei sexuell misshandelt worden zu sein, sowie Aida
       Schakerami, die Schwester von Nika Schakerami, die im Zusammenhang mit
       Protesten ermordet wurde.
       
       Eine nichtbinäre Person aus Teheran berichtete der taz: „Die Sittenpolizei
       umzingelt Frauen und Queers mit Gruppen von sechs bis acht Wächter*innen.“
       Ziel sei es, Angst zu verbreiten. Eine Frau aus Teheran, die 2019
       festgenommen worden war, sagte: „Wir geben nicht auf. Das Regime hat keine
       Basis in der Bevölkerung.“ Den Angriff auf Israel hätten die
       Revolutionsgarden gewollt, nicht die Bevölkerung. Eine lesbische Frau aus
       Rascht sagte der taz, sie hoffe, dass die Welt weder den Angriff auf Israel
       noch den „Angriff auf uns“ kleinredet. Seit Montag kursiert in sozialen
       Medien der Hashtag „Krieg gegen Frauen“.
       
       Vorwürfe gegen Protestbewegung 
       
       Der Staat propagiert seit Jahren und verstärkt seit der
       „Frau-Leben-Freiheit“-Bewegung, die vor eineinhalb Jahren ihren Anfang
       nahm, eine angebliche Verbindung zwischen „Zionismus“ und dem Ungehorsam
       iranischer Frauen, die ihr Kopftuch ablegen. Im April letzten Jahres hatte
       etwa der bekannte Kleriker [3][Masud Ali] gesagt: „Die Zionisten sind
       diejenigen, die gegen den Hidschab und das Familiensystem in Iran agieren“.
       
       Auch die Chefin der kulturellen Kommission des Stadtrats von Teheran warf
       der Protestbewegung vor, auf der Seite der „Zionisten“ zu stehen. Ihr
       Vorwurf lautete, die Bewegung äußere sich nicht zur [4][Lage im
       Gazastreifen]. Dabei ist es so, dass das Thema Israel und Palästina in Iran
       so sehr vom Regime instrumentalisiert wird, dass sich die Menschen kaum
       dazu äußern können, ohne dass dies für oder gegen den Staat interpretiert
       werden und im Zweifelsfall gegen sie ausgelegt werden kann.
       
       Schon zur Hochzeit der Protestbewegung im Dezember 2022 wurde eine
       [5][Audioaufnahme geleakt], in der Mitglieder der Revolutionsgarden in
       einer geheimen Sitzung die Protestierenden als eine Bewegung bezeichnen,
       die unter anderem von „Zionisten“ gesteuert sei.
       
       Wie innenpolitische Repression und außenpolitische Spannungen miteinander
       zusammenhängen, zeigt auch ein Blick in die Geschichte: Die
       Zwangsverschleierung wurde in Iran während des Iran-Irak-Kriegs im Jahr
       1983 gesetzlich verankert. Der damalige Staatschef Ruhollah Chomeini hatte
       zwar schon während der Revolution im Jahr 1979 dazu aufgerufen. Doch
       mehrere Jahre lang leisteten Frauen erfolgreich Widerstand, bis dies in der
       militarisierten Lage des Krieges kaum noch möglich war.
       
       18 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/pardis__rabiee/status/1779450773308596392
 (DIR) [2] https://www.mehrnews.com/news/6076245/%D8%A7%D8%AC%D8%B1%D8%A7%DB%8C-%D8%B7%D8%B1%D8%AD-%D9%86%D9%88%D8%B1-%D8%A7%D8%B2-%D9%81%D8%B1%D8%AF%D8%A7-%D8%A7%D8%AC%D8%B1%D8%A7%DB%8C-%DB%8C%DA%A9-%D9%88%D8%B8%DB%8C%D9%81%D9%87-%D9%82%D8%A7%D9%86%D9%88%D9%86%DB%8C-%D9%88-%DB%8C%DA%A9-%D8%AE%D9%88%D8%A7%D8%B3%D8%AA-%D9%85%D8%B1%D8%AF%D9%85%DB%8C
 (DIR) [3] https://rasanews.ir/fa/news/731878/%D8%B5%D9%87%DB%8C%D9%88%D9%86%DB%8C%D8%B3%D8%AA-%D9%87%D8%A7-%D8%A8%D8%A7-%D8%AA%D8%B1%D9%88%DB%8C%D8%AC-%D8%A8%DB%8C-%D8%AD%D8%AC%D8%A7%D8%A8%DB%8C-%D8%A8%D9%87-%D8%AF%D9%86%D8%A8%D8%A7%D9%84-%D9%81%D8%B1%D9%88%D9%BE%D8%A7%D8%B4%DB%8C-%D8%AE%D8%A7%D9%86%D9%88%D8%A7%D8%AF%D9%87-%D9%87%D8%B3%D8%AA%D9%86%D8%AF
 (DIR) [4] /Schwerpunkt-Nahost-Konflikt/!t5007999
 (DIR) [5] https://www.spiegel.de/ausland/proteste-in-iran-geleakte-aufnahme-enthuellt-die-strategie-der-iranischen-fuehrung-a-37ed6a7c-89cb-4e9c-96ec-cea49b38b4c5
       
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