# taz.de -- Demo gegen das „Braune Haus“: Erst Sellner, jetzt Krah
       
       > Erneut treffen sich Rechte im Pankower AfD-Büro. 200 Menschen
       > protestierten gegen die Veranstaltung mit dem Spitzenkandidaten der AfD
       > zur Europawahl.
       
 (IMG) Bild: 200 Demonstrant:innen in Blankenburg gegen die AfD
       
       BERLIN taz | Ein Typ in weißem Hemd und steht auf der Wiese vor dem
       „Braunen Haus“ und filmt mit seinem Handy die Demonstrant*innen hinter
       der Absperrung. Er grinst selbstsicher, neben ihm vermutlich seine Freundin
       – eine junge Frau im Dirndl. „Wahrscheinlich ist der Vortrag drinnen so
       schlecht, dass die lieber zu uns hier raus kommen“, ruft es aus dem
       Lautsprecherwagen der Anti-AfD-Demo am Dienstagabend in Blankenburg.
       
       Drinnen redet der AfD-Spitzenkandidat zur Europawahl, [1][Maximilian Krah],
       vor rund 50 Anwesenden bei einem „Vortragsabend“ der extrem rechten Partei.
       Er ist besonders durch seine rechte Hetze auf TikTok bekannt und ist damit
       nicht nur zum Gespött geworden, sondern erreicht durch seine Umtriebigkeit
       in den sozialen Medien durchaus auch eine junge Zielgruppe.
       
       In den Büro des AfD-Bezirksverbands Pankow finden immer wieder
       Veranstaltungen mit AfD- und anderer rechter Prominenz statt. Nach
       taz-Recherchen war hier im vergangenen November [2][der österreichische
       Faschist Martin Sellner für eine Geheimveranstaltung zu Gast]. Die
       Parteispitze machte den Vermieter der Immobilie, ihren ehemaligen
       Bürgerdeputierten Andreas Geithe, dafür verantwortlich. An der
       Zusammenarbeit mit ihm hält die AfD fest.
       
       „Ganz Deutschland hasst die AfD“ schallt es von etwa 200
       Gegendemonstrant*innen der Antifa etwas untypisch patriotisch dem
       Provokateur, seiner Freundin und dem „Brauen Haus“ entgegen. Mehrere
       Initiativen wie „Unsere Straße bleibt hell“, „Omas gegen Rechts“, die Linke
       und die North East Antifa haben sich zur Gegendemo zusammengeschlossen und
       sind lautstark vom S-Bahnhof Blankenburg zum „Braunen Haus“ gezogen.
       
       ## Mehr als Antifa
       
       Auch die „Handballfreunde Pankow“ sind dabei, ein Sportverein aus dem
       Bezirk. „Wenn es zu extrem wird, bin ich raus“, sagt Oliver, ein
       Zwei-Meter-Hüne von den „Handballfreunden“. „Aber laut gegen Rechts
       Stellung beziehen auf jeden Fall“, fügt er hinzu.
       
       Ein Fernsehteam des ZDF ist offenbar auf etwas anderes aus und hat sich
       drei noch sehr junge vermummte Antifas rausgepickt, um sie zu ihrem
       Verhältnis zur Gewalt zu interviewen. Die Antifas bleiben gelassen und
       beantworten die Fragen des Reporters aufgeräumt, es gibt hier gerade sonst
       nicht viel zu tun.
       
       Rund 50 Polizist*innen schützen das Areal. Neben dem Eingang zum
       Veranstaltungssaal haben die AfDler einen etwa 1,50 Meter großen
       Luftballon-Osterhasen aufgestellt, der den rechten Arm hebt. Doch auch
       diese Provokation bringt an diesem Abend niemanden aus der Fassung.
       
       Anne aus Niederschönhausen ist zusammen mit ihren Mitstreiter*innen von
       „Unsere Straße bleibt hell“ gekommen. „Die Initiative versucht mittlerweile
       in sieben Berliner Kiezen jeden Sonntag die Nachbarschaft
       zusammenzubringen, um ein Zeichen für den Erhalt unserer Demokratie, für
       Menschenrechte, Vielfalt und Freiheit zu setzen“, erzählt sie.
       
       In Niederschönhausen stemmt Anne das Projekt noch ganz allein. „Ich kämpfe
       unermüdlich um Zuwachs, doch es ist schwer. Wir tragen das Engagement den
       Menschen ja sozusagen schon direkt vor die Haustür und trotzdem schließen
       sich noch so wenige an“, ist sie enttäuscht. Doch ihre Energie für diese
       antifaschistische Arbeit sei ungebrochen.
       
       ## Kiezaktionen gegen die AfD
       
       Ins Leben gerufen hat „Unsere Straße bleibt hell“ der Autor und Journalist
       Nicol Llubic aus dem Bötzowkiez in Prenzlauer Berg. Im Januar hatte er
       einen Text auf der Nachbarschaftsplattform „Nebenan.de“ veröffentlicht, in
       dem er seine Sorgen darüber beschrieb, dass am Ende des Wahljahres 2024
       „Menschen obsiegen, die Hass säen und unsere Demokratie missbrauchen“.
       Ausgelöst durch diesen Text entstanden Aktionen in den Kiezen, an denen
       sich schnell bis zu 500 Menschen beteiligten.
       
       Die Demonstrant*innen ziehen nach etwa zwei Stunden lautstarken
       Protests wieder ab. Ein älteres Ehepaar aus Blankenburg, um die 80 schon,
       kommt aus der AfD-Veranstaltung und ins Gespräch mit ein paar Frauen von
       der Gegendemo. „Da drinnen waren keine Nazis“, sagt der Mann und erklärt,
       dass er die DDR oder zumindest seine Ost-Identität zurückhaben will.
       
       Susanne von „Unsere Straße bleibt hell“ zeigt Verständnis: „Nach allem, was
       der Westen den Menschen im Osten angetan hat. Die haben denen doch auf ganz
       gemeine Weise alles weggenommen, ihre Biografien und ihre Identität. Das
       ist doch wertvoll.“ Warum aber ausgerechnet die AfD mit ihren fast sämtlich
       aus Westdeutschland kommenden Spitzenpolitiker*innen die Stimme
       dafür sein soll, sei ihr schleierhaft.
       
       10 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /AfD-waehlt-Krah-zum-EU-Spitzenkandidaten/!5951702
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Höfig
       
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